“Ach daß ich ihn nicht nennen kann!” Das achtzehnte Coronajournal, geschrieben am 16. April 2020. Darinnen Nabokovs “Ada”, 0.2.

[Arbeitswohnung, 12,28 Uhr]

Es ist schon ein eigenartiges Grundgefühl, das in mir, so ist es am besten auszudrücken, Platz genommen hat: Entfernung, ohne tatsächlich Entfernung zu sein, die vorher nicht auch schon gewesen wäre, doch nun in der Art vermeintlicher Endgültigkeit. Als wäre etwas beschlossen, das sich doch schon lange angekündigt hat. Nicht grundlos habe ich vorhin → diese Polemik von 1995 eingestellt, die nun unangenehm parallel zu den Coronageschehnissen steht, vorhergenommen parallel, und von der aus betrachtet vieles Folgende imgrunde nur logisch erscheint, als logische Fortsetzung, insofern viel weniger überraschend ist, als der Virus selbst, sein über und durch uns Hingeschwemmtsein, von dessen Möglichkeit zumindest in naturwissenschaftlichen Kreisen → längst ausgegangen (Punkt 4 des Papiers), vor dem auch gewarnt worden ist. Nur daß fast niemand hören wollte. Und nicht nur Paul Robert Vogt erzählt es.
Für mich nach wie vor interessant (besser trifft es das Wort “beängstigend”) ist der möglicherweise, naturphilosophisch betrachtet, “selbstregulative” Nexus einerseits und andererseits eben die Fortführung einer längst begonnenen Entkörperung von Weltkontakt, die zunehmende Hinüberschiebung ins Virtuelle, sowohl von AIDS als auch Corona als material erzwungene Auslösung des Menschen aus der Physis, was –monotheistisch-religiös gesprochen – einer Erlösung aus dem “Jammertal des irdischen Lebens” entspricht — säkular allerdings, nämlich auffällig Hand in Hand mit wirtschaftlichen Multi-Interessen: dem von jeglicher Herkunft, mithin eigener Kultur, abgelösten “flexiblen” Menschen, der als Arbeitskraft eingesetzt werden kann, wo immer die Ökonomie ihn braucht, und der nicht einmal mehr das Geschlecht als eine Konstante haben soll, die ihm eine Identität sichert. Die kulturelle wiederum wird schon lange durch eine vom Pop vorgenormten unterlaufen, der auch sich selbst ständig enthistorisierend unterläuft. So soll Geschichte erst gar nicht mehr entstehen.
Entscheidend an Corona wie schon bei AIDS ist allerdings, daß es sich nicht mehr um kulturelle Deutungshoheiten handelt, die durchgesetzt werden sollen, sondern sehr offenbar um globale Tsunamis, also, jedenfalls auf den ersten und zweiten Blick, unanfechtbare Naturphänomene, gegen die es sich nicht demonstrieren oder sonstwie freiheitlich-politisch angehen läßt. Wer es dennoch tut, gilt als unmoralisch, wobei er (und sie) in der Tat zum Gefährder, zur Gefährderin wird. Der Naturprozeß selbst scheint die Einschränkung, auch eine massive, der Menschen- und Bürgerrechte zu erfordern, sogar um ihrer selbst willen. So schrieb mir ein gewiß nicht autokratiekonformer Freund:

Zwischenbemerkung: Ich (der freiheitsliebende Barrikadenkämpfer!) bin ohne Einschränkung für die vom Chaos-Computer-Club empfohlene Bluetooth-Tracking-App. Nur auf diese Weise kommen wir in der Analyse der Ausbreitungs-geschwindigkeit VOR die Welle. Alles, was wir bislang hoch-professionell tun, tun wir nämlich aus empirischen Erkenntnissen NACH der Welle!

