Pornographie. Auch Kafka war ein Mann.

Allerdings ist nicht ganz klar, weshalb – und wen – diese Erkenntnis verstören sollte. Im Gegenteil, sie stimmt versöhnlich, was für Kafka nun ein g u t e s Wort ist.

[Dank an UF für >>>> den Link. Komisch allerdings die Bemerkung, einiges davon sei „recht finster“, mit Fellatio durch Tiere und (!!!) lesbischen Szenen. Als schaute nicht j e d e r, der frei ist, was es zu sehn gibt.]

11 thoughts on “Pornographie. Auch Kafka war ein Mann.

  1. Die Frau verlockte ihn wirklich, er fand trotz allen Nachdenkens keinen haltbaren Grund dafür, warum er der Verlockung nicht nachgeben sollte. – Kafka, Der Proceß (was für Sensationen da wieder breitgetreten werden!)

  2. Angesichts der Empörung des Forschers der diese Pornozeitschriften ausgegraben haben soll, fragt sich, WER hier verlogen ist…
    Kafka war ein Mann. Hawes ist’s, wie’s scheint, nicht ganz so sehr.

    1. Oh welch geniale Logik, ich vergrabe Pornozeitschriften, also bin ich ein Mann, ich vergrabe keine, also bin ich keiner…HUT AB

  3. “Franz Kafka’s porn brought out of the closet” so titelte die Times(!) am 2.
    kafka’s porn? – maybe.
    but the “academic and Kafka expert” james hawes? – nope, still in the closet. probably peeping for animals or even… women!

    wohl zu ruhen.

  4. versöhnung mit kafka ist nicht von nöten – weil mich mit ihm eine tiefe liebe verbindet, seit ich schloss und prozess bereisen durfte.

    verstörung
    erzeugen bei mir seine texte auch ohne kenntnis seiner krankheiten, arbeitsverhältnisse und kümmernisse mit dem vater nebst sexueller betätigungen… eine klärende verstörung, die sich an der persönlich erfahrenen realität mitvibrierend aufklärt, um sich sofort wieder zu kontraktieren, lebendig wie ein geschwür, das heilsam ist.

    kafka war mensch, mann, künstler.
    beginnt jetzt das offenlegen pornografischer sammlungen? frivole skizzen aus bachs versteckten schubladen? gesammelte strumpfbänder aus schuberts nachlass? die geheime dvd-sammlung von keith jarrett?

    neue erkenntnisse erwarte ich dabei keine…

  5. Diese “Entdeckung” zeigt in Wirklichkeit die Verdummungsrhetorik, die inzwischen in der Litraturrezeption bis in weite Teile der Literaturkritik Einzug gehalten hat. Private Details wie Herkunft, Lebenslauf, Beruf, Ausbildung bis hinein ins Persönliche werden hervorgekramt und fast mehr bestimmend für die Einordnung eines Autors als das Geschriebene selber.

    In zwanzig Jahren werden Autoren in Mainstream-Massenmedien vermutlich gar nicht mehr gelesen, sondern ausschliesslich ihre Vita zum Zweck der Berichterstattung. Nur wenige werden dann noch die “Texte” der Autoren gelesen haben; am meisten wird es interessieren, ob und wann ein neuer Roman erscheint und worüber er handelt und mit wem der Autor inzwischen liiert oder nicht mehr liiert ist und was er in welchem Interview wem gesagt hat (oder nicht gesagt hat). Bis dahin gilt Elke Heidenreich längst als seriöse Literaturkritikerin und usurpiert mit ihrer Brigitte-Ästhetik längst das 3sat-Feuilleton und die FAZ. Ein wirklicher Literaturdiskurs wird bestenfalls noch in Nischen abgehandelt werden – quasi unter Ausschluss einer Öffentlichkeit, die sich nur noch an schlüpfrig klingenden Yellow-Press-Banalitäten ergötzt.

    Ich muss daran denken, dass es angeblich relevant ist zu wissen, dass Ödon von Horváth Nackzbildchen bei sich hatte, als er on Paris von einem Ast erschlagen wurde oder ein “neues Licht” auf die Rezeption von Thomas Bernhard-Romanen suggeriert wurde, weil er wohl Mitglied im österreichischen Bauernverband gewesen sein soll. Aber womit sollen sich die frustrierten Germanisten, die schon lange die Lust am Lesen verloren haben, sonst noch beschäftigen?

    1. @Keuschnig. Dennoch ist die Angelegenheit ambivalent. Tatsächlich hat in nicht wenigen Kreisen Kafka solch einen Schein von Heiligkeit bekommen, ja von Askese – als ob sie gewollt gewesen wäre. Das meinte ich mit dem Versöhnlichen: auch er hatte, wenigstens, “Fantasien”, die möglicherweise um so mehr schäumten, je länger sie unerfüllt blieben. Dahin gehört etwa die “Fallatio mit Tieren”. Man kann des weiteren davon ausgehen, daß so etwas Spuren im Werk hinterläßt, weil es stark sublimierungsbedürftig ist; Künstler sublimieren in Formen, denen sie Inhalte geben. Wir können insofern, betrachten wir ein Werk, sogenanntes Privates eben auch nicht ausklammern, unabhängig davon, daß selbstverständlich eine ästhetische (apersönliche) Logik innerhalb der Werkentwicklung wirkt und außerdem jedes Kunstwerk ein Dialogteil innerhalb des Gespräches aller Kunstwerke ist, soweit sie sich kennen.
      Interessant an dem Artikel fand ich deshalb nur, daß man dergleichen überhaupt für skandalträchtig hält oder skandalös machen möchte. Einmal abgesehen davon, daß es die Formulierung “einiges davon ist recht finster, mit Fellatio durch Tiere und lesbischen Szenen” in sich hat. Was wird hier gleichgesetzt?

    2. @Herbst Natürlich ist es ambivalent. Mein Furor richtet sich hauptsächlich dagegen, dass es die Werkrezeption zu überlagern droht. Das ist bei Kafka ohnhehin virulent (man denke an die frühe Kanonisierung der Tagebücher und Briefe). Ich frage mich dann immer, wie die Leute Kafka vorher gelesen haben. Dieses “Heilige”, von dem Sie sprechen, ist ja nicht explizit aus seinem Werk herauszulesen.

    3. Typisch Spiegel … die Art, in der das aufgegriffen wurde.

      Blei und Kafka kannten sich, wie verquer muß man denken, wenn man von “Amethysten” in Kafkas Besitz überrascht ist? Was für eine Spießerphantasie muß man haben, um sich vorzustellen, irgend ein Autor (und irgend ein Heiliger) habe keine Sexualität und keine erotischen, genitalen… wie auch immer… Phantasien gehabt?

      Der Text (Kafkas) ist der Text. Ob (na, das dürfte keine Frage sein) und wie Kafka sublimiert hat, ist möglicherweise biographisch interessant. Wenn jemand jedoch meint, der Fund von ein paar Zeitschriften (von denen man mutmaßlich nicht einmal weiß, ob Kafka ihren Inhalt überhaupt zur Kenntnis genommen geschweige denn benutzt hat) würfe die bisherige Kafka-Exegese um, dann wirft das ein Licht auf die betroffene Exegese, aber doch nicht auf Kafkas Text und kaum auf Kafka. Eines schönen Tages gehen sie noch heran und suchen DNA-Spuren auf den redaktionellen Seiten.

      Sehr verwundert grüßt
      L.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .