“ich muß heute eher gehen…

….. weil ich die restlichen stunden noch abbauen muß, damit meine überstunden am monatsende auf null sind.” “wann müssen sie dann gehen?” “um 15.30 uhr.” “nein, das geht nicht, ich brauch sie noch.” “und was mach ich dann mit den stunden, die in der statistik zum monatsende auftauchen werden?” “wieso haben sie eigentlich überstunden, ich sagte ihnen doch, sie sollen ihr zeitkonto sauber halten.” “sämtliche überstunden sind mit ihrer begründung in einer exceltabelle ordentlich festgehalten, möchten sie die sehen?” “ja.” ich gab sie ihm, er begann zu lesen, wurde während des lesens immer stiller: “die gründe können wir niemandem mitteilen.” “wieso nicht, diese gründe waren der grund für die jeweiligen überstunden.” “diese gründe rechtfertigen ihre überstunden nicht wirklich.” “ach ja?…. und an wem liegt’s?” “naja, wenn ich mir das so durchlese, wohl an mir.” ich sah ihn an, und schwieg. “die begründungen müssen wir ändern.” “die begründungen werde ich nicht ändern, sie müssen ihr verhalten ändern. wenn ich im mantel schon vor ihnen stehe, weil ich mich verabschieden will, sie dann von mir erwarten, daß ich eben schnell noch mal dies… schnell noch mal jenes… ich erinnere sehr gut einen ganz bestimmten abend”, und zeigte mit dem finger auf den entsprechenden eintrag in der tabelle. “das hab ich wirklich gesagt und getan?” “ja, sie weigerten sich den telefonhörer selbst in die hand zu nehmen um einen kollegen anzurufen, ich stand da im mantel, die tasche über der schulter, und sie fragten mich, ob sie tatsächlich selbst die nummer wählen sollten, sagten mir, daß sie das nicht täten, weil ich ja schließlich dafür bezahlt würde. sie waren gut drauf an dem abend, sie sehen ja, daß diese an diesem tag angefallenen zwei stunden auch noch andere gründe haben.” “können sie es nicht so machen, daß sie pünktlich runtergehen und ausstempeln, die danach anfallenen stunden in schriftlicher form festhalten?” “nein, daß tu ich nicht, dann sind es inoffizielle überstunden.” “aber das können wir doch regeln.” “wie denn, ich kann sie noch nicht einmal abbummeln, man müsste mich, obwohl ich dann abwesend wäre, für diese zeiträume als anwesend führen.” “naja, wir müssten das unter uns regeln.” “sind sie damit einverstanden, mir diese inoffiziell angefallenen überstunden monatlich zu unterschreiben?” “um gottes willen, das tu ich natürlich nicht.” “so?… dann können sie das knicken.” “wieso das denn?” “sie sagen mir, daß ich etwas auf ihre anweisung hin tun soll, weigern sich aber, mir das schriftlich zu bestätigen. kommt das hoch, fährt man mir an die karre, nicht ihnen. ich werde weiterhin stempeln, damit die überstunden offiziell erfaßt werden können, und ich werde die statistik genau so weiterführen.” er sah mich an: “dann erwarten sie tatsächlich, daß ich mein verhalten ändere?” “ja. sie sagen mir, daß ich selbst dafür verantwortlich bin, mein zeitkonto sauber zu halten, auf der anderen seite erwarten sie, daß ich mich zu überstunden bereit erkläre, die nicht bezahlt werden, die auch nicht offiziell erfaßt werden sollen. sie können die tabelle behalten, lesen sie sich diese mal ganz in ruhe durch, dann werden sie wissen, was sie an ihrem verhalten ändern müssen. stellen sie sich vor, daß ihre tochter mit dieser tabelle zu ihnen käme… analysieren sie dann mal diese von ihrer tochter festgehaltenen überstunden, und dann raten sie ihr etwas, als vater.” er grinste. “ich soll meiner tochter sagen, wie sie mit ihrem chef in einem solchen falle umgehen soll?” “ja.” “ich würde genau das raten, was sie mir eben sagten.” ich grinste. “möchten sie noch einen kaffee?” “ja bitte.”
mein chef rechnete nicht damit, daß ich die gründe für die in den letzten monaten angefallenen überstunden tatsächlich schriftlich festhalte. die kollegin, die in der zeit meiner krankheit für mich vertretung machen soll, somit für beide chefs arbeiten muß, stand heute ziemlich ratlos vor mir: “herr dr. *** sagte mir, ich solle rechtzeitig ausstempeln und die stunden irgendwo aufschreiben.” “wollen sie das tun?” “was soll ich anderes machen, ich will meinen job behalten.” “wie viele jahre arbeiten sie in ihrem job?” “seit 10 jahren.” “dann wissen sie, daß sie in bezug auf ihre überstunden zwar wenige, aber rechte haben.” “heißt das, sie machen das nicht?” “ja.” “wie jetzt, sie tun’s doch?” “ich sagte, ja… ich mach das nicht.” “achso… und wie machen sie das dann?” “ich stempele ganz normal ein und aus, und erfasse die gründe für die stunden schriftlich.” “soll ich das auch tun?” “warum fragen sie mich, ob sie das tun sollen, das müssen sie doch selbst wissen.” “ich trau mich so was nicht.” “sie trauen sich nicht, ihre rechte einzufordern?, warum nicht.” “weil ich angst um meinen job habe.” “die angst der mitarbeiter um ihren job, ist ein kalkül…. einer, mit dem die chefs kalkulieren, in diesem falle, das ist er zwar eh, im wahrsten sinne ein maskulinum.” “wie?, was?, ich versteh nur bömische dörfer.” “ahja, wieso sagt man das eigentlich?” “was?” “ich versteh nur bömische dörfer.” “das sagt man, wenn einem etwas spanisch vorkommt” “sie meinen, null ahnung hat?” “ja..” “so ganz unrecht haben sie nicht, in böhmen selbst spricht man bei solcher gelegenheit vom spanischen dorf.” “was sie alles wissen…” “ja, vor allen dingen weiß ich, daß ich rechte habe. die firma bietet mir einen vertrag mit einer bestimmten bezahlung an, ich meine arbeitskraft, was nicht beinhaltet, daß ich mich ausnutzen lasse.” “ja, das wissen wir inzwischen alle.” “was wissen sie.” “das sie mutig sind.” “mutig?…. das ist mein recht, nichts anderes.”