Das politische Problem daran ist, daß er selbstverständlich recht hat, zugleich aber mit solch einer App dem Mißbrauch die Tore weit geöffnet werden, ohne daß wir noch irgend kontrollieren könnten, wer sie bewacht und welche Direktiven sie erhalten, jedenfalls nicht, solange es so etwas wie “Befehlsketten” gibt. Halten wir uns zugleich vor Augen, was Ingeborg Maus → Refeudalisierung nennt und also den Umstand, daß politische Entscheidungen schon gar nicht vom, was immer das sei, “Volk”, aber auch nicht mehr von seinen Repräsentantinnen und Repräsentanten, sondern von Lobbyisten, mithin international agierenden Firmen getroffen, im Zweifelsfall mächtig durchgesetzt werden, wird unsere ganze Hilflosigkeit auch dann klar, wenn wir den politischen Führerinnen und Führern angesichts der Pandemie zusprechen, daß sie tatsächlich um das Wohl der Menschen besorgt und bis an die Grenzen ihrer eigenen Leistungsfähigkeit bemüht sind. Ich glaube das, gehe nicht im entferntesten von übelwollenden Strategien aus. Aber eben das macht es noch einmal schlimmer.
Schauen Sie sich, Freundin, → dieses Strategiepapier an, das die mir politisch überaus nahe Organisation Diem25 verschickt hat. Nicht von ungefähr kommen darin aus dem philosophisch-politischen Anarchismus stammende Begriffe wie “Kommunalismus” vor – hier sogar als einem radikalen gefordert; des weiteren wird sehr richtig die Privatisierung öffentlichen, mithin allmenden Vermögens als “groß angelegte Umwandlung in privates Kapital” gesehen. Hierzu gehört auch die Unterwerfung der Krankenhäuser unter ökonomische Direktiven; auch Wasser- und Stromversorgung sind flächendeckend längst in privater, privatwirtschaftlicher, mithin auf Profit ausgerichteter Hand. Welche Chancen bestehen da tatsächlich, auch nur ansatzweise umzusetzen, was das Strategiepapier an Zielen uns vorschlägt, das überdies formuliert worden ist, als von Corona öffentlich noch gar keine Rede war? Zugleich ist es kein Wunder, daß in der pandemischen Krise ausgerechnet ein diktatorisches System wie Chinas angemessen, ja, durchgriff – eines, das bekanntlich Bürger- und Menschenrechte sonst in Grund und Boden tritt. Es bereitet mir mehr als nur ein leises Unbehagen, daß in solch einer Krise es die Autorität der Macht ist, was die Eindämmung der Gefahr bewirkt. Wie weit sind wir da vom freien, sich selbst bestimmenden Menschen wieder entfernt! Und es wird Soma ausgeschüttet! Ich selber, allabends, nehme davon.

Na gut, ich koche immerhin. Lese jeden Tag meine siebzig Seiten Nabokov, jetzt, mit Wiederlesen → Adas, ist es, als käme ich nach zwanzig Jahren heim. Doch dazu später, wenn ich über das Buch erzählen werde. Oh, dieses Glück vollendeter Sätze! “Ein zufälliger Knick im Gewebe der Zeit” oder

Fleisch nämlich (une chair), das seiner Frau und das seiner Geliebten, die vermischten Reize von Zwillingshuris, Acquamarina einzeln und doppelt zugleich, Mirage in einem Emirat, paarige Perle, Orgie von Epithel-Alliterationen.
Ada, S.33
(Dtsch. v. Uwe Friesel und Marianne Therstappen)

___________
>>>> Ada 0.3
Ada 0.1 <<<<<

Sie werden, Geliebte, sofort verstanden haben, wie dieses Wort, Fleisch, in mich eindrang, das uns jetzt nur als Wort noch geblieben, da ich es gestern, wieder im Thälmannpark, las. Immerhin hatte ich mir vorher, morgens schon, Spargel ergattert, der zwar, wie es hieß, der fehlenden Landarbeiter wegen (polnische Tagelöhner!) teuer sei, aber das Glück führte mich an einen Stand, wo es Beelitzer für 7 Euro das Kilo gab.
Ich wollte etwas ausprobieren, was ich nach Heimkehr und Lektüre dann tat. Weißer Spargel mit Nordseekrabben (die allerdings in Marokko! geschält worden sind — auch das einer dieser ökologisch bösen Widersinne; Krabben zum Selberpulen – worin ich seit Kindheit geschult – sind nicht einmal mehr in Hamburg zu bekommen). — Wie auch immer, Helgoländer Art:

Sogar die Hollandaise habe ich selbst zubereitet (Weißwein in drei Eigelb, schaumig schlagen, dann ins Wasserbad und flöckchenweise Butter, viel Butter, einrühren, bis die Sauce cremig ist). Die Portion war dann schließlich zu groß, mehr als die Hälfte schaffte ich nicht. Eingefroren, was übrig blieb, es wird in einer Spargelcremesuppe verarbeitet werden.
Aber auch dies ein letztlich einsamer, ein monadischer Akt. Zwar hatte ich nach Gästen gefragt, die mit mir teilen mochten; man konnte nicht, man wollte nicht.

