Arbeitsjournal. Sonntag, der 14. Februar 2010.

9 Uhr:
[Arbeitswohnung. Krauss, Aeneas in Karthago.]
Heftig verschlafen, war aber auch halb drei gestern nacht; ich schlief mit Pale Fire im Arm ein; ist aber nicht süffig, in das lange Gedicht einzusteigen, mit dem Nabokov nach dem langen Vorwort, das bereits Teil des Romans ist, ebendiesen Roman beginnt: dieselbe Art von Tücke, die auch den Wolpertinger erst einmal unzugänglich macht. Also wären vor dem Betreten eines Reichtümer schenkenden Raumes erst vier Schlösser zu knacken, die so sachlich aussehen, daß man jenseits auf keinen Fall eine Wunderlampe vermutet.

Über >>>> Krauss zu lesen begonnen, für das Gespräch am kommenden Donnerstag. Dann, aber gestern nacht bereits, interessiert >>>> zu Aléa Torik hinübergeschaut. Das ist hübsch gemacht mit den Quadratchen oben, die jeweils auf etwas anderes führen. Aber schwierig dieser Satz:Ihr eigener Sohn hatte nicht das Gesicht seines Vaters. Er hatte nicht sein Gesicht und auch nicht, wenn man dem Glauben schenken wollte, dessen Hände.”wenn man d e m Glauben schenken wollte”, hieße das „dem”, daß er nicht sein (eigenes) Gesicht hatte und daß er d a n n auch nicht dessen Hände habe, bzw. dann nicht, insofern am „dem” glaubte. Darüber denk ich grad nach, während ich die mir vom Konzerthaus zugesandte Musik höre. Auf erstes Hören die mir ein wenig fremde Klangwelt der Klassik mit manchmal schon den prüden Mädelschritten der Romantik. Aber ich bin ungerecht, habe, wegen des Themas, dauernd Berlioz dagegen im Ohr. Lese jetzt auch erst mal Pale Fire weiter. Übrigens: wenn ich gleichzeitig Scelsi höre oder ich höre Mozart oder Dallpicolla oder meinethalben Krauss oder Berlioz: Lese ich dann etwas anderes?

Meine Funk-Netzverbindung hängt schon wieder. Hier an den Hinterhöfen geschieht das neuerdings immer wieder und wieder; nicht, wenn ich irgendwo zur Straße hinaus ins Netz will. Es ist, als hätte Vodaphone die Signalstärke insgesamt gedrosselt. Seltsam.

17.07 Uhr:
>>>> Tim Boson hat sich wieder an Der Dschungel festgebissen; ich verlinke das Zeug nicht alles eigens, aber man kann ihn gut sehen, das Gesicht knapp überm Boden, wie er mit den Zähnen an Büscheln zieht, die ihm zwischen den Lippen herauslappen; es hat die große >>>> Sehnsucht nach der kosmischen Kuh, der Äonen bleiben, um wiederzukäuen, was er versehentlich ohne erstes „e” schreibt.

Lese Pale Fire und bin plötzlich ergriffen – ausgerechnet von den Pentametern, die den Roman über vierzig Seiten lang anführen und in die ich bei meinem ersten Leseversuch von vor zwei Jahren überhaupt nicht hineinkam:

/ – / – . wichtig ist vielmehr, daß die drei
Zimmer, damals durch dich und sie und mich verbunden,
Heute ein Tryptichon bilden oder ein Stück in drei Akten,
Worin beschriebene Ereignisse für immer bleiben.

Ich glaube, immer nährte sie eine kleine, irre Hoffnung.

21.17 Uhr:Schreibtisch, „Pale Fire”, Talisker, Cigarillo. Eine feine Falle hab ich gestellt, aber erst einer, leider, ist hineingetappt. Wahrscheinlich wurde die Lunte gerochen, an die ich schon das Streichholz halte.
Lesen.
Der Zustand meiner Augen und die Weigerung, Brille zu tragen, führen nun dazu, daß ich das Buch auf einem kleinen Notenständer abstell – etwa in der Entfernung, die auch der Laptopbildschirm hat; es ist so, als hätten sich meine Pupillen auf diesen scharfgestellt; jetzt, so, in der Entfernung, liest sich auch das Buch vorzüglich. Es bekommt überdies etwas Körperliches, etwas von einem Gesprächspartner, und erinnert mich an Freunde, die Bücher an Lesepulten zu lesen pflegen… das Einzige, was so n i c h t gut funktioniert, sind Anstreichungen, Kommentare usw., die ich in allen Büchern anbringe, seit ich fünfzehn bin, also in denen, die ich las und lese.
Daß sich meine Augen so an die Laptop-Bildschirmentfernung gewöhnt haben, kam mir momentlang verdächtig vor, so, als stoffwechselte ich mit dem Gerät bereits.

