Meine Seeabenteuer (2): Von Nizza übersee nach Barcelona. Des alten Jim Hawkins’ Reisejournal des Sonntags, dem 8. Mai 2011. Barcelona.

Die Internetverbindung ist extrem langsam auf See, bricht immer wieder zusammen; zudem gibt an den hiesigen Computers kein Sprachprogramm. Vielmehr muss ich jeden zuvor geschriebenen Text ueber einen Editor bearbeiten. Das kostet sehr viel Zeit, weshalb ich Sie, meine Leser, bitte, sich stets ein wenig zu gedulden, bis von der naechsten Etappe erzaehlt wird. Moeglicherweise werde ich in den Haefen meine vorgeformten Erzaehlungen in Internetcafes einstellen, die bessere Uebertragungsgeschwindigkeiten zur Verfuegung stellen. Besonders fuer die Bilder ist das noetig.
(Direkt ins Netz geschrieben:
ANH, 9.48 Uhr.
P.S.: Es gibt keine Akzente auf dieser Tastatur< bitte entschuldigen Sie
deshalb ihr bisweiliges Fehlen.

Diese Stadt ist eine Hexe, wissen Sie, Daniel.
Sie setzt sich einem auf der Haut fest und nimmt einem die Seele, ohne
daß man er überhaupt merkt.

Carlos Ruiz Zafón.

10.29 Uhr:
[Vor der spanischen Küse, noch etwa 50 Meilen bis Barcelona.]Um sechs Uhr war ich auf, das heißt: ich tat aber noch so, als schliefe ich weiter. Denn den nackten riesigen Rücken sah ich Queebeeqs, die Teufeltätowierung von den Hörnern zu beiden Seiten seines Halses über die von den Schulterblätter gefügte mächtige Stirn zum Nasensteg des Rückgrats; düster der Mund, dessen Lippen sich in die Hinterbacken dieses Mannes hinab vergrübelten; was die Zunge dabei, schreibe ich nicht. Es war auch nicht sichtbar, da er ja saß – und zwar über meinen Laptop gebeugt. Es war, als hielte er den Atem an, so still konzentriert. Mit der Spitze seiner Harpune hebelte er, sah ich, Tasten aus meinem Keyboard heraus und besah sie und fügte sie sorgsam wieder hinein.
Was hatte er vor?
Da drehte er sich plötzlich herum, hatte mit dem Instinkt des Jägers, der noch ganz Meer ist, gespürt, wie er beobachtet wurde. Er hat, wiewohl er indianischer Herkunft ist, weiße Augen, nicht braune, oder das Braun, vielmehr, war in beide Pupillen zusammengezogen, als stellten sie wie eines Cyborgs scharf.
Er sagte immer noch nichts. Ich war wie in mein Bett genagelt, merkte es, merkte dieses Hypnotische, schüttelte es ab, indem ich mich wider Psyche aufrichtete. Dann lächelte ich und wünschte dem Mann, der immer noch die lange Handharpune hielt, lächelnd einen guten Morgen. Das Licht blitze auf dem scharfen Metall.
Queebeeq antwortete nicht, erwiderte auch mein Lächeln nicht, sondern erhob sich und legte sich stumm, mit dem Rücken zu mir, dem Gesicht zur Kajütenwand, in sein Bett zurück. – Nein, ich würde mich nicht beschweren über diesen Zimmergast. Es war, spürte ich, eine Ehre, daß er bei mir war.
So stand ich dann zum Sonnenaufgang um 7.31 auf dem Achterdeck. Das Wasser im Pool schwankte und klatschte dabei: anders nicht war der Seegang zu spüren. Im Überseeclub war der Kaffee bereits fertig, und es wurde emsig gedeckt. Alles Personal ist ausgesprochen freundlich, ausgesprochen bemüht, aufmerksam, zuvorkommend. Man fühlt sich rundum wohl. Ich werde eine der Stewardessen nach der Bewandnis um meinen Kajütenfreund bitten. Es wird da ein Geheimnis sein, vielleicht, daß man mir, wenn überhaupt, nur unter vier Augen erzählen mag. So die Geschichte, die ich im Innern formuliere.
Ein lauer Morgen, aber bedeckt. Kurz kam die Sonne hälftlings hindurch; das Meer hier ist ein Blei mit Blaustich.
Vorzüglich das Essen, für jederman ist mehr als gesorgt. Ich bekam meinen Fisch und den Kaffee nach Herzensbedürfnis. Zur Pfeife dann meine Vorbereitung für die Einfahrt nach Barcelona. Um elf Treffen mit Romana Calvetti, der Kreuzfahrtdirektorin, zur Vorbereitung der literarischen Einfahrt Barcelona: Vor uns ragte etwas auf, das mir wie die verlassenen Überreste eines Palastes oder eines Museums aus Echos und Schatten vorkam. (Ruiz Zafón).

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