Ein musikalischer Kater. Arbeitsjournal. Sonnabend, den 9. April 2011.

8.15 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Seit halb sieben auf, nachdem ich um zwei im Bett lag – nach Konzert und Bar und schon vom vielleicht eine Spur zu harten Training noch immer wie an der Grenze meiner Physiologie, zumal ein derartiger Wind ging, daß die Radfahrt zur und von der Philharmonie auf das Nachmittagstraining noch oben was draufgab. Also aß ich nachts noch etwas, um den mir immer wieder kippenden Kreislauf zu stabilisieren: als hätte ich weiche Knie, aber im Bauch und im Brustraum. Jetzt erst, allmählich, fängt er sich wieder.
Vielleicht war ich deshalb gestern abend empfindlich; vielleicht hat mich deshalb, was ich >>>> da zu hören bekam, derart erschreckt – ja, dies ist das richtige Wort, zu dem sich als passend noch beigesellt, wie die Löwin, die ich >>>> von der Bar aus anrief, es nannte, was ich ihr berichtete: unheimlich. Noch jetzt, da ich drüber nachdenke, kommt mir diese konzertante Aufführung wie ein – musikalisch fast perfekter – Albtraum vor. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich die Wagner-Gegner verstanden, ja wie sie gefühlt. Darüber will ich jetzt schreiben, in einem getrennten Artikel Der Dschungel aber, als eigene Konzertkritik, die zugleich Ideologie-Kritik sein wird, sowohl an dieser bestimmten Aufführung wie an Wagners Werk selbst, jedenfalls am Parsifal. Darum ist dieses Arbeitsjournal erstmal nur kurz.

11.59 Uhr:
Bis eben an der Parsifal-Kritik durchgearbeitet; >>>> dort ist sie nun eingestellt; allerdings muß ich, sah ich gerade (ich las sie der Löwin vor), hier und da noch ein Wort ändern, bzw, korrigieren; ich werde das übern Lauf des Tages immer mal wieder noch tun.
Erstmal was essen, Fruchtsalat mit Haferflocken und Joghurt, und gegen drei zum Training. Sowas um fünf wird mein Junge herkommen, den Rest des Tages wollen wir gemeinsam verbringen. Ich muß zudem mit der Litblog-Thorie weitermachen, aus der mich dieser Parsifal ganz rausgebracht hat. Dafür, immerhin, ein ganz schöner Mailwechsel mit der Uni Kiel; nebenbei gelesen hab ich dazu, heute morgen, noch >>>> das über Holmes. Aber dieser Wagner läßt mich nicht los; es ist, als hätte mich der gestrige Abend für Wagner ganz verdorben, als wäre mir etwas zerstört worden, an dessen Rettung ich – ja, ganz pathetisch – geglaubt habe: an eine nötige und notwendige Rettung.

3 thoughts on “Ein musikalischer Kater. Arbeitsjournal. Sonnabend, den 9. April 2011.

  1. Herzlichen Dank Vielen Dank für diese hervorragende Kritik. Ich als armer Tourist war auch gestern dabei und habe auch einen musikalischen Kater davon. Ich glaube, meine Parsifalsucht ist gerade vorbei, indem ich endlich begriffen habe, dass ich nicht zu retten sei – weil es (zum Glück) nichts zu retten gibt. Für die Musik Wagners hingegen geht es immer weiter – in diesem grossen Orchestermagen – und das war mir gestern auch furchtbar klar. “Der deutsche Geist ist eine Indigestion, er wird mit nichts fertig.”

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