Bei der Familie Abendbrot gegessen, dann gleich wieder abgezogen, nachdem die Kinder im Bett waren. Sie sind das Zentrum dieser Liebe geworden; die anderen Interessen haben sich auseinanderentwickelt, wobei die meinen an sich konstant geblieben sind: sie laufen auf einer Umlaufbahn um ein Zentrum; die Umlaufbahn ist manchmal weiter, manchmal enger, den Ladezuständen von Elektronen vergleichbar, aber sie schießen nicht mehr woanders hin. Da sich das auch nicht durch Katastrophen geändert hat – persönliche, selbstverständlich, man könnte auch sagen: luxuriöse -, besteht wenig Anlaß für die Annahme, daß sich das noch einmal ändern wird. Vielleicht, daß ein Krieg so etwas auslöste, ein nichtseelischer, sondern objektiver Verlust, etwa durch Tod, vielleicht ein Terroranschlag… das mag sein, ist aber rein hypothetisch. Zwar sind solche Bedrohungen sehr möglich, aber so lange sie nicht der Fall sind, können sie wenig bewirken bei Vitalisten wie mir.

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10 thoughts on “Arbeitsjournal. Sonntag, der 14. Februar 2010.

  1. Lieber Herr Herbst,

    Sie haben bedauerlicherweise Recht mit dem, was sie da über meinen Satz sagen. Der ist nicht rund. Also nicht, dass ich, was Literatur betrifft, eher an die eckigen als an die runden Formen glaube. Ich glaube an alle geometrischen Erscheinungen gleichermaßen. Aber der Satz fließt nicht. Obwohl nicht alles Flüssige fließen muss und ich durchaus auch das Stocken mag. Es ist einfach kein guter Satz. Da gibt es nichts zu verhandeln oder zu beschönigen.

    Ich habe leider noch keinen Verlag. Und das bedeutet, ich habe noch nie in meinem Leben einen Lektor gesehen. Ich stelle mir einen Lektor als jemand (gutaussehenden) vor, der einem das eigene Schreiben vor Augen führen kann und hilft, Fehler zu vermeiden.

    Ich habe auch die feste Absicht, besser zu werden! Aber nicht mehr heute Abend. Heute Abend träume ich nur noch von einem gutaussehenden (Lektor). Obwohl es ja erst sieben Uhr ist. Vielleicht reiße ich mich noch mal zusammen.

    Bauchpinselei hilft mir nicht weiter. Danke also für die Kritik! Trotzdem: demnächst legen Sie gefälligst eine Packung Schmerztabletten dazu. Das tut ja höllisch weh. Aua aua.

    Herzlich
    Aléa Torik

  2. Anforderungsprofil für Lektoren Guten Morgen Herr Herbst,

    Sie waren zwar gestern nicht der letzte, aber Sie sind heute der erste Mensch an den ich mich wende. Ich will nicht nur Schmerztabletten, ich will auch Schlaftabletten. Mir ist in der Nacht eingefallen, dass ich durchaus nicht die einzige bin, die unfeine Sätze formulieren kann. Den von Ihnen geschätzten Gerd Peter Eigner, dessen letzten Roman ich mir auf Ihre Rezension und Empfehlung in „Volltext“ verschafft habe, den Roman, nicht den Mann, den habe ich in meinem Blog ( http://www.aleatorik.eu/2009/07/05/rausche-suchte-und-delirien/ ) mit folgenden Worten verwurstet:

    „Oder Gerd Peter Eigner, „Die italienische Begeisterung”. Nach hundert solcher Sätze, konnte ich bei diesem hier einfach nicht mehr weiter: „Ich denke, es ist besser, ich wechsle das Thema.” (Wie wär’s mit: Ich denke, es ist besser das Thema zu wechseln. Ich wechsle besser das Thema. Es ist wohl besser, das Thema zu wechseln. Themawechsel.) Wechsle könnte man auch mit ä schreiben und dann würde man glauben, dass es eine bayrische oder österreichische Bezeichnung für eine Wachskerze ist und der entsprechende männliche bayrische oder steirische Hochlandbewohner, bevor er sich zwecks Befriedigung seiner niederen Gelüste an seinem dauerhaft verehelichten Weib vergeht, eine romantische Seite an sich entdeckt und zu selbigem, Weibe nämlich, spricht: „Rosi, I zünd scho ma das Wächsle an, ja sappalot noch einmoal.”

