Mißbrauch und BDSM.

Zu den gegen mich und meine Positionen, wie sie in Den Dschungeln und manchen meiner Erzählungen und Romane zum Ausdruck kommen, immer wieder erhobenen Vorwürfen läßt sich nur ebenso wiederholt auf die Überlegungen verweisen, die sowohl in Den Dschungeln als auch etwa in Bongartz’ und meinem Briefroman >>>> INZEST ODER DIE ENTSTEHUNG DER WELT formuliert worden sind: Nämlich handele es sich bei der perversen Bewegung um eine Verarbeitungsform, die teilweise auf höchst künstlerische Weise – und eben w i e Kunst – erlittenes oder drohendes Unheil libidiös besetzt, wodurch es nicht nur erträglich wird, sondern mehr noch: es wird ein glückhafter, oft orgastischer Rausch aus ihm freigesetzt. Nicht anders war Katharsis gemeint, die R e i n i g u n g der Alten, und so funktioniert bis heute fast jede gelungene Trauerarbeit. Deshalb wird nach Beerdigungen gegessen, in einigen Landstrichen sogar getanzt. Die perverse Begegnung b a n n t – unter der Voraussetzung, daß man sie bewußt inszeniert. Solch eine Inszenierung ist aber gerade für sadomasochistische Settings oft bezeichnend, sei es in Clubs, sei es im privaten Rahmen.

Es ist sehr typisch, daß in Den Dschungeln niemand, die oder der mir gegenüber die angedeuteten Vorwürfe erhob und erhebt, jemals auf diese meine Überlegungen eingegangen ist, vielmehr wird, offenbar sehr bewußt, so getan, als g ä b e es sie nicht – ja, als wäre nicht v i e l f a c h erzählt, w i e und wie i n t e n s i v es sich um ein liebevolles, wenn nicht sogar liebendes, zumindest leidenschaftliches Hinwegküssen traumatischer Schmerzen handelt, und zwar auf Gegenseitigkeit. Dieses nur zu d e n k e n, scheint bereits ein Tabu zu brechen, das zutiefst mit einer Vorstellung von S c h u l d verbunden ist, nämlich damit, es sei einem letztlich schon r e c h t geschehen mit dem Mißbrauch, der solch eine LustVerarbeitung notwendig macht: deshalb muß dann über den ursprünglichen Mißbrauch geschwiegen werden. Wer aber da, wie Die Dschungel, die sadomasochistische Dynamik benennt und gar gutheißt, der hebt den ursprünglichen Mißbrauch erst richtig ins Licht.

[Davon unbenommen ist allerdings, daß es sehr wohl auch in BDSM-Szenarien mißbräuchliche und mißbrauchende Handlungen gibt. Dies liegt aber nicht bereits vor, allein w e i l etwas eine BDSM-Handlung ist; vielmehr bedarf, o b sie mißbräuchlich ist oder nicht, eines je eigenen, sorgsamen Hinschauens. Ganz dasselbe gilt – auf einer allerdings, sagen wir, minderen Gefahrenstufe – für Fellationes im Küchendurchgang.]

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