Von Dirnfellner. (1).

(…) greift Gilmor nach einem Schlüsselbund, überschaut die etwa drei Dutzend Möglichkeiten und wählt eine aus. Erst mit dem fünften Versuch kann er das Tor aufschließen. Er geht wenige Stufen zum Garten hinunter, dessen Wegsteine aufgespeicherte Wärme ausstrahlen, die Hitze des vergangenen Sommers. Am Wasserbassin, es liegt hinter duftenden Nadelsträuchern, ovalgeformt, fließt gelb ein Sommerkleid über eine Korbstuhllehne. Hier ist es, wo Ermüdung, stille Beglückung oder Träumerei jene leichte Bewusstseinsschwäche bewirken, durch die hindurch mühelos räuberische Agonie Leere verbreitet.

[Der 1300. Eintrag. Einen modernen Klassiker erfinden, den es – g i b t.]

4 thoughts on “Von Dirnfellner. (1).

  1. Post-Bifurkator statt Moderner Klassiker Kann ja kam wahr sein, daß es keinerlei Kommentare gibt bislang, also teils auch des reinen Faktums halber:

    Die Verortung als Modernen Klassiker bzw. Rubrizierung finde ich nicht zu genügen, was Dirnfellner resp. seine Arbeiten anlangt. D. führt etwas anderes vor, das eigentlich zu Kultur / Geschichte einer Kultur gehört, freilich mit vielem anderen und derselben am Abdämmern zu stehen scheint. D. geht mit / in seinen Texten an einen literarisch-historischen Ort zurück, der Spannung enthielt, ein Ort der in der Nähe der mittleren Romantiker liegt, die ihre Welt in die Schwebe brachten; welche Schwebe dann nach kurzem Sturm-Drang verhärtet und mittlerweile nur noch als Romantik-Kitsch überlebt hat (so man sich nicht der Lese-Mühe wie -freue anheimgeben will, die Originale halt mal zur Hand und vor Auge zu nehmen) – jedenfalls an diesen virulenten Ort geht Dirnfellner zurück, vergegenwärtigt die ästhetisch relevanten Neuheiten und Eigenheiten dieses Ortes, und nun geht er nicht, wie viele Nach-Dichter den bekannten bzw. schon einmal fortgesetzten Weg und die literarhistorisch gewordenen Fortschreibungen, sondern er entwickelt von dem Ort aus, der ihn fasziniert hat, ihm beweglich scheint, seine eigene Fortsetzung. Bifurkation sage ich deshalb, weil er eben eine andere Möglichkeit nachreicht, die aber an Ernsthaftigkeit und Intensität und Genauigkeit (im ästhetischen Umsatz) nicht den »wahren« Fortsetzungen nachsteht, im Gegenteil wohl.

    Dieses Verfahren, simpelst zwar, aber eben wenig ernst praktiziert, kennen sicher einige Autoren der Gegenwart (hinsichtlich einer Auseinandersetzung bis Entscheidung zwischen den beiden Weltansichten des Wissenschaftlich-Positivistischen einerseits, des Mystisch-Phantastischen andererseits, scheint mir immer, hat auch der Betreiber dieser Homepage mehrfach post-bifurkiert – aber nun soll’s gut sein) – und ein anderer soll gefälligst weiterschreiben.

    1. Die nachträgliche Realisierung einer ästhetischen Bifurkation. Ist ein hinreißender poetologischer Gedanke. Ich bin bislang auf so etwas nicht gekommen, auch nicht, wie Du schreibst, als eine der Bewegungen meiner eigenen Arbeit. Es wäre allerdings, spüre ich, einen Aufsatz wert. Nur ist es eben D e i n, nicht mein Gedanke. Ich kann ihn allenfalls fortan in meine theoretischen Überlegungen mit einfließen lassen. Etwa so: Eine Parallel-Historie schreiben und dadurch objektiv entstehen lassen.

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