    Diese unfeinen Sätze, die gibt’s auch noch nach dem Lektorat. Mir fällt also auf, dass das Anforderungsprofil für einen Lektor allein durch sein gutes Aussehen noch nicht gänzlich erfüllt ist.

    Und jetzt verabschiede ich mich und gehe an mein Tagwerk.

    Aléa Torik

    1. Liebe Aléa Torik, Das wird Eigner aber freuen, daß Sie ihn gutaussehend nennen.

      Bei Ihrer Kritik an seinem Satz geht es, denke ich, auch um Geschmacksfragen, in diesem Fall um solche der Rhythmisierung. Es geht aber auch um mehr. Eigner schreibt in langen Satzperioden, sehr bewußt, zugleich hält er sie, indem er daß- und Infinitiv-Konstruktionen meidet, flüssig, oft nah an der gesprochenen Rede; darüber hinaus geht es deutlich um Rollenprosa: sie characterisiert die Figur. Dazu: diese Erzählerfiguren, die bei Eigner fast durchweg Spiegelfunktion haben, neigen zum Causieren; ihr Gegenstand – meist die andere, eigentliche Person, von der sie erzählen – ist ihnen wenig begreifbar, zumindest nicht recht geheuer, und mit, aus ihrer Sicht, meist guten Gründen. All das wird von der Sprache erzählt; sie auf ein gewohntes Deutsch zu glätten, bedeutete, die eigentliche Information zugunsten der funktionalen Begrifflichkeit anheimzugeben. Abgesehen hiervon bezweifle ich aber nicht, daß es auch bei Eigner bisweilen danebengegangene Sätze gibt, wie wohl bei jedem von uns. Hier ist dann das Ganze zu sehen; denken Sie nur an manche Sätze bei Döblin oder gar Hans Henny Jahnn, das kann schon richtig furchtbar sein, nimmt aber dennoch der Strahlkraft nichts. Es gab sogar Momente, da ich dachte, die Strahlkraft komme eigenwilligerweise eben daher.

      Daß ich neulich den einen Satz bei Ihnen ein wenig kritisierte, war eigentlich eher dafür gedacht, den von Ihnen kurz aufgenommenen Dialog fortzusetzen, und das immerhin scheint ja gelungen zu sein. Und um Ihnen noch weiter entgegenzukommen: Eigners Lektor bei Kiepenheuer & Witsch halte ich für keinen guten, wobei er’s mit Eigner sicher auch schwerhat, der sich nämlich nur knirschend lektorieren läßt.

      Herzlich,
      ANH

    2. Eigner, Setz und Arcadi Volodos Lieber Herr Herbst,

      die Schreibweise von Herrn Eigner haben sie sehr anschaulich dargelegt. Diese Anschaulichkeit hat sich bis zur letzten Zeile Ihres Kommentars durchgehalten, so dass ich mir den Herrn Eigner, der sich „nur knirschend lektorieren läßt“, genauso vorstelle, ein knirschend sich lektorieren lassender Mann, ich höre es knirschen und ich sehe die zer-knirschten Knochen und das schmerzverzerrte Gesicht.

      Herr Herbst: der Dialog ist aufgenommen! Mit Vergnügen.

      Ich lese gerade Clemens Setz, „Die Frequenzen“. Ich habe ein Gelübde abgelegt und lese nur noch Bücher von Schriftstellern, die Wallace zu Ende gelesen haben. Hihi. Ich hoffe, der Dialog mit mir fällt Ihnen nicht bald auf die Nerven (und ich höre, obwohl ich auch elektronische Musik mag, gerade etwas Klassisches: „Volodos in Vienna“).