Die Sonne scheint, im Hinterhof weht baumhoch der Wind in Tausenden weißester Blüten. — Ach, daß ich den Baum nicht mal nennen kann!

Ihr ANH

18 thoughts on ““Ach daß ich ihn nicht nennen kann!” Das achtzehnte Coronajournal, geschrieben am 16. April 2020. Darinnen Nabokovs “Ada”, 0.2.

  1. Abgesehen davon, das der Text recht gut meine Empfindungen und Gedanken , auch Befürchtungen widerspiegelt, kann ich dieser Tracking Idee gar nicht folgen…im Gespräch mit einer Freundin haben wir den einstimmigen Beschluss gefasst, in Zukunft die Handys zuhause zu “parken”…die Möglichkeit der Antikörpertestung finde ich Ok…lg..RIvS

  2. ich, der “nicht autokratiekonforme(r) Freund”, versuche, es kurz zu machen mit einem Fazit: Bedenken sind gut. Stabil vor die Welle kommen ist auch gut. Jetzt könnten wir versuchen, uns in die Nähe von Kant zu stellen und Prioritäten setzen: Wenn mir in besonderen Lagen mein und anderer Menschen Leben wichtiger ist, als meine und anderer Individuen Grundrechte, dann erscheint mir ein zeitweiser Verzicht auf einige meiner (in der Tat auch individuell hart erkämpften) Freiheiten als “alternativlos” – um mal ein bundesrepublikanisches Reizwort zu nutzen. Sollen doch die Reichsbürger und Rechtspopulisten ihre Freiheitsbeschränkungs-Paranoia pflegen (die sind doch eh schon innerlich längst nicht mehr frei), WIR sollten vernünftig handeln, bescheiden mit unseren Grundrechten umgehen und dabei sehr wachsam bleiben.

  3. Einige Zeilen des Coronajournals erscheinen mir so kostbar, dass ich sie wiederholen möchte: ..Die Sonne scheint, im Hinterhof weht baumhoch der Wind in Tausenden weißester Blüten-Ach, dass ich den Baum nicht mal n e n e n kann…da spüre ich die Sonne und atme den Duft der Blüten, durch den Wind fortgetragen ….dann das wunderbare selbst gekochte Essen, köstlich auf dem Teller arrangiert, da rieche und schmecke ich in meiner Phantasie den Genuss – LEBEN – und eben dieses lebt sich nur eingeschränkt – Leider kann ich mit den Begriffen Reichsbürger oder Rechtspopulisten im Zusammenhang mit DIESER „Krise“ wenig anfangen.. Ich als einfach gestricktes Einzelwesen stecke in einer tiefgreifenden anderen Krise, mein Glaube an diese Gesellschaftsform, an diese Politik über die Köpfe der Menschen (Wähler) hinweg, dieses unerträgliche Geschwafel vom ach so tollen Europa und die Resultate einer miesen Rentenpolitik nähren meine Zweifel. Ich bin für den Antikörpertest. Warum? Meine Mutter, mit ihren 88 Jahren (Flüchtlingskind mit 13, Heimat verloren), die ich seit Februar 2020 nicht mehr gesehen habe (wir wohnen nicht am selben Ort), berichtet mir in fast jedem Telefonat, das sie mit Corona durch sei und ich nun endlich mal kommen sollte. Sie hätte alle Symptome gehabt, Fieber, Kopfschmerzen, Durchfall Herz-und Lungenschmerzen, extreme Allgemeinschwäche. Sie ist natürlich nicht zum Arzt (ja, die Westpreussen sind hart im Nehmen) und hat ca. 3 Wochen lang damit zugebracht. Ansonsten halte ich Abstand, benutze die selbstgenähten Masken etc. etc. lg. RIvS

