Depression.

(Der Begriff ist nicht richtig verwendet, ich weiß: denn meine zunehmend in mich einbrechende Mutlosigkeit, die rigide Antriebsschwäche und Lustlosigkeit haben benennbare Gründe. Daß ich keine Möglichkeit habe, etwas gegen sie, diese Gründe, zu tun, macht meinen Zustand schlimm: daß ich nicht handeln kann, sondern ergehen lassen muß.
ANH, kein Arbeitsjournal.
9. März 2013.)

(Ich überlege, ob ich alle Termine auf der Leipziger Buchmesse, auch meine Lesungen dort, absage und auch gar nicht hinfahre. Es wäre das erste Mal in den vergangenen zwanzig, wenn nicht dreißig Jahren, daß ich so etwas tue. Es ist der Gedanke, nein, das Gefühl: aufzugeben. Ich kann nicht mehr: So fühlt sich das an.)

8 thoughts on “Depression.

  1. Ich verstehe das sehr gut. Vielleicht geht es aber gar nicht um Aufgeben, wenn man mit der Tradition bricht, sondern um eine längst fällige Veränderung? Für die Entscheidung und alles, was danach kommt: viel Kraft!

    1. Visite Und in der Tat: krísis, das ist gut übersetzt mit “Entscheidung”.
      Aber Adorno: “Wer nicht helfen kann, der soll auch nicht raten.”

  2. Lieber Alban,

    das Gefühl nicht mehr zu können ist ein radikales, starkes und doch auch gefährlich leeres Gefühl. Es kann wie ein Sog werden, in den mehr und mehr hineingesogen wird. Dennoch sollte man es ernst nehmen.
    Es ernst nehmen, hören (in sich), sich nicht schämen, es so lassen, sich danach richten, Kraft wiederbekommen.
    Das allerschlimmste Gefühl: Wenn die Verknüpfungen, die Kanäle in sich selbst, zu sich selbst, zu anderen, zur Welt sich auflösen, gekappt werden.
    Die Leipziger Buchmesse muss überhaupt nicht wichtig für dich sein dieses Jahr. Vielleicht willst du ja lieber ans Meer?
    Oder gar nichts? Ganz anders, sich der Schwäche ergeben.
    Oder drübergehen, jetzt erst recht hin.
    Du weißt selbst am besten, was dein ureigener Motor ist – pass darauf auf, gib nicht auf (im Sinne von: das Ureigene aus den Händen lassen).

  3. Lieber ANH, Leidenschaft läßt sich nicht aufgeben, denke ich, sie wütet weiter in einem, selbst wenn es schmerzt und man dieses elende Gefühl hat, ins Leere zu gehen. Aber wem sage ich das! In einem Brief an Thomas McGreevy vom 10. März 1935 (ich lese grad den Briefband “Weitermachen ist mehr, als ich tun kann”, Briefe 1929-1940) schreibt Samuel Beckett zum ersten Mal offen über sich und seine Gemütszustände. Den Brief beginnt er mit einem Zitat von Thomas von Kempen, “Qui melius scit pati: maiorem tenebit pacem.” [“Wer besser leiden kann, findet den größeren Frieden.”] Mit diesem Zitat scheint mir Beckett als noch recht junger Mann seine Lebensverneinung aufzugeben (auch wenn der Kontext ein christlicher des 15. Jhs. ist), ohne dabei zugleich seine Zweifel hinter sich lassen zu können, ganz im Gegenteil, er schultert sie und stiefelt los – die Last (sein “Päckchen”, wie man in der deutschen Redewendung so niedlich sagt) trägt er weiter mit sich, bis zum letzten seiner Texte. Ich wette, führe ich dieses Jahr nach Leipzig zur Buchmesse, ich träfe sie dort!

  4. Die selben … … Dinge täglich, bringen langsam um. Neu zu begehren hilft die Lust der Reise. (sagt Bloch). Vielleicht kommen Sie doch einfach mal zu mir nach Warnemünde?

    Ich wünsche Ihnen das BESTE – PHG

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