Arbeitsjournal. Mittwoch, der 19. Juli 2006.

6.28 Uhr:
[Villa Concordia Bamberg.]
Mit dem wörtlich geträumten Satz erwacht: “Ich bin dauernd mit meiner Famile beschäftigt.“ Was ein in-sie-Eingehen meint, ein sie-annehmen-Wollen und überhaupt nicht unangenehm besetzt ist. Das ist für mich in dieser Weise neu. Auch die Mitkollegen hier bekommen allmählich etwas von Familie. Man freut sich, wenn man sich wiedersieht, vermißt einander sogar, ist man nicht da. Lange saßen wir gestern auf dem Spezialkeller beisammen, lange dann noch meine Nachbarin, Zschorsch, Stuart und ich, die wir beide bisweilen Fragmente aus dem Parsifal mehr graunzten als summten, auf der Terrasse vor unseren Studios. Dazu, klar, meine Familie, die selbstgewählte oder die – das ist genauer -, die Es für mich gewählt hat. Sich endlch bereit fühlen für sie. Und der ARGO-Abschluß, irgendwie (ich nehme den Fünften Teil offenbar unbewußt nicht ernst, da er ‚nur’ Nachspiel und alles andere, Handelnde, jetzt erzählt ist). Die Gedichte plötzlich. „Jeder große Dichter“, sagt Zschorsch, „ist irgendwann zu den Gedichten gekommen.“ Er erzählt von der mährischen Nehrung, wo er letzte Woche mit einem Filmteam gewesen, von der weißen Sonne dort und hier. Eben steigt sie tatsächlich mir gegenüber aus den Wipfeln. „Sonnengedichte“, denke ich, „Sonnengedichte“. Mein Sohn ist für einen Tag am Meer, an der Ostsee. „Es riecht hier wie in Italien“, soll er gesagt haben, erzählte mir mein Telefonat gestern abend, „es sieht hier aus wie in Italien, es ist so schön wie in Italien.“ Schon der Sechsjährige verbindet nun offenbar den Schönheitsbegriff mit Goethes Land der blühenden Zitronen. Vaterprägung und eigenes Erfahren. Mittags oder abends setz ich mich in den ICE nach Berlin, um den Jungen morgen früh, zusammen mit Katangas Sohn, hierherzuholen bis zum Sonntag.
>>>> Menninghaus’ Schönheitsbuch ist angekommen, kommentarlos, von Suhrkamp. Ich hatte per Mail um ein Exemplar gebeten, um mich auf die Veranstaltung vorbereiten zu können.
Und ich hab noch eine z w e i t e Bayreuth-Karte bekommen, diesmal für den Fliegenden Holländer. In Siegfried hätte ich außerdem gehen dürfen, morgen, aber da bin ich gerade mit den beiden Jungs unterwegs. Es ist ein bißchen schade, aber ich muß drauf verzichten, weil man Kinder nicht einfach so abstellt. Der von mir sehr sehr bewunderte, fast angehimmelte >>>> Falk Struckmann singt: Der erste Wotan, der es mir jemals auch körperlich hat nachvollziehbar machen können, daß sich Brünnhilde in ihren Vater verliebt. Seinerzeit, 1994/95 an der Staatsoper Berlin, Barenboim/Schevernoch/Kupfer. – Jetzt geht meine Nachbarin, die Komponistin >>>> Eva Sindichakis, hin, nachdem ich ihr von Struckmann so vorgeschwärmt habe. „Ich mag Wagners Musik nicht“, sagt sie, „mir ist das zu groß, zu pompös. Musikgeschichtlich, handwerklich usw., gar keine Frage, ist er d i e Künstlerfigur des Neunzehnten Jahrhunderts, aber ich mag ihn nicht.“ „Das Wort pompös ist falsch“, erwidre ich, „pompös meint eine geblähte Größe ohne Substanz, eine falsche Größe, aufgebläht wie ein Ballon. Das aber stimmt bei Wagner gerade nicht. Die Musik ist tatsächlich groß.“ „Das mag sein, dann mag ich die Größe nicht.“ Ich spüre: sie empfindet ein Unmenschliches darin, das Unbescheidene Hybride, ich möchte fast sagen: Prometheische. Daß ein einzelner Mensch so klein dagegen wirkt. Das zusammen mit Wagners (wie Liszt einmal ausrief) ‚miesem Character“ schafft ein Unbehagen, das ich zwar nachvollziehen kann. Dennoch gilt Ernst Blochs (auf den Tristan gemünzter) Ausruf: „Wer Wagner nicht mag, ist ein Barbar.“ Wir wollen bei großer Kunst keine moralische Ambivalenz akzeptieren. Müssen es aber, immer wieder, wenn wir genau hinsehn. Das gilt für Picasso ganz genauso. Und: Kunst ist nicht demokratisch.

