… es ist fast 04.00 uhr, ein schlaglichtgewitter erster güteklasse im kopf weckte mich. im januar ließ ich botox spritzen, die wirkung hielt lange an. es ist schon eigenartig, dass eine substanz, die ja im grund als ein gift spezifiziert ist, gegen schmerzen dieser art hilft; aber ich muss regelmäßig nachspritzen lassen, an vier stellen in das genick und an sechs punkten in die stirn. das hat nichts mit falten glätten zu tun, der arzt spritzt eine solch geringe menge, dass die normale mimik im gesicht erhalten bleibt, aber doch so viel, dass die schmerzbeeinflussende wirkung entsteht. die größte menge der substanz muss er direkt über die augenbrauen und genau dazwischen spritzen. diese exponierten stellen erfordern viel erfahrung, weil sonst die gefahr besteht, dass ich die augenbrauen nicht mehr anheben kann. bis jetzt war das nie der fall, weshalb ich auch in zukunft 150 kilometer fahre, um das mittel von ihm spritzen zu lassen. in den phasen, in denen die wirkung der substanz anhält, bin ich so gut wie schmerzfrei, was für mich definitiv eine verbesserung meiner lebensqualität darstellt. migräne habe ich fast durchgängig, gemeinsam mit meiner schwester, seit meinem 15. lebensjahr. ich sage fast durchgängig, weil ich sie während der schwangerschaften eben nicht hatte. schon früh bekam ich eines der triptane – bei mir wirkt nur das sumatriptan – welches mir auch heute hilft, wenn ich so, wie jetzt, um 04.00 uhr vom schmerz geweckt werde. ich schlafe immer in den schmerz hinein, häufig bemerke ich es schon den abend vorher, so auch gestern abend. das rechte auge fing an zu tränen, die nase lief… und die aura machte sich bemerkbar, aber ich ignorierte das mal wieder. wenn ich zu solch einem zeitpunkt die tablette nähme, entstünde die migräne nicht, ich will aber die tabletten nicht immer vorbeugend nehmen, weil auch ich mich manchmal in wahrnehmung dieser symptome irren kann, also warte ich immer so lange, bis der schmerz fast da ist, und nehme dann die tablette. sie wirkt schnell, mit kaffee und zigarette noch schneller, und das morgens um 04:00 uhr. diese schmerzzustände haben übrigens ihr eigenes, weil gedanken kommen, die man sonst nicht hat. es ist wie eine andere dimension, in die man für eine zeit zum bleiben gezwungen wird. wenn solch ein anfall es schafft, richtig durchzubrechen, bleibt mir nichts anderes übrig, als auszuhalten… so lange, bis es wieder nachlässt. da hilft nichts mehr, nur noch hinlegen, kotzen und aushalten, bis in den letzten grund auf sich selbst zurückgeworfen sich aushalten. ist übrigens eine gute übung schmerz annehmen zu lernen… weil dieser schmerz einfach bleibt, bis sich die blutgefäße wieder verengt haben. im grund ist es ein regulationsproblem zwischen sympathikus und parasympathikus, deshalb bezeichne ich migräne auch nicht als krankheit, sondern als reaktion des körpers auf eine vorhergehende gesamtanspannung, die sich über einen längeren zeitraum aufbaut. dieser anspannungstonus wirkt auch auf die blutgefäße, sie verengen sich im ganzen körper von unten nach oben verlaufend immer mehr. wenn nach solch einer anspannungsphase der körper beginnt auf ruhe umzuschalten, will er sofort alle vorher verengten blutgefäße weiten, erst wieder im unteren bereich des körpers, was aber zu einem vermehrten blutstromanstieg führt, auf den die gefäße im kopf dann mit schmerzen reagieren, weil sie dazu gezwungen werden, sich für die ansteigende blugmenge zu schnell zu weiten. das blut will dann da durch. prozesse des öffnens sind immer schmerzhaft. bis heute ist wohl nicht geklärt, was dann eigentlich diese schmerzen verursacht, es werden immer noch verschiedene faktoren verantwortlich gemacht. dieses sumatriptan verengt die blutgefäße wieder, deshalb wirkt es auch bei keinem anderen schmerz, nur bei migräne- und clusterkopfschmerz. es wirkt wirklich schnell. es ist jetzt zehnvorhalbsechs, die schmerzen sind weg. allerdings inzwischen der zweite kaffee, die zweite zigarette, beobachten des sonnenaufganges, diesen text hier schreiben, gedanken nachhängen, mal das eigene leben wieder in frage stellen. was will ich vom leben?… genau, die hortensie auf dem balkon und die peitsche auf meinem hintern, was so ziemlich alles definiert. zwischendurch bücher lesen, mich mit musik beschäftigen, motorrad fahren, mein zwischen pflegen, es mir erhalten. eben leben… achja, da ist ja noch die arbeit, obwohl sie einen großen anteil meines lebens innehat, steht sie nicht an erster stelle. manchmal wirkt das so, ich weiß… es ist die tatsache, dass ich immer dazu in der lage sein will, für mich, unabhängig von einem partner, selbst sorgen zu können. diese setzung von priorität entspringt einer kindheitskonditionierung. wirklich wichtig ist mir mein zwischen, das innen meiner schneekugel, denn eigentlich lebt der mensch verkehrt herum. was tu ich jetzt?… ich geh in den morgenwald, gucken, ob ich nicht doch mal in der noch nachtfeuchten jetzt von der sonne durchlichterten schwebe die elfen finde.