    1. Na jà, das Geschwafel vom achsotollen Europa ist ja eben deshalb Geschwafel, weil mit einem wirklich vereinten Abendland, das eben kulturell sich versteht, so gut wir gar nicht ernstgemacht wird, leidenschafgtlich ernst, meine ich, und einverstanden mit unseren Herkünften, die ohne Nahost so wenig Fleisch haben wie ohne Griechenland. Europa ist nach wie vor allein wirtschaftlich gedacht. Ich werde nie vergessen, wie entsetzt ich war, als mir eine Freundin – Obama hatte gerade am Großen Stern Berlins seine Rede gehalten und sie ihm zugejubelt – auf meinen Einwand hin, sie tue so, als wäre er unser Präsident, antwortete: “Das ist er!” – Deutlicher konnte mir ein affirmierter Imperialismus gar nicht entgegenspringen. – Bei allen Bedenken, die ich habe: Ein solcher Zujubel wäre heute Macron angemessen, nicht einem US-Präsidenten. Statt dessen ziehen sich die Europäer in ihre jeweiligen Nationalstaaten zurück. Doch noch habe ich die Hoffnung, daß sich dies nach der Krise ändert, die vielleicht aus rein administrativen Gründen solch einen Rückzug derzeit fordert.
      “Über die Wähler hinweg” ist ein Problem allgemein, wo immer Demokratie und Machtkapital zusammenagieren sollen; beider Interessen >>>>> schließen einander prinzipiell aus.

      1. Zweifel bleibt…ich fühle mich (wie bereits erwähnt) seit einiger Zeit “entwurzelt”, so ein schwankendes Gefühl von “wo gehöre ich eigentlich hin?” Als Bestandteil dieser Gesellschaft würde ich gerne aus voller Überzeugung sagen, ja, mein kultureller Hintergrund ist deutsch (Musik,Literatur etc.) durchaus mit einem innigen Gefühl zu Europa…funktioniert aber nicht…und das auf einmal Politiker, wie Obama so idealisiert werden, wird ja auch aus irgendwelchen Quellen gespeist..na klar, Obama wirkt sympathisch und hat sicherlich eine Menge zu sagen, wie sie alle was zu sagen haben. Die Macht des Geldes (Kapitalkonzentration in wenigen Händen) ist zu groß. Ich befürchte, das auch nach der Krise die Gesellschaft weiter auseinanderfällt (arm+reich, wo bleibt der Mittelstand)…und das “die da oben” es endgültig verdrängt haben, wer sie so “reich” gemacht hat…lg. und Pause, bis später..RIvS

  4. Ja, “Europa” enttäuscht jeden von uns, der vor zwei Generationen beim endlich unkontrollierten Grenzenüberschreiten Glücksgefühle empfand, die von den Heutigen nicht nachempfunden werden (können?). Mit zunehmendem Erwachsenwerden verringerten sich dann meine diebezüglichen Hoffnungen – dem Händchenhalten von Kohl und Mitterand zum Trotz. Unter der dünnen PR-Tünche Europäischer Solidarität sind wir doch genau das geblieben, was derzeit die Rechtspopulisten ach so revolutionär pausbäckig und wählerstimmenheischend fordern: Ein Europa der Nationen. Kein Wegweiser weit und breit in Richtung einer Europäischen Nation… Der Euro machte kein Europa. Italien und Spaniern sind die peinlichen Verwandten, die zum Familienfest nicht eingeladen und aus der gemeinsamen Krankenkasse rausgeschmissen werden. Glaubwürdige Signale für synchrone europäische Innen- und Außenpolitik, bedingungslose interne Loyalität und einvernehmliche Strategie erkenne ich nicht. Wobei doch gerade die herrschende Pandemie solch übernationales Verhalten geradezu fordert… Also: Das Abendland WIRD untergehen. Hat jemand eine tröstliche Vision, was stattdessen kommen wird?

    1. Es wird NICHT untergehen, nur leider noch Zeit brauchen. Doch nach Corona könnte deutlich werden, wie wichtig ein gemeinsames Vorgehen ist, das sich zur Zeit nicht darstellen läßt, weil nach wie vor die Gesundheits- (und anderen) Administrationen in nationalen Händen liegen. Doch der Virus kennt keine Grenzen – das ist vielleicht die Chance, die sich nunmehr auftut. Es sind unterdessen einige Denker, die in diese Richtung spekulieren, aus seh verschiedenen Disziplinen. Und es gibt >>>> Diem25, überdies einen tatsächlich europäischen Staatsmann, nämlich Macron, von dessen Linie man halten mag, was man will, doch den Europagedanken hat er wieder implimentiert.
      (Nebenbei muß selbstverständlich, ebenfalls aus historisch-kulturellen Gründen) europäisch darüber nachgedacht werden, wie und ob sich die Russische Föderation integrieren läßt. Dagegen steht freilich die NATO, und hinter ihr stehen multinationale Wirtschaftsinteressen. Ich mag von dieser Welt aber nicht gehen, ohne daß ich zumindest ein Licht am Ende der eben-nicht polnischen, sondern europäischen Korridors sehe. Wenn meine Kritiker mich also endlich loswerden wollen, müssen auch sie dafür etwas tun. Danach wäre ich vielleicht bereit, ihnen entgegenzukommen.