Ich werde jetzt auf die Terrasse hinaus, werde ARGO IV EF weiter auf dem Papier korrigieren.

12.30 Uhr:
Welch eigenartig einverständiges Gefühl, eben durch das sommerheiße, idyllische Bamberg zu spazieren, auf dem Rückweg die Sicht über die kanonische Hügel, klare alte Architektur, überhaupt nicht verspielt, sondern sondern offene Formen, die zugleich Macht demonstrieren und im derzeit fast toscanischen Licht hellmystisch zu sich herauflocken – und zu wissen, man werde am Abend in der Strandbar Mitte sitzen, gegenüber dem Bode-Museum in Berlin und mit Freund Eisenhauer einen Mojito schlürfen – und morgen mittags ist man dann schon wieder in Bamberg zurück. Die Städte rücken so eng aneinander, ganz, wie das THETIS-Vorspiel es beschrieb, und man ist daheim, sozusagen, in der Welt. Dieses Erleben gerade jetzt zu haben, bei der ANDERSWELT-Durchsicht, ist mehr als nur hilfreich; es ist essentiell. Und der Bahncard 100, also einem engsten Freund, verdankt.

17.16 Uhr:
[ICE Bamberg-Berlin.]
Bevor ich am ausgedruckten Typoskript weiterkorrigiere, kurz eine Idee notiert, die mir auf dem Weg zum Bahnhof kam. Es entsteht ARGO ja nun pro Woche zu wenigstens acht bis zwölf Stunden im Zug; weshalb schreibt eigentlich die Deutsche Bahn AG nicht einen „Bahnschreiber“ aus? Der dann ausgestattet wäre mit einer Bahncard 100 und vielleicht einigen Übernachtungsgutscheinen in deutschen Städten seiner Wahl, sowie einem kleinen, stipendieumähnlichen Salär. Es ließen sich dann doch wunderbar die Spuren nachvollziehen, die das Fahren mit der Bahn in seinem Werk hinterließen, auch die Spuren der verschiedenen Orte usw. Er könnte darüber hinaus immer mal wieder ein Feuilleton über seine Beobachtungen während seiner mobilen Arbeitszeiten für das Bahnmagazin schreiben. Usw. usf.
Vielleicht schreib ich der Bahndirektion mal einen Brief…

Okay, ARGO.

20.05 Uhr:
[ICE Bamberg-Berlin, kurz vor Leipzig..]
Erster Lesekorrekturgang ARGO IV in der EF beendet. Das Buch liest sich wie ein Rausch. Paar Fehler sind noch drin, struktureller Natur. Aber ich warte jetzt erst einmal UF’s Korrekturlesen ab.
Hätte eine Riesenlust, jetzt g l e i c h an ARGO V zu gehen, an das Hexameter-Nachspiel. Aber erstens hab ich den Goethe nicht hier, und außerdem käme ich mit dem PETTERSSON in Verzug. Also: Strenge walten lassen. Besser die Arbeit am Höstück ein paar Tage vorziehen.

Der ICE hat gut 20 Minuten Verspätung. Was mir nichts ausmacht; ich werd jetzt über Schönheit weiterlesen, um mich auf die Veranstaltung mit Winfried Menninghaus im September vorzubereiten.

