Arbeitsjournal. Sonnabend, der 22. September 2007.

5.03 Uhr:
Nachdem nachmittags mein Junge hierwar und wir lernten, war mit der Arbeit nicht mehr viel So wurde der Requiems-Text dann doch noch nicht fertig, und ich muß/will gleich daran. Immerhin ist das jetzt der letzte Schritt zur Zweiten Fassung der BAMBERGER ELEGIEN; alles, was danach kommt, muß endgültig sitzen, wenn das Buch zur Leipziger Messe dasein soll.
Als ich eben herradelte, fiel mir auf, wie anders meine Arbeit geworden ist, seit ich mich mit Lyrik beschäftige, etwa wie niederfrequent ich seitdem in Der Dschungel arbeite: in den Arbeitspausen, zwar, wie früher mehrmals am Tag ein Eintrag, nicht aber während der Arbeitsphasen In der Romanprosa ist neben der permanenten Konstruktion oft alles Rausch, oft ist’s auch sie; multi tasking stört sie nicht, sondern heizt den Imaginationsraum noch auf, es g ä r t vor Einfällen, und solche, die sich nicht in den Roman einfügen wollen, werden simultan in Die Dschungel gestellt, simultan auch ausdiskutiert. Die Arbeit an Gedichten, hingegen, ist eine melancholische, manchmal verbissene wie bei Romanstellen, über die es momentan nicht hinauszugehen scheint; die Gedichte sind, g a n z anders als die Prosa, auf Abschied gestellt, Prosa will immer ein Weiter, immer Zukunft; dieses Abschiedshafte durchwirkt auch die BAMBERGER ELEGIEN, nicht nur die kürzeren Gedichte; es sind Rückblicke, die nicht nur dem Einfall in den Schoß blicken, sondern tatsächlich aus der Erinnerung leben, während der Roman deutlich nach vorn blickt, jedenfalls, wenn i c h einen schreibe. Mir kommt es momentan deshalb so vor, als wäre der Roman ein jugendliches Sujet und das eines Menschen mitten im Leben; das Gedicht hingegen scheint mir dem Alter zuzugehören, einer bestimmten Art von Gereiftsein, die bereits den Verfall spürt und zumindest beginnend herbstlich ist.
Das alles ist vage, ich weiß, und drückt auch nur das Gefühl aus, das ich eben beim Herradeln hatte und deshalb, weil ich momentan so wenig dazu komme zu kämpfen, literarisch durchzukämpfen, was ich ja doch immer wieder als Provokation und Denkansatz in Die Dschungel stelle. Zumal ich weiß, also: davon überzeugt bin, daß sich das sofort dann wieder ändern wird, wenn ich die Arbeit an ARGO zur DF aufnehmen werde; auch, wenn ich die Heidelberger Vorlesungen schreiben werde. Ich bin 52 ½ und Vater, zumal zwei Säuglingen Papa, da ist die Zeit fürs Altwerden nicht. Da m u ß man wieder in die Prosa. „Das hat etwas von Vermächtnis“, hat Katanga gesagt, als ich ihm neulich aus den Elegien vorlas. In mir war ein eigentümliches Einverständnis mit diesem Satz; jetzt, soeben, kommt mir das verdächtig vor. Aber es wird mit den Inhalten der Elegie zu tun haben, mit ihrem Zusammenfassenden, – und wohl auch damit, daß jetzt das Requiem schon als Arbeitsvornahme aus lauter letzten Sätzen besteht, die einer in ein Grab spricht.

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