Sonntag, der 11. Dezember 2005.

[Sibelius, Vierte Sinfonie. Berglund.]
Gutes Gefühl, zur Arbeit wieder Musik zu hören – und gerade d i e s e, die für THETIS leitmotivisch war und Chill Borkenbrod sogar den Namen gegeben hat. (“Borkenbrod (t) essen müssen: magere Jahre haben”; so wurde Sibelius’ IV. nach ihrer ‚durchgefallenen’ Uraufführung verspottet.) Aber ich ‚darf’ ja heute früh nicht an den Romanzyklus, ich muß doch dringend diesen SWR-Text schreiben, schon damit wenigstens e t w a s Geld eingeht. Also Kapuze übern Kopf ziehen, den Pott Filterkaffee neben mich und den Laptop auf die über zwei Böcken liegende Schrankplatte stellen, die in der Kinderwohnung als Tisch dient, und was runtertippen, das mir seit gestern diesbezüglich so durch den Kopf wankt. (Kann eigentlich nicht so schlimm sein, denn meine Erfahrung besagt, daß ein solcher Text um so lieber angenommen wird, je weniger konsequent er durchgearbeitet ist; ja für reine Plauderien gab es schon Begeisterungsanfälle. Nähert sich ein Text aber nur einer ästhetischen Perfektion, wird er in aller Regel abgelehnt oder hinterläßt zumindest zaudernde Ambivalenzen.)

Da kam, damit Sie heute früh gleich was zu lesen bekommen, gestern noch vom Verlag ein Brieflein mit angehängter Kopie: „Beiliegender Ausdruck erreicht uns vor wenigen Tagen kommentarlos.“ Der Artikel gilt exklusiv meinem verbotenen Buch und ist für ein wahrscheinlich dreischlägiges Lexikon geschrieben. Mir bleibt die Spucke von derart viel Unfug weg; nicht einmal die Inhaltsangabe stimmt, sogar die Chronologie der Handlung und die Geschehen selbst werden durcheinandergeworfen usw. usf. Dabei ist das nicht einmal boshaft, sondern bloß schlampig gemacht; aber schlampig auf die absurdeste un auch ziemlich komische Art. Also guck ich mal im Netz ein bißchen herum und finde darin den Verfasser des Artikels, einen Dr. Klaus-Peter Walter, tatsächlich mit einer lürischen Inspiration vertreten: >>>> die möchte ich Ihnen nicht vorenthalten.

Nebenan schlafen die beiden Jungs, der meine und sein neuer Freund V. Lange mit Katanga gesprochen über mein seltsames Gefühl: Der Junge (und seine Mutter) hatten gefragt, ob heute V. bei uns und Adrian morgen bei ihnen übernachten könne. Wegen morgen (also heute) war ich gleich zurückhaltend, weil ich, wenn mein Junge zur Schule muß, ihm gerne selber den Proviant zubereite und ihn lieber selber hinbringe; außerdem kenne ich doch die anderen Eltern nicht, habe keinen Eindruck und möchte, bevor ich mein Kind dort über Nacht lasse, ungefähr die Verhältnisse einschätzen können. Wie baff bin ich aber, als V.’s Mutter ihren Jungen mittags dann bringt, aber bei uns nicht einmal hineinschaut, sondern in der Wohnungstür stehenbleibt, mir für ihr Kind Beutelchen mit Spielsachen und Tasche mit Waschzeug, Pyjama usw. – immer alles in der Tür stehend – zureicht. „Mögen Sie nicht einen Kaffee trinken?“ „Nein, keine Zeit, ich muß gleich weiter.“ Spricht es und geht.
Lange mit Katanga darüber geredet. Ich hätte doch zumindest die mir fremde Wohnung einmal betreten und hätte mich umgeschaut, hätte mir doch zumindest einen Eindruck davon verschafft, wessen Händen ich meinen Jungen anvertraue. Darüber möchte ich unbedingt mit ****** sprechen, möchte sie fragen, wie s i e entschiede, ob ich hier überempfindlich reagierte usw. Werde es nachher versuchen, aber s o sprechen müssen, daß die Jungs nichts mitbekommen.
Vatergedanken.

Jetzt an den Rundfunktext. Sollte er gut von der Hand gehen und sollten die Kinder nachher gut spielen, dann werd ich vielleicht noch ein wenig an ARGO können. Und.. ah ja… den gestrigen Abend haben Katanga und ich mit David Lynchs „Twin Peaks“ zugebracht, also dem Pilotfilm und den ersten Folgen von „Season I“. Das stand wirklich seit langem an, daß ich das sah.
Aufhören zu plaudern. Arbeiten.

8.11 Uhr:
[Sibelius, Vierte Sinfonie. Berglund. Noch einmal.]
Rohfassung des WDRSWR-Textes fertig. Das l i e f ja nun mal. Und ich fange an, eine Erste Fssung draus zu korrigieren, da kommen die beiden Rangen in die Küche. Nun werd ich mal den Früstückstisch vorbereiten. Dritte Kerze. Dritter Advent. (Mit ARGO allerdings war noch n i c h t s. Immerhin hab ich nebenbei noch eine alte Textfantasie bearbeitet, zur Inspiration sozusagen, weil ich anders als im multitasking-Verfahren offenbar gar nicht mehr arbeiten kann. Ich stell sie nachher irgendwann in Die Dschungel. Das lockert die momentan etwas strikte Reihenfolge wahrscheinlich wohltuend auf.)

8.30 Uhr, vorm Frühstück.

Abends/nachts:
Twin Peaks ff. (Folgen 5 – 7, 1. Staffel. Wie ich hörte, muß man sich die 2. Staffel aus dem Netz ziehen, da sie nie als DVD produziert worden ist. Ergo: emule ‘ll suck.)