7 thoughts on “Ehen.

  1. die gleichung trennung = tod kommt mir bekannt vor : “bis daß der tod euch scheidet” : schon abreisen ist wie sterben : bahnhöfe voll tausendfacher agonie : im scheiden und sich trennen : ich schweife ab : und fürcht’ mich vor dem tod

    1. …ich, die ich den tod nicht fürchte, ja zu oft herbeigesehnt, in allem was ich tu – die letzte grenze suchend zum – ja ich bin! und hier – auch endlich endlich! – fürcht erst recht die trennung nicht, die nie nie NIE vollendet ist, wissens der kraft. von dem, was mann wie frau weitläufig liebe nennt – und spätestens hier beginnt der verrat – was nichts als “sehnsucht nach der andren seite ” heißt – vom hier. dem jetzt. dem ich. dem du. dem wir. doch niemand geht. man bleibt. krepiert daran. und dann heißt tod nicht zwingend neubeginn – na wenigstens ist immer nur der andre schuld. wie schön!
      die sehnsucht bleibt. nach dem versprechen, das man selbst nicht halten kann. und das man doch – und immer wieder – ausgesprochen wissen will. und sei es nur geflüstert…

      manch einer bloggt. doch viel zu selten – unzensuriert. bedaure das zutiefst.

    2. Den Tod herbeisehnen? Nein. Das Leben feiern! Zum Totsein bleiben Jahrtausende. Dichtung aber heißt jubeln. “Dazu schaffen die Götter Ungemach, damit die Menschen etwas zu singen haben”, schreibt Borges. Und ganz in diesem Sinn Chlebnikov:

      Wenn sie am Sterben sind, schnauben die Pferde.
      Wenn sie am Sterben sind, welken die Gräser.
      Wenn sie am Sterben sind, erlöschen die Sonnen.
      WENN SIE AM STERBEN SIND, SINGEN DIE MENSCHEN!

      Aber wie kommen Sie auf Schuld? Von Schuld war nie die Rede. Nicht hier, nicht in meinen Büchern. Da sie keine Rolle spielt.
      Und die Zensur? Wer zensiert?

    3. es mag banal klingen, aber wer/was lebt, der/das stirbt – und alles sehnen richtet sich immer auf das, was man nicht hat oder nicht mehr hat. selbst das besingen der schönheit enthält ihre vergänglichkeit, denn das besingen will ja gerade festhalten, wovon wir wissen, daß es vergeht. dies ist auch eine furcht vor dem tod. was nicht heißt, daß auch ein sterben oder ein tod schön sein kann: vgl. die “Pietà”. aber der schöne tod evoziert und exaltiert schönes leben in seiner letzten kulmination – und er weist auf dieses leben zurück.

    4. Vergänglichkeit. Ist ein Schönheits-Teil. Musik muß verklingen können, sonst wäre sie unerträglich in der steten Gleichform ihres immer gleichzeitig bleibenden Schalls. So auch die Dichtung, die nur im Moment, da sie gelesen (oder in dem sich an sie erinnert) wird, da ist. Auch die Schönheit der Bildenden Künste stellt sich immer erst her, sie ist nie sofort da, sondern braucht Zeit, sehr l a n g e Zeit übrigens, um zu erscheinen. Interessanterweise ist das sofort-schöne Bild sofort auch tot. Die restaurierte Pietà wird genau so Kitsch, wie es heute die Capella Sistina ist. Wir stehen vor den halbzerstörten Wandgemälden Pompeis und spüren ihre Schönheit, weil sie nicht mehr ist. Oder weil sie so eingeschränkt ist, daß wir sie durch Anstrengung der Imagination wieder ergänzen müssen. “Müssen” ist falsch. – Weil wir dürfen.

      P.S.: So führt uns ein Gedanke zur Ehe ins Herz der Kunst.

    5. mehr als die schönheit meinen Sie wohl die benjaminsche “aura” des kunstwerks, deren verlust gerade durch die restaurierung Sie beklagen, wo doch gleichzeitig auch wieder die “ergänzende Imagination” ein restaurieren ist, die – zugegeben – die aura nicht wirklich antastet (“Das Hier und Jetzt des Originals mach den Begriff seiner Echtheit aus.” – BENJAMIN, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit).
      wobei dennoch zu fragen bleibt: ist das restaurieren ein verändern des originals, weil es seiner eigenschaft beraubt wird, weil das an “ihr [der Sache] Tradierbare, von ihrer materiellen Dauer bis zu ihrer geschichtlichen Zeugenschaft” verlorgen geht – oder ist das restaurieren ein wiederherstellen des scheinbar ursprünglichen zustands, also ein wiederherstellen der “echtheit”? letzteres negiert natürlich das vergängliche: aus alt mach neu. ist es deshalb schon kitsch? oder entsteht nicht kitsch erst dadurch, daß das kunstwerk zur massenware wird, beraubt aller einzigartigkeit. so wie z.b. Joyce in Dublin gleich neben dem pabst und kennedy zum andenken-nippes herab-kommerzialisiert wird.
      ich begreife dabei sehr wohl, daß ein kunstwerk zunächst einmal sich selbst manifestiert, und daß ich es vor meinen augen entstehen lassen kann, sofern ich dazu in der lage und genügend aufnahmebereit bin (unabdingbar scheint mir dies), da ich sonst nur in den besitz einer ware gelange, weil ich die eintrittskarte oder das buch gekauft habe.
      ob das “sofort-schöne Bild” gleich schon tot ist, sagt mir meine erfahrung nicht: dabei denke ich an mein unverhofftes staunen vor Michelangelos Madonna in Brügge, ich vermochte mich kaum von dem gesicht der Madonna zu trennen. derart lebt nun dieses erlebte bild in mir fort, auch wenn ich mich nicht mehr genau an das gesicht erinnere. vielleicht ist es ja auch das erinnern an mein staunen, das aber dennoch von etwas einzigartigem ausging.
      die stichpunkte für eine verbindung zwischen ehe und “herz der kunst” müßten wohl bezug nehmen auf die “aura”, von denen ja doch beides aus verschiedenen gründen umgeben ist: in beiden fällen ist warencharakter ausgeschlossen. so mal als hypothese…

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