Erzählfehler behandeln, indem man sie nicht nur stehenläßt, sondern formal einbaut. MöglichkeitenPoetik. Argo. Anderswelt. (223).

Ich mußte meine Fantasie unterbrechen. Aus [15] drei Gründen. Zum einen ging das Telefon, zum anderen gleichzeitig die Türschelle, „Moment eben“, rief ich in den Hörer und rannte in den Flur zur Gegensprechanlage: zeitgenössische Postboten haben die Eigenart, nur ganz kurz zu klingeln und dann schnell wegzulaufen, damit sie nicht drei Stockwerke steigen müssen, falls mal eine Sendung nicht in den Briefkasten paßt. Aber es war bereits zu spät; mittags fand ich darin den blauen Benachrichtigungswisch, man habe versucht, mir etwas zuzustellen, aber ich sei nicht Zuhause gewesen. So möge ich die Post im Briefzentrum abholen kommen. Ich mußte auch noch eben auf die Toilette; als ich zum Schreibtisch zurückkam, hatte der Anrufer aufgelegt. So daß ich mich des dritten Grundes entsann: daß das Wunder dieser Nacht nicht geschehen konnte, nicht dort in der Weststadt jedenfalls. Denn Deidameia und Kumani waren ja gar nicht bei den Argonauten, sondern in Buenos Aires geblieben.
Im Wortsinn: enttäuschend. Nicht, daß der Erzählung ein solcher Fehler beigebracht ist, sondern daß Wunder nicht geschehen. Aber, wissen Sie, ich bin trotzig und lasse diesen Fehler jetzt stehen. Nein, da wird nicht berichtigt, sondern in der transparenten Lebensglocke des Notturnos weitererzählt. Zwar beigemischt jetzt Deidameias „Na ja“, dessen Ironie nicht so sehr verlegen wie traurig ist; dennoch halten Cordes und ich an dem Wunder fest. (Willis und Dolly II eignen sich leider ebenfalls nicht als seine Träger, denn wenn die Argo in See sticht, bleibt der Holomorfin, auch wenn sie heute nacht ein Wunder empfängt, nicht genug Zeit, es auch auszutragen: Willis wird ihr zugesehen haben dabei, wie sie zergeht, sich in Luft auflöst als eine der ersten, als nächstes folgte Frau Kumani; er sah, steife Böen gingen ihr durchs Haar, seiner Geliebten zu, wandte den Blick nicht ab und hielt ihre Hand, bis seine Liebe ganz fort war. Das muß man sagen: tapfer, der Mann. Lange sah er ins Nichts, dann drehte Kignčrs, ihn bei beiden Schultern fassend, auf den Planken und nahm ihn in den Arm. Mann unter Männern. Die Argo hob und senkte sich, rollte stampfte: auf den Wogen einer halbschweren See. Willis machte sich einmal los, ging langsam zauderte an die Reling, nahm die rechte Hand, in der der Projektor, gegen die Brust und warf sie dann v o n der, wobei die Finger von dem Projektor ließen. Wie ein kleiner Diskus drehte sich das flache Ding in dem kräftigen Wind, schnitt halbschräg in die Wölbung eines Wogenbergs, der drüber brach. So versank es im Nu.)

[Poetologie.]

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