B.L.’s 12.11. – Spiegeldasein

21.26
Spiegeldasein. „Ich rede nicht mit dir, weil ich versuchen muß zu leben.“ Spiegeldasein. „ Ich erzähl dir nichts mehr, weil ich mit mir zurecht kommen muß.“ Spiegeldasein. „Du denkst, daß sei eine Strafe.“ Spiegeldasein. „Ich weiß nicht mehr, was ich sagen darf, ohne daß Katastrophen entstehen.“ Spiegeldasein des Ich-sage-nicht-daß-ich-genau-dasselbe-denke. Spiegeldasein des Ich-bin-weil-du-bist-und-darum-bist-du. Spiegeldasein des Du-bist-mein-Trotzdem. Spiegeldasein des Sich-Verschweigens. Spiegeldasein. Ein jeder zeigt sich die Hinterseite. Umdrehen! Es ist nich alles am Arsch. Wie in dem Sonett von Belli:

Die Erschaffung der Welt

Als Jesus Christ die Welt am Kneten war,
den Teig zum Kneten, den gab es da schon,
grün sollt’ sie sein, und groß und rund, nicht wahr,
wie eine Melone, ein Luftballon.

Er macht’ die Sonn’, den Mond, den Globus, klar,
und Sterne zuhauf, ‘ne Quintillion:
drauf Vögel, Tiere und der Fische Schar:
pflanzt’ die Pflanzen und sprach: “Genug davon!”

Ach ja, er erschuf ja auch den Menschen,
und dem Mann das Weib, Eva und Adam;
„Finger weg vom Apfel!“, drohte sein Ruf.

Doch als er sah, daß sie ihn aßen, barsch
brüllt’ er da, weiß Gott, ganz laut und stramm:
„Ihr kommenden Menschen, ihr seid am Arsch“.

P.S. Ich drücke Adrian die Daumen!

7 thoughts on “B.L.’s 12.11. – Spiegeldasein

    1. Na, ich habs ja auch nie postuliert, dass Jesus Christus Schöpfergott war. Steht ja nur obendrüber. Ohne dass es mir eingängiger wird.
      Mir gefällt der Gedanke, dass Brahma mal kurz eine Schöpfung gemacht hat, dann gedacht, okay, das Beste, was ich zu geben hatte, ich zieh mich wieder zurück, toller kanns nicht werden; und überlass mal Shiva das Feld. Mit seinen ganzen Energien. Tanz. Auf dem Zwerg. Alles fällt in Scherben. Aber Jesus? Ist doch eine ganz andere Qualität.

  1. Hier zur Ergänzung, ich fand es sehr interessant , Pounds Christus-Bild. Ballad of the Goodly Fere

    (Fere = Mate, Companion)

    SIMON Zelotes speaketh it somewhile after the Crucifixion
    Ha’ we lost the goodliest fere o’ all
    For the priests and the gallows tree?
    Aye lover he was of brawny men,
    O’ ships and the open sea.
    When they came wi’ a host to take Our Man
    His smile was good to see,
    “First let these go!” quo’ our Goodly Fere,
    “Or I’ll see ye damned,” says he.
    Aye he sent us out through the crossed high spears
    And the scorn of his laugh rang free,
    “Why took ye not me when I walked about
    Alone in the town?” says he.
    Oh we drunk his “Hale” in the good red wine
    When we last made company,
    No capon priest was the Goodly Fere
    But a man o’ men was he.
    I ha’ seen him drive a hundred men
    Wi’ a bundle o’ cords swung free,
    That they took the high and holy house
    For their pawn and treasury.
    They’ss no’ get him a’ in a book I think
    Though they write it cunningly;
    No mouse of the scrolls was the Goodly Fere
    But aye loved the open sea.
    If they think they ha’ snared our Goodly Fere
    They are fools to the last degree.
    “I’ll go to the feast,” quo’ our Goodly Fere,
    “Though I go to the gallows tree.”
    “Ye ha’ seen me heal the lame and blind,
    And wake the dead,” says he,
    “Ye shall see one thing to master all:
    ‘Tis how a brave man dies on the tree.”
    A son of God was the Goodly Fere
    That bade us his brothers be.
    I ha’ seen him cow a thousand men.
    I have seen him upon the tree.
    He cried no cry when they drave the nails
    And the blood gushed hot and free,
    The hounds of the crimson sky gave tongue
    But never a cry cried he.
    I ha’ seen him cow a thousand men
    On the hills o’ Galilee,
    They whined as he walked out calm between,
    Wi’ his eyes like the grey o’ the sea,
    Like the sea that brooks no voyaging
    With the winds unleashed and free,
    Like the sea he cowed at Genseret
    Wi’ twey words spoke’ suddently.
    A master of men was the Goodly Fere,
    A mate of the wind and sea,
    If they think they ha’ slain our Goodly Fere
    They are fools eternally.
    I ha’ seen him eat o’ the honey-comb
    Sin’ they nailed him to the tree.

    Ezra Pound

    Die Übersetzung von Eva Hesse.

    Die Ballade vom Stattlichen Gefährten

    Simon Zelotes spricht sie eine Weile nach der Kreuzigung

    Haben wir den stattlichsten Gefährten von allen verloren
    an Priester und Galgenbaum?
    Freilich, er liebte kraftvolle Männer,
    Schiffe und das offene Meer.

    Als sie mit einer Schar kamen, um unseren Mann zu holen,
    tat uns sein Lächeln gut.
    «Laßt diese erst ziehen!« sprach unser Stattlicher Gefährte.
    «Oder ihr sollt verdammt sein«, sagt er.

    Fürwahr, er schickte uns hinaus durch gekreuzte hohe Lanzen,
    und hell klang die Verachtung in seinem Lachen.
    «Warum ergrifft ihr mich nicht, als ich allein
    in der Stadt umherging?« sagt er.

    Ja, wir tranken auf sein «Wohl« mit dem guten roten Wein,
    als wir zuletzt zusammenwaren.
    Kein entmannter Priester war der Stattliche Gefährte,
    er war vielmehr Mann unter Männern.

    Ich hab’ ihn hundert Mann vor sich hertreiben sehen
    mit einem kraftvoll geschwungenen Bündel von Seilen,
    weil sie das hohe und heilige Haus
    für ihre Pfand- und Wechselge-schäfte benutzten.

    Sie können sein Wesen nicht mit einem Buch erfassen, denk’ ich,
    und wenn sie es auch noch so kunstvoll schreiben.
    Er kramte nicht in Schriftrollen, der Stattliche Gefährte,
    sondern liebte das offene Meer.

    Wenn sie denken, sie haben unseren Stattlichen Gefährten
    gefangen, so sind sie überaus große Narren.
    «Ich gehe zum Fest«, sprach unser Stattlicher Gefährte,
    «obgleich ich zum Galgenbaum geh’.«

    «Ihr habt mich die Lahmen und Blinden heilen sehen
    und die Toten auferwecken«, sagt er,
    «ihr werdet etwas sehen, das alles übertrifft:
    ,s ist, wie ein beherzter Mann stirbt am Baum.«

    Ein Sohn Gottes war der Stattliche Gefährte,
    der uns hieß, seine Brüder sein.
    Ich hab’ ihn tausend Mann in Atem halten sehen,
    ich hab’ ihn am Galgen gesehen.

    Er schrie nicht auf, als sie die Nägel einschlugen
    und das Blut heiß und in Strömen floß;
    die Hunde des roten Himmels heulten auf,
    aber nicht einen Schrei stieß er aus.

    Ich hab’ ihn tausend Mann in Atem halten sehen
    auf den Hügeln von Galiläa;
    sie wehklagten, als er gelassen durch sie hindurchschritt
    mit Augen wie das Grau des Meers.

    Wie das Meer, das nicht zu befahren ist,
    wenn die Winde entfesselt sind und frei,
    wie die Wasser, die er zähmte bei Genezareth
    mit zwei Worten, plötzlich gesprochen.

    Ein Herrscher über Menschen war der Stattliche Gefährte,
    ein Genosse des Windes und des Meers;
    wenn sie meinen, unseren Stattlichen Gefährten erledigt zu haben,
    sind sie Narren auf ewige Zeiten.

    Ich hab’ ihn von der Honigwabe essen sehen,
    seit sie ihn an den Galgen schlugen.

    1. Dieser Stattliche Gefährte ist von Michelangelo.

      Den Christus als Weltenschöpfer sehe ich allerdings in einem anderen Zusammenhang. Man muß sich das klerikale Rom vorstellen mit all dem religiösen Budenzauber, so daß es in diesem Holywood bald schon völlig egal ist, ob Burt Lancaster oder Brad Pitt die Welt erschafft: Es ist eh’ alles eins bei der Trinität.

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