Gaudís Klinke. (1).

Im Empfang stehen planlos drei Sessel und wenige Stühle herum; sie haben sich verirrt, hat man den Eindruck. Dahinziehende Asteroiden, deren ewige Reise die waltende Leere noch unterstreicht, gleichsam ihr Dynamik gibt. Immer standen sie woanders, wenn ich kam, doch nie waren sie an eine der Wände gerückt. Sie fänden dort wahrscheinlich keinen Halt. Überdies sind die Stuhlsitze flache, fleischfressende Pflanzenköpfe und die Sessel eine so üppige, dickblättrige Vegetation, daß keiner in ihnen gern Platz nimmt. Obwohl auch das Täuschung ist, denn objektiv, ist das innere Widerstreben niedergerungen, sitzt man sehr gut darin. Dennoch bleibt ein Unbehagen: Als werde an einem dauernd geschnüffelt. Da kommt Verhausens Bediensteten etwas beinah Erlösendes zu. Denn sie sind wie Dinge, die man wegschieben kann, wenn sie stören. Aber sie sind, für Notfälle vielleicht, trotz ihrer Diskretion immer da. Das Standbildhafte dieser Angestellten hat etwas berückend Schwereloses bekommen. Nur gibt es eigentlich kaum Anlaß, sie für Diener zu halten, eine Livree tragen sie jedenfalls nicht. Sie sind überhaupt höchst unterschiedlich gekleidet. Der jüngste trägt einen beigen Designeranzug, der etwas ältere ist in T-Shirt und Jeans aufgestellt, der dritte trägt eine hellgraue Kombination, und schließlich der vierte, er mag um die sechzig sein, hält ganz auf Schwarz: Rolli, Hose, Springerstiefel. So stehen sie da, die vier, unentwegt. Bisweilen übermitteln sie Botschaften aus dem Inneren des Architekturunternehmens: Ihnen stecken verkabelte Knöpfe im Ohr. Als ich den Empfang zum ersten Mal betrat, konnte ich nicht anders, als den Mann in der Kombination als Hutständer zu benutzen. Er ließ sich das kommentarlos gefallen. Ein paar Tage später legte ich ihm meinen komplett durchnäßten Regenmantel um die Schultern. Da bereits stand die Hydrokultur im Raum. Er wirkte wie neben sie eingepflanzt.

[Die Niedertracht der Musik.]

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .