Alien vs. Alien II ff.

Der Horror- und vormals Gruselfilm ist ein Ritual: Er soll Ängste bannen. In seinen besten Momenten – dann hat er Größe – findet er den kollektiven Ausdruck; er ist dann ganz nah an der Seele der Art. Und wird ihr zum tragödischen Mysterienspiel. Der erste Alien-Film, der dem Geburtstrauma ein Bild schuf, gehört dazu. Die organischen Räume des fremden Raumschiffs, darin die Eier liegen, sind s a k r a l e r Natur: ganz so, wie alle Gothik architektisch W a l d war. Interessant, daß Ridley Scott d r e i solcher Filme gelangen: The Blade Runner – Alien – Legende; alles, was danach kam, ist müßiger Ausschuß; keine Ahnung, warum. Aliens Folgefilme trittbrettfahren sowieso auf dem Reiz, berühren nicht mehr seinen G r u n d. Sondern trashen das Zitat. (Gründe sind immer tief, der Trash hingegen l e u g n e t die Tiefe und profaniert sie deshalb – was bisweilen so verräterisch ist, daß man auch dort genau hinsehen sollte.)
Ganz ähnlich ist es um den ersten „Terminator“ bestellt; wer diesen Film heute sieht und auf die Schablone von 9/11 legt, spürt seine Wahrheit genau. Erst in dem Moment, in dem sich die Idee instrumentalisiert, ja institutionalisiert, wird ein Western daraus, und das sakrale Element geht flöten. Wird, mit Adorno gesprochen, unwahr. Das gilt wiederum für sämtliche Folgefilme.

Als sakrales Ritual indes hat der Horrorfilm eine verweltlichte heilige Funktion: Er bannt, indem er reinigt. Darin ist er den antiken Tragödien verwandt, die auch nicht ohne Grund durch die Bank höchst blutig waren und sind. Deshalb ist, wie unter „Schöngeistern“ üblich, ihn abzulehnen, nicht eine Dummheit, sondern Ignoranz. Man w i l l nicht wissen, was ist. Und läßt es also unbewußt wirken, anstatt das Es dem Ich zu öffnen, auf das es hinsehen kann. (Dieselbe stupende Ignoranz findet sich gegenüber dem Internet und überhaupt kybernetischen Medien, insoweit man sie nicht nur funktional auffaßt.)

6 thoughts on “Alien vs. Alien II ff.

  1. Mich erinnert das an Jung, der riet, sich dem eigenen Schatten zu stellen – eben h i n e i nsehen zu wollen in die Tiefen der Rumpelkammer des Freudschen Unbewussten…

  2. Geschichten weitererzählen Ich fand die anderen Alienfilme auch nicht schlecht, besonders an den Stellen, an denen sie sich von Scott am weitesten entfernt haben. Alien2 hatte mit dem ersten Teil ja gar nichts zu gemein, weder Stimmung, noch Setting, eigentlich nicht mal das Genre. Verhielt sich wie Anke Engelke zu Harald Schmidt: Es war nur dazu da, den Mythos zu beseitigen und Platz für weitere Sequels zu machen. An sich aber kein schlechter Action-Film. Finchers Anti-Science-Fiction, in dem die Aliens nur eine Nebenrolle spielten war dagegen eine schöne Meditation über die Schrecken der Religion (das schöne Marienbild der mit dem Kinde versinkenden Ripley). Mittelalterlich bis in die Bildsprache hinein, auch das war eigentlich sehr auf der Höhe der Zeit, als noch alle von einem neuen Mittelalter sprachen… den vierten Teil fand ich jetzt wirklich sehr sosolala, Popcorn-Kino, mit einem bemüht-schöpfungsmythischen Ende, angestrengt. Hier fehlen auch die Bilder, die haften bleiben (von der Manga-Szene der sich in den Aliententakeln räkelnden Ripley mal abgesehen…) Und reden wir nicht über AvP , das war so dünn, das man durch die Lücken im Drehbuch das Dach der Studiohalle und den nervös auf und ab trippelnden Studiobosss sehen konnte, der sich noch nicht sicher war, ob er den richtigen Mix gefunden hatte, um an der Kasse nicht zu floppen. Diese Crossover-Filme sind immer eine große Kapitulation vor der Einsicht, dass man einem größeren Publikum die Absolutheit religiöser Erfahrungen nicht zumuten kann. Oder liegt es nur an unserem Short-Attention-Span-Syndrom, das man kaum noch einen Film sehen kann, in dem weniger als 4 Genres vermixt werden?!

