Palermo ODER Am Leben sein. Das dritte Sizilienjournal im Oktober 2016: vom Mittwoch, dem 5., auf Donnerstag, den 6. Oktober 2016.


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[>>>> Da Angelo, via Roma 83, 7.20 Uhr
Richard Strauss, Don Quixote (Janos Stalker)]


Da habe ich mir gestern nacht wirklich wohl die Kante gegeben. Oh der >>>>Zibibbo!, den ich als Aperitiv und nachher noch als Nachtisch nahm… in „meiner“ Vucciria, die sich aber verändert hat, seit ich das letzte Mal dort gewesen, und dennoch sich fast gleich blieb. Jetzt ist sie abends bis in die Nacht der Treffpunkt junger Leute, ja einer Szene. Wobei jung so zwischen zwanzig und vierzig liegt, ein paar ältere Abenteurer noch dazwischen. Wobei geflirtet wird, was das Zeug hält. Und die noch Älteren sitzen in den immer provisorisch hinausgebauten Trattorien, meist nur Tischen und Stühlen vor den Garküchen, deren Köche nach Wahl zusammenstellen, zubereitet vor den Augen:

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Nein, ich bin kein Mensch für den Urlaubstourismus; man kann in der Tat von einer Flucht sprechen, die ich in Taormina angetreten habe. Ein Riesenballast – wie schön auch immer das Land dort ist, wie schön auch immer das Meer – fiel von mir ab, kaum daß ich im Zug saß.
Und als ich hier ankam! Wie riesig wurde mein Herz und pochpochpochte.
Nach dem Hotel, ich verlink’ es diesmal gerne, sofort der erste Gang, der mich, klar, fast direkt zum >>>> Teatro Massimo führte, das ich noch aus VorMafia-Clearing-Zeiten nur verbrettert und verfallen kenne (die zur Sanierung abgestellten europäischen Gelder flossen sämtlichst in private Taschen). Heute Abend Gustav Mahler, ich werde hingehen: Frühwerk, „Blumine“, Lieder eines fahrenden Sängers, Erste Sinfonie; so geballt hört man es selten. Und die >>>> Politeama Garibaldi, wo ich sonst „immer“ meine Opern hörte? Da geht’s erst Mitte des Monats wieder los.
Das sehr schöne, kleinere als des Massimos Gebäude wirkt ein wenig vernachlässigt, seit das riesige Opern- und Konzerthaus wieder instandgesetzt ist – das übrigens den überhaupt größten Opernsaal hat, den ich je sah, größer sogar noch als die Met. Und bis ganz oben, man meint, aus einem Flugzeug hinabzuschauen, kommen selbst Pianissimi aufs prägnanteste an. Schon deshalb bin ich gespannt, wie sich der Klang eines spätromantisch großen Orchesters hier machen wird. Außerdem kenne ich nicht eine der Musikerinnen, nicht einen der Musiker; Gustavo Mahler siciliano…
Vor allem aber wird heute nach dem Familienstammhaus meines Helden gesucht; ich werde mehrere mögliche Gebäude fotografieren und mich danach mit der Contessa absprechen, ihr wahrscheinlich schon immer gleich die Bilder rüberschicken.
Außerdem will ich über die Siesta nach >>>> Mondello fahren; ich war erst einmal da, entsinne mich aber nicht mehr richtig. Irgend ein Instinkt sagt mir, daß ich dort fündig werden werde. Doch will ich zum Corso wieder zurücksein, schon um vor dem Konzert, das erst um 20.30 Uhr beginnt und gewiß zwei Stunden dauern wird, wenn nicht, mit der Pause, länger… um also vorher noch einzwei dieser Riesenaustern

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zu mir zu nehmen und vielleicht zweidrei Seeigel. Nachher ist es ungewiß, ob ich noch eine Trattoria finde. Jene, übrigens & aber, in die ich zur Zeit meiner Sizilienerzählung einkehren konnte und in die tatsächlich auch mein namenloser Held da einkehrt, das legendäre Shang Hai, – dieses, erhoben über der Vucciria auf einer kleinen Dachterrasse, ist seit Jahren verschlossen, die Tür sogar zugenagelt.

Noch ein Wort zum Hotel, das ich – obwohl noch vieles zu berichten ist – nun gleich verlassen werde, so sehr zieht’s mich hinaus… also es gibt auch hier keine Küche, jedenfalls keine zur Nutzung durch Gäste. Doch hier habe einmal ich mich geirrt. Denn es war auch keine annonciert; ich hatte falsch gelesen. Doch ab acht bekommt man (guten!) Caffè. Und vorher, das nachtdunkle marmorstufige Treppenhaus hinunter, das um einen uralten Aufzug herumläuft, gleich um die Ecke eine schon um sechs geöffnete kleine Bar, in der der Padrone wie man selbst fast noch schläft. Dort läßt der aufsteigende Tag sich mit einer Nazionale senza filtro gut besinnen. Danach wieder hoch und auf die Toilette. Auf Sizilien sind nahezu alle Gabinetti mit einem Bidet ausgestattet; für jemanden wie mich ideal, der den Gebrauch von Toilettenpapier ablehnt – wie es die meisten Orientalen tun (Japaner nennen „Westeners“ sogar schmutzig). „Du bist ja genauso sauber wie wir!“ rief meine afghanische Geliebte damals aus, als sie es mitbekam.
Im Frühstücksraum nimmt ein älteres Ehepaar sein Frühstück. Völlig unitalienisch. Und hier nun noch das Vestibülchen, typisch für Palermo:

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Und damit ist er hinaus,

Ihr, liebste Freundin, liebster

Unhold

4 thoughts on “Palermo ODER Am Leben sein. Das dritte Sizilienjournal im Oktober 2016: vom Mittwoch, dem 5., auf Donnerstag, den 6. Oktober 2016.

  1. Oper Palermo Ich aber kenne eine Sängerin an der Oper von Palermo: Lorena Scarlata Rizzo. Sie sang in unserer Konzertreihe vor ein paar Jahren, als Aushilfe kurzfristig eingeflogen. Wunderbare Stimme. Falls Sie ihr zufällig begegnen, bitte grüßen.
    Gut der Hinweis auf die “Sizilische Reise” . Sollte unbedingt gelesen werden, besonders der Bericht über den “Vucciria-Markt”.

  2. Ahhh … die Piazza Caracciolo! Vor zwei Jahren haben wir ja in Palermo mitten in der Vucciria gewohnt. Wenn man nicht auch mal etwas Ruhe brauchen würde (vor allem nachts), ist das wahrlich der interessanteste Ort von Palermo. Die Unterkunft bei Claudio war übrigens mit Küche.

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