Die Balance von Malos. 11.6. 14.37 Uhr. Kontorpause. Die kluge Dicke.

es erschien eine hausfrau. untersetzt, tiefe waden, das haar onduliert, flächiges gesicht, kleine vernachlässigt wirkende brüste unter dem baumwollblouson und das gesäss von der breite eines bierkastens. woran sie mich erkannte, weiss ich nicht. trat auf mich zu, als ich schon eine viertelstunde am wasser sass und von der weinschorle trank. es war sofort jede erotische anspannung fort, in die ich mich vor dem treffen hineinversetzt hatte. die vorstellung, diese frau zu ficken, verursacht im nachhinein solch einen matten ekel, dass deshalb ich in der situation selber gar nicht auf den gedanken kam. sie vor meinen augen pinkeln zu lassen wäre klinisch gewesen oder umgekehrt, hätte etwas von kuhstall gehabt: ganz schwälle urins, die klatschend aufs stroh auftreffen, es trieft, hebt man es mit der mistgabel hoch. “ich spüre kein gefälle zwischen uns” sagte sie aber. “vor einem wie ihnen ziehe ich meinen schlüpfer nirgendwo aus.” sie sagte wirklich “schlüpfer” und schien dasselbe ekelgefühl zu empfinden wie ich. momentlang war ich gereizt es zu versuchen, das war eine rein abstrakte idee, die nicht nur keinen geruch hatte, sondern geruch geradezu mied.
“was möchten sie trinken?”
“was trinken sie?”
“eine schorle.”
“o nein, ich will ein bier.”
ich ging es besorgen. sollte ich bleiben? ich blieb.
sie schaffte es mich zu erstaunen. sie war intelligent, selbstbewußt und im bett ganz sicher fordernd. aber sehnte sich nach dominanz. “ich will gezwungen werden. ich will beschämt werden. ich habe lange damit gerungen, dann kam es durch. aber es hat nicht gepasst. der mann hat nicht gepasst. das nächste mal bin ich vorsichtiger. sie aber, entschuldigen, passen überhaupt nicht. sie haben nicht die geringste dominante ausstrahlung. da ist überhaupt kein gefälle, das mich niederknien lassen würde. ich bin ihnen über, herr malos.”
sie provozierte mich. sie sprach sehr leise. sie beobachtete. sie fragte nach meiner kette. sie fragte nach meinem namen. “ich kann sie so nicht nennen. da stimmt etwas nicht. und das reizt mich, das herauszufinden.” “sie sind psychologin.” “aber nein. und wenn? hätten sie angst?” “ich habe zu viel blut gesehen.” “deshalb verschweigen sie etwas. ich merke ihnen das an. sie sind kein offener mensch.” dann erzählte wieder sie. von ihrer kindheit in der ddr. dass sie eine tochter hat, die jetzt schon dreissig ist. wie sie sich durchgekämpft hat. sie war sehr interessant. das völlige gegenteil eines opfers.
voller achtung ging ich.

heute früh fand ich in der mailbox die nachricht von einer frau, die sich von mir gelb anmalen lassen will bei dem ersten treffen. nur die brustwarzen sollen violett werden.
Ich hasse Lila.
Ich werde sie canary nennen. sie hat witz:
vielleicht sollten wir uns lieber irgendwo einladen oder gleich in ein fachgeschäft für kanarienvögel gehen? haben Sie diezbezüglich präferenzen?
wir haben die nächste woche avisiert.

es geht mir ausgezeichnet. die schiffssache ist eingetütet. ich überlege, ob ich mitfahre.

2 thoughts on “Die Balance von Malos. 11.6. 14.37 Uhr. Kontorpause. Die kluge Dicke.

  1. das wird ja richtig spannend! in dieser witzigen Mischung aus Macho und sensibilität. Ich hoffe, die Frau verschwindet jetzt nicht aus der erzählung.

    @ANH: sorry wegen Registrierung. mir ist einfach noch kein guter Nick eingefallen. man muss dann ja damit leben.
    Aber wo ist eigentlich >FEELIA geblieben? Das hat so schön angefangen.

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