0.53 Uhr:
[Berlin Kinderwohnung.]
Gutes langes Gespräch mit Eisenhauer in der Strandbar Mitte. Literatur, Frauen, Schönheit. „Du bist der letzte“, sagte er, „der gegen alles Risiko eines großen Verlusts für Familie einsteht.“ Seltsam. Ausgerechnet ich. Aber es ist etwas dran. Und es hängt auf verdrehte Weise mit meiner Arbeit zusammen – mit etwas, das ich Verbindlichkeit nenne, Innigkeit, Entschluß. Und mit Kontinuität. Ohne sich gleichzeitig etwas vormachen zu wollen, nur um die Konstruktion irgendwie am Leben zu halten.
Bin sehr in Gedanken, als ich – mit dem Ersatzverkehr gefahren – an der Eberswalder umsteigen muß. Vergesse mein Jackett im Bus, Bilder meines Sohnes in der einen Innentasche, das wichtige Notizbücherl in der anderen. Bereits an der Tramhaltestelle merke ich’s, aber es ist schon zu spät. Ich erwische noch jemanden von der BVG, der für mich telefoniert. Das Jackett ist bereits gefunden, ich kann es am zentralen Busbetriebshof abholen. Da ich nun morgen mit den beiden Jungs gleich früh wieder nach Bamberg will, muß das warten bis Sonntag oder Montag. Obwohl es wehtut. Das Notizbuch, meine Perle. Ich sag mir: „Dinge“. Auf Abschied eingestellt. Die praktikablen und insofern wichtigen Dinge waren im Rucksack: die Schlüssel, die Linsenflüssigkeit und Behälter, das Typoskript, der Laptop. Alles andere hat Zeit und tut allenfalls dem Narzißmus weh (ohne die Perle am Revers nach Bayreuth zu fahren, zum Beispiel). Jedenfalls werd ich den Jungs nicht wegen dreier oder vierer Tage ohne den inneren Ausweis den Aufenthalt versauern.
Als ich im Bus saß und durchs nächtliche Berlin fuhr, spürte ich: Was liebe ich diese Stadt. Das ist trotz des Verlustes als Gefühl erhalten geblieben. Auch hier wieder: Kontinuität. Völlig neu für mich. Irgendwie.
Ich hatte Notizen gemacht, hatte sie einstellen wollen. Wir haben über Gedichte gesprochen und darüber, daß ich plötzlich übersetzen möchte: Pound, Montale. Eisenhauer sagte etwas sehr Schönes: „Übersetzungen sind die bescheidenste Form einer Neudichtung. Man stellt sich und das eigene Vermögen in den Dienst fremder Worte. Man ist demütig.“ Das geht mir nach. Aus der erarbeiteten, erkämpften K r a f t demütig sein. Als Entscheidung.

12 thoughts on “Arbeitsjournal. Mittwoch, der 19. Juli 2006.

  1. wagner ist tastsächlich pompös, daher auch die erstaunliche kongruenz mit dem dritten reich (verzeihen sie den abgedroschenen vergleich), das ebenfalls pompös war und ohne substanz. (selbst nietzsche musste das einsehen, und der war ja nun wirklich kein kleiner geist).
    diese aufgeblasenheit trifft aber oft den nagel auf den kopf, weil damit viele eine möglichkeit zur kompensation bekommen, ihre unterdrückten sehnsüchte artikuliert sehen und frohlocken: es gibt ihn doch, den großen donnergott. da bin ich doch mal gerne barbar …

    1. Sie irren komplett, ferromonte. (Über Richard Wagner). Und falls Sie n i c h t irren sollten, dann bitt ich doch sehr um kompositionstechnische Belege für Ihre Behauptung. W o bitte und w a s ist pompös? Und betrachten Sie bei Ihrer Aussage sowohl die Semantik der Erzählung, ihren Bezugspunkt als auch vor allem die musikalische Faktur. S o ist das, was Sie schreiben, reines Vorurteil.
      Was die Inhalte anbelangt, ist Wagner mindestens ambivalent; am besten ist das nachvollziehbar in der Konzeption des Rings, dem übers Rheingold hinaus 1848 enorm anzumerken ist – eine Konzeption, die Wagner im Alter sicher gern zurückgenommen hätte, aber eben aus künstlerischen Gründen nicht konnte. Sondern er hat sich weitgehend an die Eigenbewegung von Kunst gehalten. Sein Antisemitismus ist davon unbenommen, darüber müssen wir nicht diskutieren – sehr wohl aber sehen, daß für Große Kunst keine Moralität erforderlich ist; oft sogar ganz im Gegenteil. Was Wagner uns Menschen allein mt dem Tristan-Akkord geschenkt hat, ist unfaßbar; das hebt jeden Beckmesser auf (den man, zumal, inszenatorisch prima wieder in die Sozialität einfügen kann, wie Wieland Wagner mit seiner seinerzeitigen Inszenierung – um 1986 – liebevoll bewies: es reicht eine Umarmung der Schultern).

