Agnès. Weitere Erzählidee.

[Imrat Khan, Raag Basant Mukhari.]
Ein Paar lernt sich im Netz kennen, die Gespräche werden sehr intensiv, werden Liebes- und erotisches Obsessionsgespräch, werden Webcam schließlich und sichZeigen. „Versprich mir eines: Wir können alles miteinander tun an der Cam, jede Schweinerei ist möglich und jede Rose – aber eines behalten wir einander vor; keinen Höhepunkt je vor dem Auge der Cam, vorher – immer – lassen wir ihr Auge erlöschen. Verstehst Du mich? Sie darf es nicht sehen.“ So geht das über Wochen, man trennt sich dann auch, aber findet sich wieder. Der Sog ist zu groß, selbst über tausend Kilometer. Beide haben Kinder, so können sie auf Dauer aus ihren Städten nicht fort. Da beschließen sie, sich ein einziges Mal zu treffen, an einem Ort, den keiner von ihnen kennt. Am Bahnhof, am Flughafen, das ist ihnen gleich. Sie sind sich völlig sicher. „Wir lieben uns und zeugen ein Kind.“

Das geschieht.

P.S.: Ich könnte nun weitererzählen, erzählt werden könnte diese Geschichte von dem Kind selbst, von Agnès, die von dem Geschehen erst als Erwachsene erfährt. Oder erzählt, in dem nichts anderes getan wird, als die Partikel der Netz-Dialoge narrativ kommentarlos wie ein SchicksalsSpiel vorzuführen. Es könnte sich aus dem Treffen aber auch eine Ehe oder eine Art Ehe ergeben, die dauerhaft ist oder wieder zerfällt. Und „Agnès Netzkind“ könnte sie heißen, diese Geschichte.
P.P.S: Imgrunde ist dies eine Variation auf eine a n d e r e Geschichte, die seit Jahren in mir umgeht: Zwei treffen sich in einem Eisenbahnabteil. Sie sehen sich nur an, sie sagen nichts, sie steigen irgendwo gemeinsam aus. Sie sprechen immer noch nicht – also führen kein Gespräch, wollen keinerlei gemeinsamen Inhalt. Dennoch reden sie natürlich, über den Geschmack einer soursop, über Mangos, über einen affichierten Werbetext, auf den ihr Blick fällt. Sie gehen in ein Hotel und lieben sich. Danach steigen sie wieder in einen Zug, aber in verschiedene Abteils. Und trennen sich.

3 thoughts on “Agnès. Weitere Erzählidee.

    1. Es ist immer wieder. Der aus dem Unverhofften ausbrechende Liebes-Brand: einer, der weder geplant ist noch sich planen l ä ß t, der einfach d a ist, völlig gleichgültig, welche Konsequenzen er hat. Man kann sich dann vielleicht abwenden, man kann sich nicht darauf einlassen, aber dann weiß man für immer und vergißt das auch nie: Es war d e r Verlust. Oder man g e h t darauf ein, und Hölle und Himmel legen sich aufeinander, auf daß man erfahre, was F e u e r ist.
      Ich weiß, wie pathetisch das klingt. Und ich weiß, wie wahr das ist. Und wie so sehr erfüllend, daß keiner mehr davon loskommt, der es er(- und über)lebte.

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