    2. Hm…- damals war’s – diese Art von “Volksbeglückung” hat sich mir nicht vermittelt – schön, Mauer weg – für mich gab es keinen Grund jemandem in die Arme zu fallen – ja prima so von Mensch zu Mensch – doch für mich: ohne tiefgreifenden emotionalen Widerhall – ab da fingen doch die Probleme an – schleichend zunächst – in den Neunzigern die erste verkorkste Rentenreform (Rente nicht mehr vom Brutto, sondern Netto…) – da bauen sich innere Barrieren auf — ja, ich weiß, unwichtig – so scheint es – -klopfen sich die (scheinbar) Wichtigen dieser Welt immer noch auf ihre Schultern und: “das alles ohne kriegerische Auseinandersetzung” (zumindest in der Mitte Europas)…na prima – an die Stellvertreterkriege mag ich jetzt nicht denken – “Rechtspopulist” – revolutionär pausbäckig – hat was Komisches/Lächerliches – Assoziation: in etwas so, wie ein kleiner dicklicher Schuljunge, dem die Mama brav das Butterbrot für die Schule geschmiert hat …lach..der ist ja schon innerlich in seiner Pubertät verreckt. – Quergedanke: wie soll denn zusammenwachsen, was keine gemeinsame kulturelle Verankerung hat? Nur mal so in den Raum geworfen…und die Pandemie soll’s richten?? – never – ever…Abendland bleibt Abendland und Morgenland bleibt Morgenland – wir könnten doch brüderlich/schwesterlich/nachbarschaftlich in FRIEDEN auf diesem Planeten leben und wirklich das tun, wozu wir bestimmt sind – LEBEN – wir haben nur das EINE – lg.RIvS

  5. Ich spul mal eben das Band zurück auf 1981 (wegen des Lebensgefühls) – Weltatlas aufgeklappt -Augen zu – Zeigefinger tippt – Augen auf – Portugal (freu) – Lissabon – wie schön – südlich -westlich- am MEER – Flug gebucht – Hotel gebucht – Währung getauscht – beim Betreten des Lufthansa (!) Fliegers der Stewardess meine Flugangst signalisiert – UND: ich durfte ins Cockpit (!!) und hinter dem Piloten/Co-Piloten Platz nehmen – festgezurrt im vorschriftsmäßigen Gurt – welch ein Erlebnis!
    Landeanflug Frankfurt – Wow – unbeschreiblich, auf einmal machte mir fliegen Spaß, die Angst war weg – portugiesische Airline – Landung in Lissabon – Taxi – Hotel in der Nähe des Zentrums – alle freundlich, mein englisch ausreichend, obwohl die portugiesischen Worte schon ungeübt in meinen Mund hinein- (heraus)schlüpfen wollten – beeindruckende Architektur – erholsam im “Afrikanischen Garten” – damals war ich mehr EUROPA als heute – knüpfe später nochmal an das Thema an ..Verabredung/Arbeitstreffen zu zweit – Zeitnot – Haare noch nass – ..bis dann..lg. RIvS

