Angst um ein Kind.

Diese seltsame Furcht, die ich manchmal entwickle, gerade jetzt, in der frühen Nacht unter den Bäumen vor dem Zelt im Felshang hinter Sorrento mit der Taschenlampe Vila-Matas lesend, dabei vor den Augen immer wieder die Augen meines kleinen Jungen, die mich ganz groß ansahen, als ich ihm vorlas, ansahen und ansahen, als könnten sie nicht fassen, was sie sehen, bevor sie ihm zufallen und ihn in den Schlaf gleiten lassen, als rutschte er hinter ihnen in ihn hinein… diese Furcht, er könne nicht eingeschlafen, sondern in seinem Nestchen e n t schlafen sein… – Dreimal schon bin ich während dieses Urlaubs unruhig leise ins Zelt hinein und habe mein Ohr dicht an den Mund des Kindes gehalten, um mich zu vergewissern, daß der Junge noch lebt…

(Ist es eine Parallelangst zu d i e s e r? Befürchtet sie, daß ich mich innerlich von seiner Mutter zu trennen beginne und mit dieser Liebe dann auch ihn verliere? – Ich kann die Meere von hieraus nicht sehen, aber der Golfo erfüllt bis zu mir hoch und noch weit über mich hinauf die Luft. Nebenan, hinter einer langen Blende aus dünnem Bambus, sitzen vorm Wohnwagen fünf junge Leute und trinken. Und quäkender italienischer Pop schwebt von Felsterrasse zu Felsterrasse bis zur Bucht hinab.)

Notiz vom 28. August, Massa Lubrense/Sorrento.