Springer.

So etwas gilt nicht nur für Texturen. Geschichtspersonen wie Cäsar, Hannibal, Bonaparte haben ebenfalls mit zunehmender Entfernung eine starke Tendenz, zu literarischen Figuren zu werden. Imgrunde sind wirkungspsychologisch Sherlock Holmes und Claude Mauriac nicht auseinanderzuhalten. In siebzig Jahren wird es keinen rezeptiven Unterschied zwischen Obi wan Kenobi und Konrad Adenauer mehr geben. Insofern läßt sich auch aus mancher literarischen Figur eine Erscheinung der Zeitgeschichte machen. Eigentlich versucht jeder Schriftsteller, solche Dynamiken zu schaffen: Er verflüssigt also Realität und damit attackiert er Identitäten, bzw. schafft sie neu als potentielle Charactere: Identität als Möglichkeitsform. Indem unterdessen die Wirklichkeit selbst sich fiktionalisiert, etwa über Beziehungen, die das Internet nicht nur produziert, sondern die aus ihm real herauswirken, ist der Dichter ein allermodernster Zeitgenosse, – nämlich dann, wenn er sich selbst als ein unabgeschlossenes und vor allem nie stetiges Experiment von Ästhetiken versteht: als einen „Springer“.

[ModalitätenPoetik.]

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