Arbeitsjournal. Mittwoch, der 8. 11. 2006.

5.50 Uhr:
[Villa Concordia Bamberg.]
Bis nach eins mit den anderen Künstlern beisammengesessen, was ich eigentlich nicht vorhatte, sondern wäre nach >>>> Louise Welshs Lesung lieber an die Elegie gegangen. Aber dann sprach man so gut miteinander, dann schmeckte das Bier zu gut… Jetzt muß ich schauen, ob ich heute nachmittag tatsächlich mit >>>> Zchorsch in diese nahegelegene Saunawelt fahre, wozu wir verabredet sind, oder nicht doch besser hier über der Elegie hockenbleibe, die gerade so gut läuft. Zudem wird heute vormittag die hiesige Putzfrau erscheinen und das Studio reinigen, was auch ziemlich nötig ist (ich werd dann parallel auf dem Schreibtisch Ordnung schaffen); doch bedeutet das ebenfalls eine Arbeitsunterbrechung. „Gönn dir doch mal einen Tag Ruhe, relaxe“, sagte >>>> meine Nachbarin gestern in der Kneipe, „man muß auch mal ausspannen“ – ein Satz, den ich noch nie für richtig befunden habe. Dennoch ginge ich gerne mit nachher, ich liebe Saunen, und es wäre eine greifbare Erinnerung daran, wieviel Sport ich immer getrieben habe und daß ich das dringend wieder tun sollte. Dann fiele auch das Nichtrauchen leichter. Egal und mal sehen.
Jedenfalls die Elegie: sie windet sich nun um ganz andere Bereiche, Musik kommt vor, mehr aber nicht; und wenn ich sie thematisch hineinholen will, lande ich eigentlich immer bei den Pettersson-Langzeilern und habe das Gefühl, „es“ sowieso schon gesagt zu haben und mich nur zu wiederholen. Jetzt folge ich deshalb einfach dem Fluß; das war ohnedies die Bewegung der Elegien von Anfang an, hat freilich auch zu entsprechender Kritik, etwa Zschorschs, geführt. Ah ja, am Abend bin ich, halbprivat, mit >>>> dem Direktor der Concordia unterwegs; es wird ebenfalls um die Elegien gehen, die ich doch gerne in der hiesigen Buchreihe sähe; und ich habe immerhin >>>> Dielmann dafür interessieren können, sie editorisch zu betreuen und insgesamt in sein Programm zu nehmen. Zeigt G., der Direktor, seinerseits Interesse, will Dielmann auf einen Tag von Frankfurtmain herkommen. Dann sollen sich die beiden beschnüffeln und entsprechend planen. Außerdem muß ich mit G. die neue Situation besprechen, daß ich wegen der kommenden Zwillinge ganz sicher ab Dezember werde n o c h öfter zwischen Berlin und hier hin- und herreisen müssen; daß ich mir der Tatsache wohl bewußt bin, es handle sich bei dem Jahresaufenthalt in der Concordia um ein Präsenzstipendium; aber ich zeigte doch sicher Präsenz g e n u g, und das, was nun geschehen ist und auf mich zukommt, war, als ich den Aufenthalt annahm, nicht vorherzusehen. Jedenfalls darf ich – und jetzt schon gar nicht – das Grundeinkommen nicht riskieren, das mir der Bamberger Aufenthalt sichert. Übrigens hatte ich die Idee, noch einen kommenden jour fixe mit einer Langlesung zu bestreiten: wie schon einmal in Berlin nämlich den kompletten >>>> Dolfinger-Roman vorzutragen, am Stück, acht Stunden lang… entweder über Tag oder über eine ganze Nacht. Man soll dann Wein und Schnittchen reichen. Das gibt kein Honorar, da sämtliche Veranstaltungen für die Villa Concordia laut Vertrag mit dem Stipendium abgegolten sind; doch hab ich einfach L u s t dazu.
(War nicht leicht eben aufzustehen; leichter Kopfschmerz von Bier und Blei in den Knochen, wahrscheinlich von der Maische. Draußen ist’s stockduster, hat aber was von Lack, und kein Nebel ist. Die dunkle Jahreszeit ist entschieden nicht die meine, ich werd „jahreszeitenfühlig“ mit den Jahren. Nun sitz ich aber erstaunlich klar hier und hab auch Lust, etwa zu tun.)
Guten Morgen, Leser.

11.50 Uhr:
Es läuft derart vorzüglich mit dieser Elegie, daß ich mir den Saunabesuch nun d o c h gönne. Ich kann ja d o r t zu Mittag schlafen. Außerdem nehme ich eh das Notizbücherl mit und zwei Bleistifte. (Vorhin kam mir der Gedanke, nunmehr s o zu titeln, und die Elegien selber „Gesänge“ zu nennen; also n i c h t „Die erste Elegie“ usw., sondern „Erster Gesang“, „Zweiter Gesang“ usw. Das ist schön, weil es nicht nur Rilke assoziiert, sondern auch auf Dante anspielt und die Musik insgesamt hineinnimmt:



Das bleibende Tier.
Bamberger Elegien.

Erster Gesang.
Zweiter Gesang.
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Dreizehnter Gesang.


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