      Im übrigen ist Nietzsches Kritik an Wagner seiner Kritik am Christentum geschuldet. Es widerte ihn an, daß Wagner diesen christlichen Kniefall vollzog. (Syberberg hat ihn später quasi zurückgenommen, auch Wagners Misogynie: indem er – wie Kunigunde neben den Vogeler – Kundry neben Amfortas bettet. Ein genialer interpretatorischer Schachzug.) Daß Nietzsche gegen Wagner ausgerechnet Bizet hielt, ist jedenfalls in all seiner Hilflosigkeit und dem kurzatmigen Vitalismus eines, der kaum jemals vögeln durfte, bezeichnend genug.

      Ich habe übrigens den Eindruck, Sie verwechseln Pompöses mit Pathos.

    2. “Daß Nietzsche gegen Wagner ausgerechnet Bizet hielt, ist jedenfalls in all seiner Hilflosigkeit und dem kurzatmigen Vitalismus eines, der kaum jemals vögeln durfte, bezeichnend genug.” -> ah, ums vögeln gehts … ist das untergriffig oder recht männlich jetzt?
      ich kann nicht mit belegen dienen, selbst wenn ichs könnte, würde ichs nicht wollen, wozu auch. ich wollte ja nicht recht haben, sondern nur spontan reagieren, meinen offenkundigen senf dazugeben- egal.
      für meine wahrnehmung ist wagner pathetisch sowie pompös;
      der pathos-begriff hat sich ja nicht nur in den jahrhunderten sondern allein in den letzten jahrzehnten gewandelt (denken sie nur an die bedeutung des kitsch-wortes, und den wandel: heute werden bewegende naturereignisse als “kitschig” – mit plakativ positiver konnotation – bezeichnet)

      (übrigens ist in wagners musik auch dieser größenwahn zu finden, den auch etwa hitler und speer quälten … )

    3. Es ist kein Wahn. Sondern Größe.

      Auch, wenn das der Kleinbürger, der nicht heranreicht, nicht mag. Ohne Argumente, nur aus Gefühligkeit, sind Sie in diesem Fall, lieber ferromonte, de facto nicht satisfaktionsfähig. Außerdem s i n d Naturereignisse nicht kitschig. Das ist absolut verdrängend-zivilisatorischer Blödsinn. Sozialdemokratisch halt: also dumm. Wer sich nicht einlassen k a n n, muß es ja nicht tun. Aber soll, wenn es um Wertung geht, Pardon: die Schnauze halten.

      Schreiben Sie eine einzige Zeile, die Wagners Kraft hat, dann – n u r dann – dürfen Sie mitreden. Setzen Sie etwas g e g e n ihn. Wie es etwa Brahms tat. Oder Verdi. Da hab ich dann Achtung. (Es muß nicht Kunst sein; es kann auch radikal-soziales Engagement sein. Aber es muß etwas w a g e n. Und darf sich nicht auf die Rentenkassen und den monatlichen Gehaltsscheck verlassen. Wenn Sie Ihre E x i s t e n z wagen, dann hör ich zu. Alles, was darunter ist, ist nur langweilig.)

    4. Ich gebe gern zu, dass ich lange Zeit kein Freund Wagners war. Ich fand ihn schwülstig. Das Bild von Winifred und Hitler konnte ich nicht aus dem Kopf kriegen. Bis ich drauf kam, dass mir die landläufigen Vorurteile die Ohren versperrt hatten. Die Musikdramen Wagners erschlossen sich mir erst in Frankfurt am Main. Die Ring – Inszenierung von Ruth Berghaus und Michael Gielens Stabführung öffneten mir die Ohren. Ich bin kein Wagneranhänger geworden. Die Heiterkeit, Ironie, die musikalischen Verwechslungsspiele Mozarts sind mir näher. Auch Verdi macht mich gelöster. Bei Wagner, und das ist das Große und Prekäre an ihm, zieht es unaufhörlich durch den ganzen Körper. Man kann Distanz verlieren und versinken.

      Wagner erforderte zu seiner Zeit ein neues Hören und schlug Schneisen, die mich dann zu Schostakowitsch und Henze bis hin zu Avo Pärt führten.

    5. @a.: das erinnert mich an meinen klassenvorstand, der sagte: “ich bin meinen vater dankbar für jeden tritt in den hintern.” manche mögens streng … das tut ihnen wohl. fein für sie.

