es war ein sommer, die hitze stand schon früh am morgen auf der dachschräge unseres kinderzimmers. für uns zwillinge brach die ferienzeit an, was für mich bedeutete, dass ich auf meine kleinen geschwister aufzupassen hatte. als ich morgens die treppe hinunterging, um nach meinem kleinen bruder zu schauen, sah ich hinter unserer toreinfahrt die bauarbeiter. sie begannen den fußweg genau vor dem kleinen eingangstürchen aufzubohren und aufzugraben… erst mit einem presslufthammer, dann mit hacke und schaufel. was ich registrierte, war, dass die mutter sehr früh am zaun stand, und sich mit den bauarbeitern unterhielt. sie brachte ihnen später auch ein frühstück. die männer durften hinten bei uns auf den hof. sie saßen auf der alten lederbank im schatten, aßen und tranken ihren kaffee aus den weißblauen emaillebechern, die eigentlich uns kindern gehörten. am mittag stand meine mutter immer noch an dem zaun. mein vater war nicht da. am späten nachmittag erschien plötzlich einer der bauarbeiter mit einer großen schale süßigkeiten in der wohnungstür. er hatte unten nicht geklingelt… oben an der tür gab es keine. er stand einfach in der tür, ging zum tisch, stellte die schale mit den süßigkeiten darauf. „das ist für euch.“ sagte die mutter, und schloß die tür von draußen. der bauarbeiter ging mit ihr. wir kinder stürzten uns sofort darauf. ich aber hatte ein dumpfes gefühl im bauch, fragte mich: „wo ist der hin?“ auf zehenspitzen ging ich zur tür, öffnete sie leise… hörte komische geräusche aus dem schlafzimmer meiner eltern. das gefühl in mir kroch in meinen magen, ich ging wieder. ging wieder in die küche, schloss die tür, achtete darauf, dass keines von meinen geschwistern flitzen gehen wollte, womit ich nicht viel mühen hatte, sie waren mit den süßigkeiten beschäftigt. die mutter tauchte nicht wieder auf, auch nicht, als es zeit wurde, zu abend zu essen. also bereitete ich für meine geschwister das essen (ich war sieben jahre alt), so gut ich konnte. mein zwillingsbruder bekam eine scheibe brot mit leberwurst, die beiden kleinen die flasche. dann wickelte ich erst den kleinen bruder, dann die kleine schwester, und brachte beide ins bett. erst spät, ich weiß, dass es schon dunkel war, im sommer wird es immer erst sehr spät dunkel, ging ich mit meinem zwillingsbruder schlafen. wir legten uns in ein bett, konnten aber beide nicht einschlafen, weil wir in die nacht horchten. wir warteten auf die mutter. es rührte sich nichts.
wie lange ich wachlag, weiß ich heute nicht mehr. ich hörte plötzlich laut polternde geräusche draußen auf dem flur, dann ging die tür zu unserem kinderzimmer auf: „du musst mir helfen, du bist die älteste.“ sie holte mich aus dem bett, ich brauchte eine weile, bis ich die situation erfasste. dieser mann saß oben im flur auf der obersten treppenstufe. er konnte sich kaum halten, weil er betrunken war. er stank nach alkohol. der flur lag im halbdunkel der brennenden nachttischlampe, die durch die geöffnete schlafzimmertür leuchtete, deshalb konnte ich sehen, wie zusammengesackt er da saß. die mutter nahm sich einen besenstiel aus der besenkammer im flur, schraubte den besen ab, und hielt mir das eine ende hin. „wir müssen den die treppe runterkriegen, du musst kräftig zustoßen.“ ich tat, was meine mutter mir gesagt hatte, ich stieß, so gut ich konnte. er knallte 25 stufen die treppe runter. ich konnte den besenstiel nicht loslassen: „lass endlich los, er ist doch weg“ schnauzte sie mich an. sie ließ mich stehen, ging einfach in ihr schlafzimmer und schloss die tür. ich ging wieder in unser kinderzimmer, legte mich zu meinem bruder ins bett: „ist er weg?“ “ja.”