Romantheorie. Argo. Anderswelt. (152). Kleine Theorie des Literarischen Bloggens (52).

Einen Roman in Möglichkeiten erzählen. Nicht alles, was an Szenen dargestellt wird, geschieht auch; die Darstellung aber gibt der Möglichkeit sowohl Präsenz wie Brisanz. Auf diese Weise bricht die Poetik des Romans aus der Determination aus, ohne doch auf die einem Kunstwerk notwendige Totalität zu verzichten: Totalität als Verfügungs- und Verknüpfungsschönheit gemeint, also als eine Bestimmung des Handwerks. Es dürfen mit Abschluß eines Romanes ‚einfach’ keine losen, nicht-verknüpften (’verlinkten’) Erzählenden mehr aus dem Gefüge herausschauen, und zwar auch dann nicht, wenn die massive Gesamtheit des Textes es dem Leser nicht mehr erlaubt, jeden Strang auf seine Konsistenz und Abgeschlossenheit zu untersuchen oder in ihm dergleichen zu fühlen.* Von Leser zu Leser wird diese Abgeschlossenheit an je verschiedenen Motive erlebt werden; dieses nenne ich den Vorschein der Freiheit eines Buches. Es enthebt den handwerklich perfekten Autor aber nicht, eine Abgeschlossenheit tatsächlich für jedes Motiv herzustellen, und zwar auch dann nicht, wenn er aus der genannten determinierten Dynamik ausbrechen will. Er muß sie vielmehr, um wirklich auszubrechen, erst einmal herstellen können; und dieses ‚können’ ist zu beweisen – aber so, daß zugleich oder sogar d a b e i & d a d u r c h der Eindruck einer möglichen Beliebigkeit entsteht.

[*) Dies verlinkt wiederum die Romantheorie mit der Kleinen Theorie des Literarischen Bloggens, welche dann eine Kleine Theorie der Kybernetischen Totalität wird: Die potentiell unendlichen Möglichkeiten der Bezüge und also des Aufeinanderwirkens kommunikativer Phänomene sind ja gleichfalls nicht mehr durchschaubar, bzw.lassen sich von einem wahrnehmenden EinzelSubjekt nicht mehr als Gesamtheit betrachten. Es muß wählen. W i e es wählt, ist aber nur dem Schein nach eine Bestimmung seiner Freiheit; tatsächlich spielen Zufall (als undurchschaute Notwendigkeit) eine Rolle und persönliche Vorlieben, die ihrerseits Ergebnisse von im weiten Sinn Erfahrungen sind, also Prägung und durchaus nicht ‚freies’ Geneigtsein. Dennoch werden sie als solches empfunden. Genau das reflektiert der von mir gemeinte Roman-der-Möglichkeiten. Das ANDERWELT-Projekt versucht, eine ModalitätenÄsthetik zu formulieren, und das Literarische Weblog baut die Waben, in denen ihr mythischer Honig verwahrt wird: mythisch ist er – wahrnehmungspsychologisch, nicht (oder w a h r s c h e i n l i c h nicht) ontologisch – weil eine nicht mehr im Ganzen erfaßbare Realität, wenn sie sich denn erklären lassen soll, notwendigerweise auf einen Mythos abstellt – und sei es der der Erklärbarkeit selbst. Denn für etwas nicht gänzlich Erfaßbares ist seine ‚grundsätzliche’ Erklärbarkeit nichts als eine Behauptung.]

[Poetologie.]
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