Bamberger Elegien (111). Die Dritte Elegie, Vierte Fassung ff. Auf Max Klingers Amphitrite (2).


Traurig die Schönheit, wenn sie verachtet und leckt am Geschmack
bleibender Blutungen; wie dir mein Kuß diesen schmerzhaften Herpes
in deine Unterlippe gestanzt hat – des bleibenden Tieres,
sicher, das Zeichen: unschön und schmerzhaft, indem du’s, verwundet,
scheutest, Geliebte, obwohl wir es, daß es uns beispringt, gebraucht
hätten, den hastenden Atem, begehrenden, der uns zur Ruhe
weht
und wir liegen und weinen
nach so vielen Jahren
steht
in den Augen Vergessen
öffnet die Tür in den Schlaf, schlüpft in das Schwarze und schließt sie,
dreht sich nicht um: und vergeht – so sehr wir’s verehren. Den Schmerz,
den, Amphitrite, lassen wir d i r. Unantastbarkeit, deine,
sperrn wir in Form. Haltung erträgt das, rührt d aher, doch quält sie’s:
Fülle, nicht Leere, die zu große Schönheit, behaupten die Neider,
habe – ein Vorhalt, der minderes Aussehn mit innerem Glanz
glorifiziert und nicht erfaßt, was Schönheit trägt.
Wie nämlich s i e visionär von dem Steinmetz in Formen gebannt wird,
bannen die Formen der Schönheit den Schmerz, – ihn hält sie ein.
Wie, Amphitrite, das wütet in Dir! Arrogant aus Vollendung
lächelst du z u voller Frauenstolz, als daß du Wollust erbätest –
kühl bleibt die Schulter, so meerhaft und ferne der Blick nach dem Mann:
einem, Vergessenheit wert. Brauchst sie, ersehnst sie nicht doch?
Aber der Schrecken! Denn du | sahst es mit an: sahst, als
eigenen Ursprunges Zeugin, den blutigen Schaum aus des Vaters
Zeugungszeugsstücken heraus|spritzen und salzig im Gischtmaul
umgerührt auf der siebenen Mütterzungen, den Meeren,
die sich einrollten,
spitzten,
bevor sie dich in die Brecher spuckten,
spannten – es war
keine Sonne, als du erwachtest: S t u r m war.
Kein Himmel war blau, es war keine Muschel,
nur Frau, die es, angespült, trieb.
Niemand empfing sie, kein Engel, kein Herold:
starr stehn die siebenen steinernen Bamberger Allegorien
auf ihrer Mauer und schauen zur Regnitz um Heil.

>>>> BE 112
BE 110 <<<<

4 thoughts on “Bamberger Elegien (111). Die Dritte Elegie, Vierte Fassung ff. Auf Max Klingers Amphitrite (2).

  1. Formgebung Wenn sich etwas vermeintlich Entblößtes sperrt oder verhärtet, etwa durch Stolz empfinde ich das als eine Rückkopplung an den Körper, aus Schutz obwohl sich die Schmerzfläche vergrößert, der aber etwas einfängt, das erst durch die dann gebannte Form “eingefangen”, nicht gefangen ist, indem sie bricht, etwas freigibt das sich nur durch Form freisetzt. Kann man den Satz nachvollziehen? Klingt masochistisch, ist aber das Gegenteil. Resonanzkörper.

    1. Form, werte Deanera, ist das eine; Formlosigkeit aber ihr höchstes Komplement. Nicht in der Verhärtung liegt das Einfangen, sondern im Flüssigen. Wasser, das sich ständig zu brechen scheint und doch alles andere kleinert. Wasser, in das alles, was fest scheint, eingehen wird, ihm konnte selbst Heraklit nicht entfliehen.
      Resonanzkörper imitieren sein Rauschen, Schmerzflächen werden, wenn sie groß genug sind, nur ein Punkt, der Fühlen transzendiert: Der ist und nicht ist gleich dem Element.

      Wenn wir diesen Punkt festhalten können, steigen wir eine Stufe hinauf.

    2. @Barnabas H. Knitl Ja durch Risse, etwas das bricht was sich dafür öffnet, nur umgekehrt nicht Wasser das eindringt sondern etwas das frei wird in in eine ähnliche Form überläuft. Der Körper oder eine Form ist schließlich nicht formlos wie Wasser aber er ermöglicht eben das was man fühlt: Etwas das ist und nicht ist, gleich dem Element.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .