Die Niedertracht der Musik (2).

Roses Triumph, Anfang.



Niemals wäre Erwin Rose Gegenstand literarischer Würdigung geworden, hätte sich nicht in seinem 51. Lebensjahr ein sonderbarer Umbruch vollzogen. Doch bekam ihn kaum jemand mit. Zu sehr erstaunte er den distanzierten Bürovorsteher selbst – einen seit über dreißig Jahren völlig erregungslosen, dem Kanzleileben dienenden Charakter. Nicht daß der Mann devot gewesen wäre, doch vorsichtig in ein negatives Empathierelief gedrückt, das ihm alle innere Ruhe und auch Abstand gewährte. So hatte er die politischen Nervositäten ganz kommod unterschlafen, von denen vor allem die späten Siebziger durchwühlt worden waren. Und er verstand es noch immer gut, jederlei Lehrlingsprotest, der tradierte Abläufe störte, gleichsam instinktiv in eine Art Urvertrauen zurückzuleiten. Ohnedies war die Kanzlei, in der Erwin Rose seit Jünglingszeiten beschäftigt und seit über drei Jahrzehnten ins Vertrauen des Chef-Sozius’ Dörrbecker gewachsen war, von politisch grellem Inhalt niemals bewegt. Scheidungen, Mietstreitigkeiten, Bußgeld- und Asylverfahren bestimmten den kleinen Betrieb; die auch in juridischem Belang recht wechselvolle Historie rührte in ihm kaum mal einen Wellenring auf. Und die Protestzwiebeln, die selten genug der Büronachwuchs warf, klatschten in den Schlick der lehrväterlich-rose’schen Umarmung. Nur in ganz seltenen Fällen zogen sie Wurzeln, so daß ihre Triebe von Erwin Rose kupiert werden mußten.




Allmählich fließt es.

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