Bamberger Elegien (1). Erste Elegie (1). (Entwurf des Beginns.)

Aber wo bleibt das bleibende Tier?
Wo bleibt Erde, wenn Geist sie ablöst vom Leib
Und massive Häuser zu Abstraktionen verbläst,
In denen die Schwester nicht mehr den Bruder,
der Bruder den Vater nicht küßt, noch die Mutter
kennt als eine, die ihn b l u t e n d gebar?
Wo, wenn im Paaren die Liebessekrete sich, die die Körper,
ineinander sich schiebend, schäumend dabei vom Milchmeer umleckt,
hinaufgleiten lassen in kontrahierend zuckende Lust,
einander abweisen sollen, als wären Vergiftung
beider nassen Geliebten Ölung und Säfte? (Oft s i n d sie’s.
Doch i m m e r war Schöpfung auch zugleich Tod. Zwar ist das vergessen,
aber wir fühlen’s erlöst, wenn uns der Geschlechtsrausch enticht).
Wo bleibt es, wenn die Ansteckung an den Unterlippen blüht,
wenn ein Kuß bösblütig prall wird und sich virös
das Bläschen ergießt auf die Lippe, entzündlich?
Wenn unser Samen zur Null diffundiert unter Nullen
um als schnellste ihrer Einsen Membran zu durchstoßen?
Zweiwertig zwischen Organ und Gedanke nistet die
Menschheit und r e i n i g t, sich zivilisierend, von allem Organ sich:
jedes Sekret sei Zahlenpaar nur noch, entkeimt
von Liebe und Tod, wenngleich der sie formt, von Gerüchen.
So vergessen der fette Geschmack auf den Weiden!
Verloren mein schmutziger Fuß, der pulsierende Schweiß
der aus Salz dir und Strom an der Schläfe fließt.
Vergangen die Hand und der Finger, das Ohr,
das meine Zungenspitze über seine Spiraldämmchen lockte.
Weil alles bedingt sei, nichts als Funktion von Funktionen,
verkleinern wir unsere Hoffnung und richten es kleinlich uns ein.
Ja! wir w i s s e n, wir sind bestimmt, da ist kein Raum
fürs freie Entscheiden. Was aber t u t’ s?: Uns, Geliebte,
macht es schön, wenn wir glauben, ob wir auch wissen,
Liebe ist nichts als physiologisches Leuchten, ein Feuern der Synapsen:
Signalen, gewiß, der Evolution – aber F e u e r n doch, F e u e r!
Wenn wir g l a u b e n, o b w o h l wir das wissen,
dann, mein Sohn, macht uns Anahit schön: d i c h schön
– höre: mich schön, mich Mutter, mich Vater, der dir
die Schultern vererbte, die täuschenden Illusionen von Nähe zu tragen,
ich Mutter biete dir duftende Haut, die sie riechen, wenn sie
der Schlaf erkräftend umfängt, der die Morganen nährende,
gute. Alle sind wir aus Stoffen des Irrtums gemacht,
e r, nicht pragmatische Wahrheit, speist uns mit Seele.

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>>>> BE 2

9 thoughts on “Bamberger Elegien (1). Erste Elegie (1). (Entwurf des Beginns.)

  1. Kein Komentar? Seit 10 Stunden blieb dieses Wortgewitter ohne Reaktion!!Ehrfurcht?Ohnmacht?Zweifel?
    Ich erlaube mir folgende Einmischung:
    “Wo, wenn im Paaren die Liebessekrete” – und jetzt: ohne “sich”, dazu frage ich, wie Leser/innen diese grammatikalische Jonglage ohne den Verstand einzusetzen verarbeiten sollen – wenn ich mich recht erinnere war das nämlich die Disskussion zur ersten Zeile …

    1. @ virylant. Was hätten Sie denn gern? Daß ich “Mösensaft” schreibe oder “Gleitflüssigkeit”. Nu’ hörnSe mir auf! *lacht. Und ohne “sich” geht’s schon gar nicht.

      (Wie kriegen wir das hin, möglichst klein-rational zu bleiben? Ah ja, “demokratisch” nennt man das wohl oder “lebenserfahren autonom” und so richtig fein pc. Wie behalten wir unsere Sicherheit? Und verraten jede Geliebte. – Na, >>>> junger Mann [welch hübscher Irrtum!], warten Sie nur erst auf die z w e i t e Elegie!)

    2. kein gedicht @ferromonte:
      ich schweige mit
      aus takt
      tik takt
      tik takt
      taktik
      ist eh zu heiss,
      rinnen muß der schweiß

    3. @Tallakallea Thymon. Sie haben recht. Doch wie Sie >>>> hier lesen können, ist die Überarbeitung zur Zweiten Fassung ohnedies schon weitere Wege gegangen (und ein weiterer Weg in die Dritte Fassung steht, sowie die Zweite Fassung streng hexametrisiert sein wird, außerdem noch bevor; vgl. dazu die entsprechenden Arbeitsnotate).

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