B.L.’s 16.9. – stoneborne

18:33
Ich hatte auf dem Steinfußboden genächtigt, mußte auch tatsächlich einmal das Zimmer mitten in der Nacht verlassen, weil nichts zum Überziehen da war, und ich fror in meinem T-Shirt. Immer wenn ich sonst wach wurde (weil etwa die am Boden anliegenden Hüftknochen anfingen zu schmerzen), nahm ich einen kleinen Schluck Whisky, rauchte vielleicht auch eine Zigarette am Fenster und verwünschte all die, denen sie wohlgesonnen, maßen ich scheinbar der einzige, dem sie’s nicht ist. Ja, eine quasi Mutter-Verlassenheit, die ich stets verneine, jedoch nie so sehr, als daß nicht doch ein Fünkchen Wahrheit dahinter steckte. Insofern wäre „pueril“ durchaus treffend für meine „Bockigkeit“. Auch deshalb war mir ja der Gedanke gekommen, ich könnte diesem Puerilen nur dadurch entwachsen, indem ich endlich wieder allein für mich verantwortlich lebe. So daß ich endlich auch wieder Fehler begehen kann, für die ich selber einstehen muß. Hierzu Sloterdijk wieder mal: „Wo jeder der andere ist und keiner er selbst, ist der Mensch um seine Ekstase betrogen, um seine Einsamkeit, seine eigene Entscheidung, seinen Direktbezug zum absoluten Außen, dem Tod.“ (Weltinnenraum des Kapitals, S. 270). Ich habe diesen Satz insofern auf mich bezogen, als die meisten Diskussionen im Hause darauf hinaus laufen, daß nicht „Ich“ die höchste Instanz zu sein habe, sondern das „Paar“, wobei ihr Handeln und Tun stets letzterem zugewandt sei, meines hingegen ausschließlich ersterem. Das mag sein. In der Tat wunderte ich mich zu unseren Anfangszeiten einmal verbal ihr gegenüber darüber, daß sie keiner Leidenschaft fröne (dummerweise sagte ich „Hobby“), sondern so gänzlich entweder für ihre Familie (wir wohnten noch nicht zusammen) oder für ihre Arbeit da sei, also keine Sphäre habe, in der sie sich verlieren könne. Noch heute wird mir dies zuweilen mit spitzen Bemerkungen vorgehalten, etwa wenn sie irgendein Projekt beschreibt mit dem beiläufigen Hinweis, dies sei nun endlich ihr Hobby.
Um sieben Uhr morgens beschloß ich, doch noch das Bett aufzusuchen, in dem ich schlafend bis halb 11 eine ohnmächtige Zeitlosigkeit verbrachte. Beim Aufwachen fand ein leeres Haus vor, ein Umstand, dem der schwindelnde Kopf durchaus etwas Angenehmes abgewinnen konnte. Der Schwindel ging weiter, als ich anfing zu arbeiten, die Seiten auf dem PC finden an zu schwimmen, sobald ich die Tastatur betätigte. Es war ein merkwürdiges Gefühl anfangs, das aber dann doch endlich nachließ. Auch nahm ich wieder eine vernünftige Mahlzeit zu mir (die letzte hatte ich vorgestern Abend mit der Carbonara (gestern aß ich insgesamt nur 3 Joghurts).
Irgendwann am Nachmittag kam sie wieder heim (und wie gern würde ich jetzt Cummings zitieren: „your homecoming will be my homecoming“, aber es paßt so gar nicht: einst schon, das ja…), klopfte an meiner Tür, entbat mir einen Guten Tag, nahm meine Information entgegen, ich hätte schon gegessen, und schloß wieder die Tür. Ein paar Mal sahen wir uns im Vorübergehen. Möglich, daß wir später zusammen das Abendessen einnehmen.

… und wie doch so manches sich dem hinbiegt, was Ko-TB-Schreiber —> Paul Reichenbach zu berichten weiß aus seiner Ehe: da haben wir uns gut zusammengefunden!

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