  6. Liebe ReniIna von Stieglitz, ich neige dazu, in Bildern zu reden (und zu schreiben), vielleicht hätte ich Fußnoten nutzen sollen… Es mag Sie verwundern, doch ich habe keine nennenswerten Einwände gegen Ihren Text. Nur eine Verdeutlichung – sozusagen in den Text gehobene Fußnote:
    “Mauer weg” – nein nein, nicht der (von Beginn an schräge) Beitritt der DDR macht mich so nostalgisch, ich rede vom damals so hoffnungsfroh begonnenen EUROPA, bin fast 70, kann mich jedoch gut an die 60er und 70er erinnern… DIESES große Versprechen fehlt mir – und sei es nur als Vision. Obwohl auch die kaum noch einer tätig haben will.
    Und, Lieber Alban, Europa WIRD untergehen, ist doch schon längst dabei – und seit Februar sogar immer professioneller. Und zwar sowohl das Europa, das wir damals als krafvolles Bild in die Zukunft projizierten, als auch das Europa, das kulturell und politisch eigenständig zwischen USA und China eine nennenswerte und konstruktive Rolle hätte spielen können. Wir beide werden es nicht mehr erleben, wie Faust kurz vor Schluß des Teil’ 2 am Ende seines Lebens – Achtung, Europa! – vom tätigen Gemeinsinn zu schwärmen (diese seine letzten 20 Zeilen kann ich seit Jahrzehnten noch auswendig, ohne sie je auswendig g e l e r n t zu haben), wir werden nicht diesem “Gewimmel” des Zusammenwirkens “ganz ergeben” sein, nicht den Augenblick wegen seiner Schönheit um Verweilen bitten, nicht voll bescheidener Hybris wissen, daß die Spur unserer Erdentage nicht in Äonen untergehen wird… Wir Europäer haben versagt. Die Strafe der Bedeutungslosigkeit wird auf dem Fuße folgen. Schade um das schöne Potential. Heute muß man ja Potenzial schreiben. Gute Grabinschrift. – Letzte Chance (beinahe hätte ich “Hoffnung” geschrieben): Katharsis durch Covid 19. Doch bislang sieht es eben nicht danach aus…

    1. Solange noch Kunst ist, lieber Kaleb – Kunst, nicht Pop -, glaube ich das nicht. Nicht, solange es so etwas (so jemanden) >>>> wie Ada noch gibt und wieder- und wiedergelesen werden wird und poetische Texte wie heute >>>> Bersarins zu Celan noch entstehen, und zwar im Netz;, ja solange körperliche Liebesempfindungen einen Ausdruck jenseits ihrer selbst nicht nur suchen, sondern auch finden – als poetisch-tiefe Äquivalenz. Solange Sinfonien geschrieben werden.

      1. Durchaus tröstlich – CELAN – gepaart mit Wehmut fühle ich mich wie ein “wortarmes NICHTS” – einige Zeilen aus einem Gedicht – Paul Celan: CORONA(1948) Aus der Hand frißt der Herbst mir sein Blatt: wir sind Freunde. Wir schälen die Zeit aus den Nüssen und lehren sie gehn: die Zeit kehrt zurück in die Schale…– … – lg.RIvS

      2. Dein Optimismus ehrt Dich ebenso, lieber Alban, wie mich mein Pessimismus – weil authentisch, weil kämpferisch. Bei solch gleichen Schnittmengen wäre ich – zugegeben – schon lieber Optimist. Aber… Trotz später Stunde mag ich ohne kurze Entgegnung nicht ins Bett. … “Gute” Kunst hat mir schon immer über meine und fremde Abgründe geholfen, kann Augen neu öffnen, kann emporheben, kann zu urplötzlicher Reflektion animieren, kann bescheiden u n d größenwahnsinnig zugleich machen, kann a l l e s . Was meinst Du mit “Pop”? Haben wir dasselbe Wort für unterschiedliche Inhalte? Es gibt Pop, den ich liebe – ebenso wie das letzte große Werk des letzten Jahrhunderts (danach kam für mich nichts mehr in der so genannten E-Musik), Holsts Jupiter Suite aus den “Planeten”. Auch Pop (und Jazz!) kann das, was ich oben attribuierte. Nur einige Beispiele aus hunderten: “I got a name” (Jim Croce), “The Thoughts of Emerlist DavJack” (Nice), “Girl we gotta get out of this place” (Eric Burdon), “Boom Boom” (John Lee Hooker), “The Ballad of Sacco And Vanzetti” (Baez/Morricone), “You’re So Good For Me” (Humble Pie), “Time after Time” (Miles Davis), “Mediterranean Sundance” (di Miola/de Lucia/McLaughlin), “A Remark You Made” (Weather Report), “Who Wants To Live Forever” (Queen, live at Wembley), “Rangehn” (Nina Hagen Band), “Jump” (Van Halen) – ich muß aufhören, denke bei jedem Stück, das mir einfällt, schon an dreißig weitere, komme sonst nie ins Bett – also komme ich jetzt besser auf den Punkt, den ich Dir von Beginn an erwidern wollte, aber abgetrieben wurde von meinen Assoziationen: Wer macht die Kunst? Die Bilder, die Bücher, die Sinfonien? Künstler! (Ja, und Künstlerinnen – werd’ mich nie daran gewöhnen, sexistische Grammatik zu vermeiden). Künstler sind selten systemtreu. Künstler sind Individualisten, sind renitent. Künstler, wenn sie brennen, überleben überall. Künstler werden Europa nicht retten – sie werden seine Ruinen überwuchern. Große Kunst wird auch noch in einem sterbenden Europa entstehen. Denn – erinnere Dich an z.B. Celan – sie entstand ja auch immer in Diktaturen, sogar im Faschismus, und sogar im weitgehend gleichgeschalteten, kontrollierten China! (Ganz unglaublich, was es da seit Jahrzehnten trotz Unterdrückung gib!) Will sagen: Die Kunst ist mir persönliche Animation, Trost, individuelle Erhebung, Verlockung, sogar Politisierung, Kurzurlaube im Alltag und im Untergang, was auch immer. Aber sie wird nicht fahnenschwenkend auf Barrikaden (denn das und “Schlimmeres” würde es wohl brauchen) Europa retten können. Um Dein eigenes Bild vexiert an den Schluß zu setzen: Ja, mögen weiterhin Sinfonien geschrieben werden – sie helfen, das alles auszuhalten. Und, mit etwas Glück, mehr Menschen zum Individualismus zu ermutigen. Jetzt aber Gute Nacht.

