Paul Reichenbachs Dienstag, der 14.November 2006. Aus dem Ärmel gezittert.

>>>„Ich weiß, du hättest gern eine Bewunderin, aber das kann ich nicht sein.“
schrieb Bruno gestern in sein Tagebuch. Einen ähnlichen Satz höre ich seit Jahren. Und er blockiert mich. Ich habe Wohnungen renovieren gelernt, Fahrräder repariert.20 Jahre Essen gekocht, und mich nur um meine Interessen unter Zeit – und Rechtfertigungsdruck kümmern können. Selbst Schuld – wird man mir wohl einmal sagen. Dort , wo ich eine neue Tulpensorte in Schwung bringe.

Bin Vater nur in ihren Augen
Zu selten ward ich ihr zum Mann

Es war Angst die sie und mich regierte
Im fremden Kreis das Leben nicht zu fassen
In dem das Kind nun gehen lernen sollte
Wo Sorge ihm zur Amme wurde
Die er der Mutter schnell verzieh
Dem Vater wird er’s nie vergeben.
Der lebt nun hin mit seiner Schuld
Und späten Last der Lust der jungen Jahre
Denn früh schon, als Auroras Kuss
Ihn weckte glühte er raketengleich
Und flog ins All. Irrlichter
Aus Jahrtausendfernen lockten
Wo kein Grund mehr ist und nirgend Hall

5 thoughts on “Paul Reichenbachs Dienstag, der 14.November 2006. Aus dem Ärmel gezittert.

  1. Ich will’s mal umkehren: n i c h t bewundert werden will ich dafür, dass ich drei Kinder im Großen und Ganzen allein aufziehe, denn es gehört zu den Selbstverständlichkeiten des Mutterseins, das irgendwann da war; auch nicht dafür, mir “nebenher” eine neue, oder überhaupt eine Arbeitsumgebung geschaffen habe, die so wenig Entfremdung als möglich mit sich bringt, und dabei Ganztagsarbeit wie Kinderhaushalt zu vereinbaren; und noch nicht mal dafür, auch Zeit für mich zu haben – denn das B e w u n d e r n fühlt sich in meiner Vorstellung an wie ein *Auf den Podest gehoben sein*, solches hab ich erlebt, ich fühlte mich gefangen darin.

    Vielleicht wäre Begeisterung ein angebrachteres Wort; aber da werde ich wieder erinnert daran, dass ich unfähig war zur ausdauernden Begeisterung für einen Menschen, der sie so sehr gewünscht, gesucht hätte und an meinem Mangel daran verzweifelt ist.

    Und wenn ich’s genau betrachte, so hat dieser in uns allen wohl sitzende Wunsch damit zu tun, e r k a n n t zu werden. Das aber ist ein höchst seltenes, umso kostbareres Gefühl.

    1. “erkannt zu werden” – das ist sehr schön gesagt. Und wäre auch das, was ein Jeder wohl sucht. Denn es geht ja nicht darum, bewundert werden zu wollen, sondern um die Vorstellung des anderen, der andere wolle bewundert werden. Was eine weitere Umkehrung ist.

    2. Begeisterung für den anderen. Tut da not, wo er andres, als das, was er leistet, nicht i s t: also k a n n er nicht ‚erkannt’ werden, nicht anders jedenfalls, persönlich, als im Geschlechtsakt, der b e i d e r Ichgrenzen schließlich momentan aufhebt, auf, ja. In den übrigen Zeiten wird er leisten, und gelingt’s ihm, entspräche Bewunderung einer Art distanziertem Respekt. Das kann es nicht sein, wenn’s i h n berühren, ihm g u t t u n soll; sondern die B e g e i s t e r u n g ist es. Sie überträgt, was der Arbeit gilt, auf die Person, die ohne diese Arbeit gar nicht wäre. Begeisterung sagt: Deine Arbeit (dein Ich) hat mich entzündet. Bewunderung bleibt hingegen kühl (nämlich beim Bewundernden) und wird deshalb immer etwas Schales haben und als Schales, irgendwie Unwahres, auch gefühlt werden. Begeisterung hingegen wird f ü l l e n.
      Jemanden, im übrigen, zu erkennen – ein biblisches Idiom -, bedeutet, er sei auch etwas außerhalb der Arbeitsbestimmung (‚Arbeit’ hier jetzt sehr weit gefaßt), also ein Ich jenseits seiner Wirkung. Das setzte Ichs voraus, die monadisch abgeschlossen sind und letztlich nicht kommunizieren (können). Solche Ichs gibt es nicht. Deshalb ist schon der Ansatz, jemanden selbst erkennen (jemanden ‚ seiner selbst wegen’ lieben) zu können, grundirrtümlich und allenfalls ein Postulat, das religiösen Ursprungs ist: dazu da, Religion zu konservieren.

  2. Lieber Paul Für das Tagebuch , nimm es mir nicht krumm, mag der Versuch die eigene Lage elegisch zu reflektieren gelten. Wenn Du aber in diesem Genre vorankommen willst, dann musst Du genauer arbeiten. So solltest Du konsequenter Versmaße beachten oder in freien Rhythmen Deine Klage gestalten. Das ganze hier wirkt wie ein zufällig entstandener Torso. Zufällig deshalb, weil ein Fragment, ein Bruchstück durchaus auch vollkommen sein kann. Diese fragmentarische Vollkommenheit fehlt Deinen Zeilen. Du musst Dich z.B. entscheiden, ob Du vom Kind oder vom Jungen sprichst.

    Mit großer Sympathie
    Dein montgelas

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