PP55, 26. November 2013: Dienstag. Wie der Tod kommt.

[Isang Yun, Piri für Klarinette solo.}
Da haben wir gestern so lange, bis in die Nacht hinein, über das Altern gesprochen, über die Abschiede, Endgültigkeiten, und haben über das Sterbebuch gesprochen und Reserviertheiten, die es bestimmen, über den Bruch der Direktheit und Ent- statt Aufladung, eine leise aber, melancholische, den Geschmack der Resignation – und da erreicht mich heute morgen, da ich zu arbeiten anfangen möchte, die Nachricht, es sei Peter Kurzeck gestern gestorben. Da kann man nicht einfach, wenn man ihn kannte, diesen Mann, mit einem Roman „weitermachen“, der doch genau solch ein „Gehen“ umweht. Wenn einer den Schritt denn getan hat. Es wäre anders, wie wenn man die Augen senkte davor, nicht aus Scham, sondern um nicht zu sehen, was der Roman gerade ansehen w i l l, was er begleiten will und ihm eine Sprache finden in der Erzählung, und eine Hoffnung. Sondern da müssen wir, wenn wir Dichter denn sind, zu dem Konkreten etwas sagen.
Das habe ich sofort getan, >>>> dort.

Weiteres möchte ich erstmal nicht schreiben, nicht Ihnen. Wohl aber an dem Roman. Jetzt geht das auch wieder: mit Peters Fortgang im Herzen und in meinem Kopf, nachdem ich mich vorgebeugt, tief, und mit der rechten Hand in die Erde gegriffen habe und etwas Erde aus Worten davon genommen und sie ihm zwischen meinen Fingern habe zufallen lassen. Es kommt mir wie ein Zeichen vor, daß es nicht regnet wie auf Beerdigungen sonst. Sondern ein klarer Himmel steht über Berlin, und die Giebel sind von der Sonne erleuchtet.

(8.07 Uhr.
Boulez, Domaines pour clarinette seule.]

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