Samstag, den 2. Juli 2005.

8.53 Uhr:

Eben d o ch die FAZ geholt, weil mich interessierte, wer denn nun diese Rezension der NIEDERTRACHT verfaßt hat. Es ist Martin Halter, ein, so weit ich weiß, Schweizer, den vielleicht Patorskis Rezension gefuchst und der mir bereits einmal, für ein anderes Buch, einen Verriß reingejagt hat. Nur war der verdeckter, nicht so offensichtlich wie d i e s e s Ding jetzt, das von oben bis unten die Person des Dichters nicht mag und das auf das blühendste ausstellt. Ärgerlich daran ist allein, daß unterschoben wird, ich hätte die Geschehen um das verbotene Buch absichtlich inszeniert… so als wäre die Intensität einer Trauer nichts als ein Boulevardstück, mit dem einer sein Geld “machen” will. Etwas anderes kann sich der Herr Halter offenbar nicht vorstellen, weil sein Rezensentenleben sowas vielleicht auch gar nicht erlaubt. Nun aber fühlt man sich an ein Frollein zu Ende des 19. Jahrhunderts erinnert, das aufschreit und die Schenkel zusammenkneift, weil ein Mäuslein in ihr Zimmer wetzt: “Igitt!” ruft die hysterische Dame da aus. Nicht nämlich, daß es ein Verriß ist, was die FAZ nun gebracht hat, macht diese Sache so offenbar, sondern daß persönlich argumentiert wird (“pubertärer Narzissmus”), auf den Dichter als einen nicht tragbaren Menschen gerichtet – und die Vokabel “unappetitlich”, die überaus deutlich den Schwamm zeigt, mit dem der Herr Halter die sexuellen Sujets der Moderne von der Tafel des literarischen Bewußtseins wegwischen will.

0.50 Uhr:

Von Kerstin Tomiaks Geburtstagsfeier zurück, Adrian schlief gegen 24 Uhr in ihrem Bett ein, die anderen feierten in Gesprächen weiter; ein Paar vertrat die Position des heilen Elternhauses, e r versuchte dann, meinen Jungen auf die Normalität zu interpretieren, an der er offenbar hängt. Es gab einen Eclat, ich ging, meinen Sohn in den Armen tragend, weg, e r war ganz Herr der Situation, ohne einen Zweifel, so restlos dumm und angepaßt an den Weltgang. – Als Adrian und ich zuhause waren – es war schwer, die Treppe hochzukommen, er war müde, schlief noch, fing an zu weinen – ich daraufhin zu ihm: “Du schaffst es, du schaffst alles, was du willst, Haltung, mein Junge, ich paß auf, daß nichts passiert, aber nimm den Schlüssel, schließ auf, sei klar, das ist wichtig” – er n a h m den Schlüssel, er schloß auf, dieses widerständige Schloß… “Haltung, setz dich durch, Adrian, z e i g, daß du w i l l s t und es schaffst”… er, mit seinen fünf Jahren, schaffte es wirklich, im Bett küßten wir uns… er muß wissen, daß die Welt gegen alles, was anders ist, feindlich ist… und er muß wissen und lernen, daß man das in den Griff bekommt durch reine Selbstachtung… in meinen Armen, ganz eng an mir, schlief er ein. Und lächelte. Er hatte einen E r f o l g erlebt.



Arbeitsfortschritt:
DSCHUNGELBUCH, bis TS roh 211.

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