      Herzlich
      Aléa Torik

    3. Klaus, Klaus und schon dachte ich, es würde kein Ende mehr nehmen mit diesem “Klaus”. Aber jetzt und endlich: mit Anrede und Grußformel, in verständlichen Sätzen und vergnüglichen Bildern, mit fröhlichem Optimismus und wolkenleichter Ironie. Willkommen, Frau Torik, Ihretwegen kann ich mal wieder Der Dschungel aufschlagen und seiner Replik mit wohliger Freude entgegensehen. Am meisten bezaubert hat mich Ihr “Hihi”, “lacht” er doch gerne und immer wieder auch einmal “auf”. Ich jedenfalls freue mich auf Ihren Dialog und verbleibe herzlich: Astrée

    4. Liebe Aléa Torik, dann werden Sie aber viele Bücher nicht lesen dürfen, bei solch einem Gelübde – mal abgesehen davon, daß es durchaus auch masochistische Aspekte hat, auf die man nun abfahren kann oder nicht; ich für meinen Teil weniger, bekanntlich. Nur, wenn auch i c h solch ein Gelübde ablegte, etwa, keine Bücher mehr von Leuten zu lesen, die Heinrich Schirmbeck nicht zu Ende oder gar niemals gelesen haben oder die nicht Kleists Gesamtwerk inhaliert haben oder Wolf v. Niebelschützens oder gar der großen Marianne Fritz und die hinreißenden Sonette Christa Reinigs dazu… dann wäre meine (gelesene) Bibliothek sehr klein, handlich müßte man sagen, denn ich müßte zugleich voraussetzen, daß der gesamte Pirandello gelesen sei, um von Grimmelshausen, vor allem aber Wieland zu schweigen… und wenn wir dann in die Moderne schauen, würde es ja v ö l l i g düster – wer kennt schon Hermann Stahl und wer, um es ein wenig leichter zu machen, hat Ishiguros “Die Ungetrösteten” intus? von dem kennt jeder Fraumann das Butler-Buch kennt, welches ein furchtbar sentimentales ist (sagt er auch selbst), aber dieses große kaum jemand. Und wer las Gaddis’ Fälschung der Welt? Und und und.

      Übrigens mag auch i c h elektronische Musik; ich habe während der Zeiten der Pro Musica Nova in Bremen vieles davon kennengelernt und auch danach in meiner Frankfurtmainer Zeit; kennen Sie Berios ommagio a Joyce? Mein, wenn man das so nennen will, Problem mit populärer elektronischer Musik ist mehr eines der Redundanz, auch, daß so sehr viele Menschen gar nicht mehr zu wissen scheinen, was schon komponiert worden ist, und dann werden einem – zudem kompositorisch extrem redundante, oft auf einen durchlaufenden, nervtötenden Schlag konzentrierte, der zu meinen scheint, falsche Aussagen würden durch Wiederholung wahr -… also werden einem Neuerscheinungen als Neuheiten präsentiert, und man fragt sich, wer denn noch von der Musikgeschichte wisse, die grad dreißig Jahre zurückliegt… Es geht ja offensichtlich doch bei vieler vorgeblich neuer elektronischer Musik um Betanzbarkeit, nicht etwa um Komposition… d a liegt für mich die Schelle im Salz. (Nein, ich hab nix gegen Tanzmusik, ich liebe ja sogar manche davon, etwa den Tango, da bin ich ganz Zeitgeist – nur soll man nicht von Neuer Musik sprechen und schon gar nicht, wenn eine neue elektronische gemeint ist, die weit hinter die 60er zurückfällt. – Aber das ist ein anderes Thema.)

      Eigners Gesicht war übrigens in keiner Minute lektoratshalber schmerzverzerrt; ich denke eher, das des Lektors ist es gewesen, zumal Eigner dann noch zwei Preise bekam und man da hinreisen mußte… aber ich schwätz aus der Schule, was zwar meinem Ruf entspricht, aber weder klug noch fein ist.

      Ebenfalls herzlich,
      ANH

    5. @Cèladon. Ich muß – lacht auf – um Verzeihung bitten. Meine “u”s haken am Laptop.

      [Auf Laptop’sch übersetzt: “Ich mß – lacht af – m Verzeihng bitten. Meine “” haken am Laptop.”]

