Argo. Anderswelt. (159).

„Du weißt, weshalb Dorata gestorben ist?“ fragte ihn Sabine im selben Moment, in dem Carola Ungefugger „Es ist offen“ sagte. Sie hatte überaus schnell den Monitor abgeschaltet und sich vor den Sekretär nicht so sehr gesetzt wie drapiert. Als Jason eintrat, sah es aus, als hätte sie gearbeitet, jedenfalls irgend etwas notiert. Sie ließ ihn dennoch nicht einen Ton sagen, nicht einmal Guten Tag, sondern eröffnete ihm, wie direkt aus dem einen Gedanken in den andren gerutscht, der zeitgleich mitgedacht worden war: „Ich h a b e dein Boot.“
Das schien ihn zu überraschen; er hatte sicherlich mit Schwierigkeiten gerechnet. Überhaupt wirkte diese Frau mit einem Mal sehr fest, fast gerichtet, kann man sagen, und wirklich hatte sie wieder zu dieser Haltung gefunden, die bisweilen etwas tatsächlich Präsidentisches, jedenfalls über reine Sicherheit hinaus repräsentativ-Unbedingtes hatte. Dazu war nichts anderes nötig gewesen, als sich auf das einzulassen, was diese andere, zugegeben: ein wenig unheimliche Frau ihr angeboten hatte. Alles übrige waren Fragen einer rein pragmatischen Konsequenz. Unheimlich übrigens bloß deshalb, weil es selbstverständlich nicht mehr die Zeit war, an olympische Götter zu glauben. Sonst hätte man nüchtern konstatiert, eine Erscheinung gehabt zu haben und sich stolz oder eingeschüchtert ihrem Orakel oder ihrer Botschaft ergeben. Doch war die Funktion von Göttern seit langem durchs Show Business übernommen; wie eine Madonna hatte Sabine Zeuner ja aber nicht gewirkt. Und selbst wenn, so wäre es an der Ungefugger auch doch abgeglitten, da sie selbst ja einige Zeit lang von ihrem Mann zum Showstar hatte aufgebaut werden sollen und die dort herrschenden Gesetze zu tief eingeatmet hatte, um sie noch für einigend, gar heilig halten zu können. Aber sie vermochte halt wirklich weder zu singen noch zu tanzen. Zaubern allerdings, ja z a u b e r n – das konnte sie jetzt. Anders wäre es nicht zu erklären gewesen, daß es da w i r k l i c h eine Argo gab, eine wirkliche Argo, versteckt in den bleimeerumspritzten Schären von Clemont-Ferrand. Sie fing an, Carola Ungefugger fing an, daran zu glauben, indem sie es Jason Hertzfeld ankündigte. Und eine Bedingung daran knüpfte: „Ich gebe dir das Boot, ich reise mit dir, du bringst mir meine Tochter zurück, aber, Jason Hertzfeld: Meine Tochter wird nicht mit uns kommen.“
Er starrte sie an. Etwas von Zwielicht lag im Gesicht dieser Frau: ein doppeltes, vielleicht sogar mehrfaches Interesse:: jedenfalls die Tochter zu retten, aber zugleich zu entschärfen und sich endlich zu nehmen, wovon sie meinte, es stehe ihr zu::: den Vater durch den Sohn.

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3 thoughts on “Argo. Anderswelt. (159).

  1. lieber herr herbst
    schoen dass sie wieder “da” sind. entspricht eigentlich jedes argo segment so einer buchseite? (klar es kommt auf die formatierung an aber ich haette trotzdem gerne mal einen ungefaehren anhaltspunkt – es sind ja wohl auch 30 zeilen)

    gruss
    ihres
    daniels

    1. Lieber Herr Daniel. Nein. Eine THETIS-Seite etwa hat 1904 Zeichen, der hierüber gepostete Text hingegen bereits 2700, das ist ungefähr ein Drittel mehr. Nach der WOLPERTINGER-Formatierung hingegen e n t s p r äc h e das posting hierüber ungefähr der Textmenge einer Seite; aber WOLPERTINGER ist auch arg klein gesetzt (was herstellertechnische Gründe hatte: Wir wären anderenfalls bei weit mehr als 1500 Seiten gelandet, das hätte die angestrebte Einbändigkeit gefährdet; und für Dünndruck war weder Geld genug da, noch hätten wir die ‘aufgeedelte’ Anmutung eines Dünndruckbandes gewollt).
      ANH

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