Die Niedertracht der Musik (1).

[Britten, The Rape of Lucretia.]

Mehrere Stunden den Vertrag über den im Frühjahr 2005 erscheinenden Erzählband durchgegangen, umfomuliert, ein paar Sachen dazugeschrieben, andere gestrichen usw. Dabei ein sehr sperriges Gefühl: Man will ja zusammenarbeiten, an gleichen Strängen ziehen, aber die Vertragsform führt immer dazu, sich als Gegner zu sehen und das eigene Recht, weil der andere das seine betont, zu verstärken. Die bei kleinen Verlagen vorherrschende Personalunion von Verleger, Lektor und Geschäftsmann löst in mir eine Sehnsucht nach wieder großen Verlagen aus, weil man dort zwischen literarischem Anliegen und Geschäftsverhandlung tennen kann, die man mit jemandem anderen als dem meist eng befreundeten Lektor führt.

Das also erledigt und hinausgeschickt. Jetzt wartet die vermeintlich nötige Überarbeitung der Titelgeschichte, von der die Lektorin meint, ihre Lösung sei zu kryptisch, und insgesamt falle die Erzählung gegen die anderen ab. Was ich nicht sehen kann. Doch mag es sein, daß sie die (amoralische) Gewalt von Musik niemals so intensiv empfunden hat, um das leichte, ganze Existenzen ver—rückende, literarisch hochernste Spiel mit ihr zu verstehen. Der Verlag will im gleichen Programm eine Geschichte der Pop-Musik herausgeben, was für mich einen ziemlich gehässigen Witz hat. Aber das Anliegen verdeutlicht vielleicht, weshalb sich jemandem verschließt, daß eine Frau, nachdem ihr Mann sie vermittels Musik hat aus den Händen eines Terroristen retten lassen, ihn a u f g r u n d dieser Musik – verläßt.

[18. 19 Uhr: Bei einigen Formulierungen, ein paar Zugriffen, die knapper gestaltet werden mußten, hatte die Lektorin recht. – Perdonate, Donna Bettina!]

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