    6. Lieber Herr Herbst,

      das war natürlich ein Scherz mit dem Gelübde. Mit Kleist kann ich dienen, ich habe jede Zeile gelesen. Ishiguro habe ich auch gelesen, aber gerade den von Ihnen genannten Roman kenne ich nicht; auch Kenzaburō Ōe, allerdings ist mein Verhältnis zu ihm nicht einfach: ich sehe den Wunsch, schwerwiegende erzählerische Probleme zu lösen, aber ich sehe die Lösung nicht. Ich habe verschiedene Texte von Murakami gelesen, aber keinen einzigen zu Ende, ich find‘s langweilig. Pirandello habe ich auf dem Plan, aber nicht mehr in diesem Jahr. In diesem Jahr lese ich Roberto Bolaño. Von Wieland kenne ich nur den Namen. Die anderen habe ich bedauerlicherweise noch nie gehört: sind die echt oder frei erfunden?

      Die besten deutschen Romane, die ich kenne, sind: Barbara Bongartz, „Örtliche Leidenschaften“, Rolf-Dieter Brinkmann, „Rom, Blicke“ und Albert Vigoleis Thelen, „Die Insel des zweiten Gesichts“.

      Berios ommagio a Joyce: kenne ich auch nicht. Aber die Betanzbarkeit ist bei Musik nicht unbedingt ein schlechtes Zeichen. Sie dürfen das nicht so intellektuell betrachten / behören. Was ins Gehör geht, gehört nicht ins Gehirn. Das geht da sozusagen dran vorbei (dafür muss ich mir bestimmt eine Ermahnung anhören).

      Ich hau Ihnen vielleicht, habe ich mir gerade überlegt, bei nächster Gelegenheit ein paar schöne Zitate von Mr Wallace um die Ohren. Mal sehen wie Sie darauf reagieren.

      Herzlich
      Aléa Torik

    7. Liebe Aléa Torik, Ihre Begeisterung an Bongartz’ Örtlichen Leidenschaften teile ich; es kommt ja nicht von ungefähr, daß sie (BB) und ich zusammen ein Buch geschrieben haben, das spöttischerweise „Entwurf eines Romans” genannt ist und als SCHREIBHEFT Nr. 25 von Norbert Wehr verlegt wurde; es gab einigen Unwillen deshalb, zumal das Dingerl die Überschrift „Inzest” trägt. Und auch bei Murakami gehen wir einig, ich hab den Hype nie recht verstanden. Niebelschütz wiederum macht süchtig… will sagen, daß ich es aufgegeben habe, von „besten” deutschen Romanen oder irgendwelcher anderen Sprachen zu sprechen. Ich halte es da, wie hier und da, mit Nietzsche: „Was ist an einem Buch gelegen, das einen nicht einmal über alle Bücher hinausträgt?” Das Wunder, wie in der Leidenschaft, ist, daß es sich – wiederholt. Und Die Insel des Zweiten Gesichts, auf ihr lebt mein Freund Faure, dessen Begeisterung für die >>>> horen Sonderbände zu Thelen herausgegeben hat und der derzeit Thelens Briefwerk ediert. S o weit sind unsere Vorlieben also nicht auseinander. Was Foster Wallace aber anbelangt, hatte ich ja schon auf Guido Grafs Verlagssite von Kiepenheuer & Witsch durchblicken lassen, daß mein, sagen wir ruhig, Unverständnis vielleicht auch mit der mir nicht nur fremden, sondern auch unangenehmen Lebenswelt zusammenhängt, in welcher der Roman seine Figuren bewegt. Ich mag mich hier nicht wiederholen; es gibt ja auch Menschen, die man ganz einfach nicht mag, und dann meidet man einander. Man muß nicht mit jedem befreundet sein und nicht jeden für seinen Umgang ausersehen.

      Nein, wegen der Betanzbarkeit hören Sie k e i n e Ermahnung. Weshalb auch? Nur meine ich, daß a l l e s ins Gehirn geht, was wir hören, weil wir ja ohne dieses hören gar nicht könnten; es geht sogar, was wir hören, sehr viel unvermittelter ins Gehirn als wenn wir, zum Beispiel, tasten. Und wer viel mit Musik zu tun hat, spürt Semantiken, die beides, Gefühl u n d Bewußtsein, ergreifen, so sehr, daß Musik der direkte Anlaß für Erzählungen sein kann – und, wie wir wissen, umgekehrt. Dies nur als eine vorübergehende, in gar keiner Weise aber „ermahnende” Replik.

      Ihr
      ANH

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