    1. Geschichten weitererzählen(2) was ich allerdings erstaunlich an diesen Sequels fand, ist der Entstehung eines Mythos beizuwohnen: Die Umlagerung und Trivialisierung eines zentralen Motives mit verschiedensten Untererzählungen, Nebenwegen. Was an den Sequels sind nicht die Geschichten selbst, sondern das Weitererzählen. [Wohin sich das Lagerfeuer geflüchtet hat…]

    2. Ich halte das nicht für die Entstehung eines Mythos’. Sondern für Familiarisierung. Sich vertraut machen und das (profanierte!) Immerbekannte wiedertreffen. Ganz so funktionierte auch die Star-Wars-Saga mit sämtlichen Derivaten bis hinab zu den Ewoks. So funktioniert die Serie im Fernsehen. D e s h a l b meine sich immer wieder bestätigende Skepsis gegenüber Sequels: Was den ersten Einfall so stark macht, s o ll gerade nicht mehr sein. Wahrscheinlich hängt die Dynamik mit dem üblichen Prozeß der Warengesellschaft zusammen, alles tauschbar zu machen.
      Man darf das nicht verwechseln mit der allegorischen Bewegung von Mythen, die ja auch sozusagen Stanzen wiederholen. In ihnen bleibt indessen das Unheimliche bewahrt. Meist waren die später derivierten Anfänge der Sequels ebenfalls Reinkarnationen eines solchen Mythischen.

    3. Wiedergänger… Ich weiß nicht: Ich glaube, hier überlagern sich sehr banale Motiven mit tieferliegenden Bewegungen. Auf einer sehr schlichten Ebene ist James Cameron längst kein so guter Regisseur wie Ridley Scott. Der erste Film solcher Sequels kommt für Produzenten immer ganz unerwartet, solch ein Film stößt ihnen wider besseren Wissens zu. Die unendliche Langsamkeit des ersten Teils, das ist mit heutigen Augen nah an der Grenze zur Langeweile, diese reine Licht- und Schattensprache, die Scott in Alien und später entwickelt hatte und gleich danach wieder vergessen hat, all das spricht eigentlich dagegen, das der Film ein Erfolg wird und doch wurde es ein Kassenschlager. Das mythische Element an solchen Filmen scheint jedem verständlich aber niemandem direkt zugänglich… Der zweite Teil – und das scheint mir charakteristisch für Sequels zu sein, daher stimme ich Ihren Ressentissements gegenüber 2ten Teilen nur zu gerne zu – analysiert alle Gründe für den Erfolg falsch und versucht sie kombinatorisch zu einem neuen Erfolg zusammenzusetzen. Im besten Fall kommt dabei gutes Handwerk zustande. Man kann Produzenten für ihre falschen Analysen tadeln oder auch verachten – allerdings denke ich nicht, dass ich es besser könnte, oder dass Scott nach dem Abdrehen des ersten Teils noch Zugang zu dem gehabt hat, was den Ursprung dieser Filme stark gemacht hat – der Mythos ist nicht zugänglich, wenn die letzte Klappe gefallen ist wird er beinah hermetisch..

      Ich denke, ich klammere mich etwas daran, hier von Mythen zu reden: Das wäre mir gar zu traurig, wenn es in Filmen keine Mythenbildung gäbe, woher sollten sie dann noch kommen? Und natürlich ist es ein lässliches Anhängen an einer auf schwachen Beinen stehenden Metaphysik: Es gäbe einen Kern in diesen Erzählungen, der auch die übelste Verfälschung noch überlebt (ohje, aber da fallen mir dann auch diese unzähligen, unglaublich schlechten Zombiefilme ein, das ganz schlechte Resident Evil-Sequel mit eingerechnet – da will man gar nicht wissen, was denn da im Kern steckt, was uns diese ganze Re-Makes, Sequels, Seitenarme und Zitat-Zitate eingebrockt hat. Rein statistisch gesehen, ist der Grad an Profanheit oder die Trivialität der Motive nicht ausschlaggebend für ihre Verbreitung und ein winziger Keim, wie er in Dawn of the Dead sicher steckte reicht aus, um ein ganzes Genre zu gründen…) – aber das ist ein metaphysisches Residuum, an dem ich unerklärter Weise sehr hänge. Aber ich hoffe, wir reden nicht aneinander vorbei: Ist es noch mehr als die Zeitgenossenschaft zu diesen Machwerken, die hier für zwei verschiedene Phänomene sorgt? Schließlich haben wir es hier wie dort mit Nach- und Weitererzählungen zu tun, Ulysses ist doch auch nur ein Sequel, bloß das wir dem Aussortieren der erfolgreichen und weniger erfolgreichen Geschichten gerade erst beiwohnen…

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