Riding on the Horse of Youth… Frank Schwemmer Oper für Kinder und Jugendliche”Der Reiter mit dem Wind im Haar” an der Komischen Oper Berlin.

Nein, innovative Musik ist das nicht – aber welch eine klug und für den Anlass gut gesetzte! Ein schönes Handwerksstück also und wie kaum ein anderes geeignet, Kinder und Jugendliche an die Klangwelten der Neuen Musik heranzuführen. Das Ganze zudem liebevoll und bisweilen mit, hätte meine Großmutter gesagt, “Schmiss” inszeniert. So steht Frank Schwemmers vor anderthalb Wochen uraufgeführte Kinderoper nun auf der Bühne. Sogar mein Fünfjähriger flüsterte in die Aufführung hinein: “So ein schönes Gewitter habe ich noch nie gesehen!”

Dabei ist Irmgard Paulis und ihres Teams Inszenierung nicht nur für kleine Zuschauer genussreich. Sondern auch der Erwachsene hat seinen Spaß, wenn auch aus anderen Gründen und sofern er den Synkretismus mag: Nicht selten klingt dieses Stück um Jugend, Ausreißen und Erwachsenwerden nach Alban Berg, dann wieder scheint ein Tango durchs Orchester zu geistern, auch Kurt Weill ist immer präsent und spielt auf Musicals, ja sogar die Operette an… aber selbst dort, wo auf konkretisierende Harmonik verzichtet wird, herrscht ein Schönklang fast wie bei Britten. Das erlaubt eine Identifikation jenseits allen vorgestanzten Pops.

Dass die Musik vor allem rhythmisch strukturiert ist, tut ein übriges; lyrische Passagen sind Kindern, da sie einen starken Bewegungsdrang haben, eher fremd; das hat Frank Schwemmer fast durchweg berücksichtigt. Es geht, um es einmal so zu sagen, auf der Bühne ziemlich was ab.

Dabei reißt besonders die Spielfreude der jungen Darsteller mit, Chormitglieder sind sie allesamt und wohl auch ein Anlass des Kompositionsauftrages gewesen. Wohltuend dabei, dass Manuel Schöbel, der Librettist, den moralischen Zeigefinger kaum hebt; selbst die böse gezeichneten Schlangen “Kleinmut” und “Missgunst” bleiben letztlich in der Ambivalenz; denn als ihr spionageartig den Ausreißern unterschobener Verführer “Ich hätte so gerne ein Zuhause” singt, da stimmen die Kinder ja ein: Er formuliert einen Wunsch, den sie durchaus haben – anders als ihre verschobene Vaterfigur, der Reiter nämlich, ein ewig Junge Bleibender wie Peter Pan, nur etwas älter… sozusagen der ewige James Dean, den dann aber auch die Liebe einholt.

Entsprechend ist denn auch die “Zielgruppe” des Stücks älter als die Peter Pans; auch die Protagonisten sind bereits deutlich aus ihrer Kindheit herausgetreten und in der höchst ambivalenten Zwischenwelt einer anhebenden Adoleszenz. Dass deshalb der Reiter, ihre Führungs- und Integrationsfigur, schließlich über die Kinderstadt hinweg eben reitet, mit der Geliebten auf dem Pferd “hinten drauf”, ist da durchaus nicht ohne Witz.




[Fürs >>>> opernnetz. Weitere Vorstellungen am 30.4., 21.5., 30.5.2005. ]

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