Bamberger Elegegien (34). Achte Elegie (3). Entwurf der weiteren Fortsetzung.

Geist ist der Schleier über unsren nahsten Instinkten,
klärend nur sich selbst, doch was wir eigentlich noch sind,
webt er – mit Gründen – in seinen Nebel: so sehr schmerzt ihn,
daß er an diese Gründe nicht langt, sondern muß sie verleugnen.
Geist ist Abwehr, die sich an die Stelle der Seinsgründe stelln will,
die er dennoch nicht abschafft; sie wirken nur nun aus dem Dunklen.
Wie unsre Kindheit auch. Oft ist die wund; so daß wir Erinn’rung
deshalb verklären und harmonisieren den bleibenden Schrecken,
w e i l er so blieb – als bliebe nicht g r a d e im Schatten Verstecktes!
Wie denn solln wir verzeihen, was wir nicht sehen? und suchen’s
in der Geliebten, die’s doch auch nicht zu heilen vermöchte,
wenn sie’s auch wollte. Doch sieht’s ja auch sie nicht und k a n n’s drum nicht lösen!
Ach, es bleibt so viel Wut in uns, uns widerfahrene Leere,
daß uns Geist ward, sie zu füllen, Empfindung zu füllen,
und Surrogate finden uns ab. Ganz so der Körper,
den wir kulturvoll ersetzen. Und sterben an ihm dennoch.
Daß er bleibe, der Geist – nichts ist’s als fadiger Vorschub:
Mit dem Körper geht auch er hin. Darum, Sohn, ehre
i h n, nicht den Geist, den selbstüberhobenen. Wenn er sich abtrennt,
dann ist er wohlfeil und weiß nichts von sich; anders aber,
w e n n er weiß und nicht länger täuscht, wenn er mutig hinsieht,
d a wird er groß wie bei den Alten, die anders nicht können,
denen der Körper versagt wie den Kranken, und im Ausgleich
schaffen sie Würde Gegenwart Stolz durch strenges Bedenken,
demütig ist da der Kopf zu senken vor unsrer menschlichen
Art und daß sie nie aufgibt und aus dem Leiden die Kunst schlägt,
Wissenschaft, spekulative Erkenntnis; nur ist das nicht größer
als die Umarmung, die atmende, zuckende, aus der das Kind wird.
Sie geht voran, am Anfang steht sie und stehn Pheromone,
Wärme steht da, Verbindung, Verschmelzung und Teilung von Zellen;
Geist aber ist immer einsam, teilt m i t, aber teilt nicht, Geliebte:
rein will er sein und gibt drum nicht Milch seinen Kindern,
Speichel nicht dem Geliebten, ist fähig zum Gott, nicht zur Schöpfung.

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