      @montgelas: ja, diese vereinnahmung, die gewissermaßen körperlich ist – auch etwas, das ich strikt ablehne – und nicht, weil ich nicht der hingabe fähig wäre, sondern im gegenteil: weil diese musik keine hingabe verlangt sondern unterwerfung. als lohn erhält man dieses illusorische (tragische) gefühl der überlegenheit, das auch drogen vermitteln; warum das so ist, darüber kann jeder nachdenken, wenn er kann/will …
      kunst soll spielerisch wirken, mich zur teilnahme verlocken durch ihre qualität (darin liegt die “grösse” von kunst), wenn sie aber besitz ergreifen will und unterwerfung verlangt, dann ist es – nichts für mich. machtspiele interessieren mich ebenfalls herzlich wenig, denn ich mache aussagen nicht um recht zu haben oder zu siegen. mozart ist, da sie ihn erwähnen, das beste gegenbeispiel: so ungezwungen, überraschend und leicht wie ein blick auf ein naturwunder; so will ich auch leben.

      diese dinge bleiben wohl für jeden menschen einmalig und subjektiv, wir sind ja (noch) jeder verschieden, und das ist gut so …

    6. @ferromonte: Sie behaupten immer nur. Bringen aber nicht mal einen Beleg. W o bitte ‘verlangt’ Wagners Musik Unterwerfung? Womit? Wodurch? Tatsächlich ist sie körperlich, tatsächlch berauscht sie, tatsächlich läßt sie Autonomie (die sowieso eine Illusion ist) zerfleßen – aber in einem R a u s c h. Der ist Ekstase – genau das ist das Erotische daran. existánai bedeutet ‘heraustreten, sich entfernen’, nämlich des Ichs aus dem Ich – wie bei einem wirklichen Orgasmus, in dem sich ebenfalls die Ichgrenzen auflösen und die Trennung fällt. Das Großartige an Wagners Musik (nicht an aller, sicherlich) ist gerade, daß sie so etwas erreicht – wie übrigens auch Berlioz in seinen besten Momenten und sogar Verdi, im Spätwerk. Christlich gesehen wird hier Kartharsis zur Erleuchtung, nur bleibt bei Wagner selbst noch im Parsifal die Musik ganz-irdisch. D e s h a l b dieser Eindruck der Körperlichkeit.
      (Verlogen ist Wagner da, wo er genau diese Spur zu beseitigen versucht – wie um sich das Begehren aus dem Leib zu bannen; da hat Nietzsche recht, wenn er Wagner den Verrat am Körper vorwirft – nur daß die Musik selbst das nicht mitmacht. Es ist eben k e i n e Kirchen-, sondern Mysterienmusik. Das ‘Heidnische’ an ihr schenkt ihr die Größe.)

      Zu Mozart noch: der ist mir in vielem zu kitschig, ohnedies kein Orignärgenie im Sinne von Innovation, sondern einer, der genial zu kombinieren wußte. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Ein paar Ausnahmen lasse ich selbstverständlich gelten: die moll-Klavierkonzerte etwa, Così, Figaro, etwas der Kammermusik und, klar, das Requiem. Aber sonst ist mir das zuviel Rokoko-Getändel.

    7. ich kann mit ihren vokabeln nicht umgehen: mysterienmusik, größe, mozart als kitsch, verrat etc.; aber ich will das nicht verurteilen: ich als person kann damit nichts anfangen und will es jetzt auch nicht werten.
      ich kann über musik nicht so reden wie sie, und ich bin jetzt auch diesen thread leid. außerdem hab ich 29° in meinem zimmer. vertagen wir wagner, bzw. ich klinke mich jetzt aus und vertage wagner, vielleicht kann ich später mal was besseres sagen dazu. addio.

    8. 29 Grad C. ist doch klasse! Ich hätte es gerne n o c h wärmer, vor allem auch feuchter. So daß die Körpergrenzen sich auflösen und man nicht mehr weiß: ist es Schweiß oder ist es schon die Luft? (Sitze nur mit einer Shorts bekleidet am Bamberger Schreibtisch, am liebsten würde ich auch die noch los. Manchmal hab ich eine Sehnsucht danach, durch Kiemen atmen zu können. Ach, das wär jetzt der Vorwurf für ein sehr schönes Gedicht.)

  2. Nachtrag: dafür gehe ich in Siegfried – und übergebe den “Ring” mit der Götterdämmerung an Sie.
    Barbara

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