    2. Lieber TrainerB…, ja – mein Versehen, obwohl ich über ihre Formulierung (s.o. mit den zwei Generationen) gestolpert bin, hat mein Kopf eine andere Entscheidung getroffen – – jetzt bin ich ganz bei Ihnen – ja, die Anfänge(!) da waren die Märkte noch nicht übersatt, die Menschen haben es sich erlaubt, in Frisur und Kleidung eigene Wege zu gehen (finden) – damals, Anfang der Siebziger sprachen wir ganz selbstverständlich über JobSharing, Carsharing, den Eurodollarmarkt (schädliche Auswirkungen von Kapitalkonzentration) und ähnliches…nicht wie heute, wo viele in einer Uniformität versinken, die grauenvoll ist (BilligModeketten, künstliche, Nägel/Wimpern/Haare/Brüste etc) – damals (68) wurden die BH’s auf den Straßen verbrannt, es wurde die Antibabypille eingenommen, auch Frau durfte (endlich) angstfrei und lustbetont ihr Liebesleben gestalten. Und genau dieses bricht seit längerer Zeit brutal weg – die “Verhältnisse” haben sich geändert – schade – ja, ich befürchte auch, dass Europa untergehen wird – da steigen Trauer und Wut in mir auf – das Resultat dieser Entwicklung werde ich, zum Glück (hoffentlich) nicht mehr erleben – ich weiß, dieses ist eine stark verkürzte Innen- und Außenbetrachtung der Zustände – ist so — lg.RIvS
      P.S. …wie sagt man gemeinhin so lässig: wir hams vergeigt…

      1. Liebe ReniIna von Stieglitz, das habe ich gern gelesen. Dazu gibt es meinerseits auch weitere Assoziationen, die geschrieben werden wollen. Aber ich habe mich – trotz des Vorsatzes, mich kurz zu fassen – in meiner Antwort auf Alban verquatscht, muß in knapp vier Stunden halbwegs ausgeschlafen aufstehen. Um nun Ihren Kommentar nicht gänzlich unhöflich zu mißachten (nur ein wenig) und Ihrer Antwort Respekt zu signalisieren, möchte ich ein Stilmittel nutzen, das offenbar auf dieser im besten Sinne elitären Plattform verpönt ist: ? Die Worte werden schon noch kommen, es sieht so aus, als ob wir einander noch des Öfteren kommentieren werden… “Vergeigt” ist ein sooo schlimmes Wort. ?

  7. ? Mehr Resilienz, mehr Tol(l)eranz, mehr spielen.
    Und das gern auch unterhalb der tradierten “Niveaus”.
    Hier keine Tabus.
    Trainerbrater von unterwegs
    (grins)

  8. ja – mal locker lassen – herzerfrischend an diesem sonnigen Morgen (wobei lästige Aufgaben schon wieder warten) – Projektantrag zu Ende bringen und so …herzliche Grüße in die Runde und – keine Sorge – ich verzichte an dieser Stelle auf so’n Smiley – lacht mit…RIvS

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