Chat 1

Er:
Düsseldorf ist schon s e h r weit weg von Berlin…
lächelnd grüßt

Sie:
Ach wenn man nur alles mit der Entfernung entschuldigen könnte. Lächelnder Gruß zurück.

Er:
Zu entschuldigen ist ja (noch) nichts. Oder?

Sie:
So gesehen, nicht.

Er:
Haben Sie einen Vorschlag, wie wir’s a n d e r s sehen könnten? (Oder, um die Perspektive zu wechseln: wie nun weiter?)

Sie:
Wenn uns nach schwätzen wäre, könnte man eine Menge dazu sagen, aber das lassen wir mal besser, hm? Die Antwort liegt doch in den Erwartungen an ein Gegenüber.

Er:
Eben. Welche haben Sie? (Die meinen beleuchteten sich ja bereits durch den leisen Seufzer wegen der Entfernung…)

Sie:
Aha, wir kommen der Sache näher: der leise Seufzer hat Schuld (aber ob er jetzt etwas davon hat?). Das Schöne am Internet ist doch, dass man Menschen – unabhängig vom Wohnort – kennen lernen kann und aus diesem Grund bin ich hier.

Er:
Hm. Ich glaube, man lernt nicht die Menschen, sondern Avatare kennen… im besten Fall Selbst-Ideale, Animae, wenn Sie so wollen… das Ganze hat etwas von einem höchst aseptischen Flirt mit sich selbst… es sei denn, jemand beharrt auf der Realität und nimmt, wie ich, das Internet als Schnittstelle wahr: in eine andere Sinnlichkeit, die ohne dieses Medium fremd geblieben wäre. Beharrt sie aber auf diesem Medium, bleibt sie ebenfalls fremd. Oder autistisch, wie man/frau nun will.

Sie:
Wer die Geduld und die Authentizität mitbringt, kann hier einen Menschen von Innen heraus kennen lernen. Keine Ablenkung von Äußerlichkeiten, hier subtrahiert, und übrig bleibt das, was mich interessiert. Ja stimmt schon, das Internet ist eine Schnittstelle.

Er:
Es interessiert Sie der – abstrakte Mensch? Sie glauben an die Subtraktionsmethode, das Wesentliche? Sie meinen wirklich, etwas (wertvolles) Inneres sei von dem (nebensächlichen) Äußeren getrennt?

Sie:
Das Innere kann natürlich nicht ohne das Äußere existieren, sonst wäre es ja nicht das Innere von Etwas. Wen interessieren hier die Äußerlichkeiten? Doch nur denjenigen, der in der “realen” Welt nicht in der Lage ist, zu kommunizieren. Der begibt sich in die virtuelle, nicht körperliche Welt und paradoxerweise, statt das Kommunizieren zu lernen, achtet er wieder nur auf Äußerlichkeiten.
Was ist an einem Menschen schon abstrakt? Der Mensch als Ganzes, ist es nicht, darin stimmen Sie wohl mit mir überein. Sind es die Gedanken? Was wäre der Mensch ohne seine Gedanken? Ein Roboter? Ein Zombie? Oder “ganz” tot?
Macht das Abstrakte den Mensch zum Menschen, dann … ja, dann interessiert mich das Abstrakte.

Er:
Das Abstrakte macht den Menschen zu einem – Ding („abstrakt“ bedeutet ja „objektiviert“). Und Gedanken und Roboter schließen einander keineswegs aus. Ich fürchte bisweilen, es sei sogar das Gegenteil der Fall: Nicht die Gedanken „machten“ uns zu Menschen, sondern die Physiologie, die uns von der binären Mechanik auch des logischen Schließens unterscheidet. Und uns vor ihr bewahrt.

Sie:
Das kann man auch anders auffassen, so man denn möchte. Abstrakt im Sinne von “vom Gegenständlichen gelöst” könnte zum Umkehrschluss führen, nämlich aus der Objektivität heraus zu einem Subjekt. Logik ist eine menschliche Definition, auch ihre Erfindung. Können Erfindungen logischer sein, als ihr Erfinder?

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