Paul Reichenbachs Dienstag, der 12. Juni 2007. Abschweifungen.

Abschweifungskunst. War Jean Paul der Großmeister der Abschweifungskunst, so ist B.L. sieht man einmal von Friederike Mayröckers Lyrik ab (Thomas Kling meint über ihren Gedichten den Geist des Wunsiedlers schweben!), einer seiner gelehrigsten Meisterschüler. Nun steht ihm , wie wir in den letzten Monaten lasen, in seinem schreibenden Lebensversuch, dies unterscheidet ihn von Jean Paul, kein treusorgendes Weib zur Zeit bei, das ihn stützt. Es wäre ihm zu wünschen, dass er eines fände, das mit ihm jandlte bis die Balken sich biegen.
Ein fürstlicher Förderer wie >>>Carl Theodor von Dalberg, der das fränkisch-aufgeklärte Großhirn mit der warmen Seele großzügig finanziell unterstützte, fehlt Bruno. Die Zeit solcher Fürsten ist halt vorbei und Kleinkrämer, die auf Herrscherlob erpicht sind, haben sich der Throne bemächtigt. Das einzig Gemeinsame, das Dalberg mit den heute Mächtigen noch verbindet ist sein Kampf gegen das Tabakrauchen. So lässt Dalberg, per Verordnung ein Rauchverbot auf öffentlichen Plätzen, Straßen, Alleen und in Anlagen innerhalb der Stadt Aschaffenburg ergehen. Einer seiner Ministerialen schreibt im Vorfeld dieser Verordnung im Aschaffenburger Intelligenzblatt vom 2. Mai 1804 folgendes: „… eben so unanständig als gefährlich ist es, und es belästigt den größeren Theil des Publikum, welcher entweder nie – oder doch an solchen Orten nicht raucht, und stört den Genuss jener, die einige Stunden ihrem Vergnügen widmen wollen.“ Ich sehe es dem späteren Fürstprimas der Rheinbundstaaten nach und vermute, dass die damals allgemein herrschende Brandgefahr die eigentliche Ursache für das Rauchverbot gewesen ist.

Zu loben ist >>>Dalberg nicht nur wegen der Förderung Jean Pauls, sondern vor allem wegen seiner Einführung des Code Napoléon, der ab 1. Januar 1811 in „Unsern Landen“ als „allgemeines bürgerliches Gesetzbuch anzusehen sey.“ Die Einführung einheitlicher Längen- und Flächenmaße in den Rheinbundstaaten ist ihm auch zu danken. Dalberg, ebenso wie sein Freund Jean Paul, mochte die Turnväterei nicht und unterwarf sich ihr auch dann nicht, als die völlige Niederlage des Kaisers in Leipzig absehbar wurde. Er vermachte sein Großherzogtum Frankfurt dem König von Rom, dem Sohn Napoleons und der Kongreß in Wien lachte schallend und überheblich darüber. Noch während ganz Wien tanzte, der sächsische König war auf Betreiben des Freiherr vom Stein noch in Haft und Montgelas wurde in Baiern weggeputscht, starb Dalberg. Kurz nach seinem 73. Geburtstag. In seinem Geburtstagsgruß an den ehemaligen Primas von Deutschland schreibt Jean Paul: „ Seine vergangenen Tage sind Alpenhöhen; wie Hirtenflöten von diesen, tönen Danksagungen von jenen zu Ihm herüber.“
In einem Gedicht einer Henriette Marianne von Montenglaut heißt es über Dalberg:
„Liebe“ wird die goldne Erndt’ umschweben
Ob auch mancher Keim der Wahn zertrat!
Berge wird sie, Wolken einst erstreben
Reiche Frucht der nichtverstandnen Saat.

Die Verse entstanden 1826 und die Saat eines einigen und aufgeklärten Europas verkümmert auf Gipfeln und in EU-Amtsstuben. Auf was ich so alles komme beim Nachdenken über Brunos Abschweifungskunst. Er wird es mir nachsehen, hoffe ich.
Nachtrag: Im ganzen Netz, liebe Leser, fand ich keinen objektiven Link zu Carl von Dalberg. Der Wikipediaeintrag ist von schmählicher Parteilichkeit geprägt. Er wird in keiner Form dem Wirken des Aufklärers und Politikers Carl Theodor von Dalberg gerecht.

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