zum schreiben….

….. kam ich diese woche nicht. jeden abend erst sehr spät aus dem büro, viel arbeit, noch mehr auseinandersetzungen mit der kollegin, aber auch in bezug auf meine arbeitsweise ein schön positives feedback vom chef. die kollegin bekam vorgestern von ganz oben eins auf’s dach, wahrscheinlich blieb deshalb auch die tür zu ihrem büro den ganzen tag geschlossen, was mir sehr gut tat, weil ich mich auf meine arbeit konzentrieren konnte.
meine tochter liegt im krankenhaus, ich fuhr heute vormittag zu ihr, um nach dem aufwachen aus der narkose bei ihr zu sein, aber am späten nachmittag noch einmal nach hause, um nach meiner entscheidung, das wochenende bei ihr zu verbringen, noch sachen einzupacken. die 150 kilometer für eine strecke sind in 1 ½ stunden gefahren. ich übernachte bei meiner schwester, kann mir so gleich ihre neue wohnung ansehen, und die tage bei meiner tochter im krankenhaus verbringen. das ergebnis der operation stellt sich nun doch ganz anders dar, als es uns vorher signalisiert wurde. sie müsste künftig nicht nur ein für sich hohes gesundheitliches risiko eingehen, wenn sie ein kind haben wollte. das ist für meine tochter eine ganz schlimm wirkende nachricht, weil sie so gerne kinder möchte. sie weint viel und sehr. am nachmittag fuhr meine schwester zu ihr, und am abend mein bruder. ich setze mich jetzt ins auto und fahre wieder zu meiner schwester, bin aber morgen ganz früh im krankenhaus, bei meiner tochter.
den morgigen abend werden wir geschwister gemeinsam verbringen, mein bruder hat geburtstag. er steht jetzt schon in der küche, er kocht so gern. ich habe ihm zwei gute zigarren gekauft, und einen sehr guten wiskey. wer 16 stunden täglich sieben tage die woche schuftet, darf sich ruhigen gewissens mit einem sauteuren wiskey die birne zusaufen. wir haben uns für ihn eine schöne überraschung ausgedacht und ihm ein wochende bei einem nicht nur in deutschland berühmten koch gebucht. er wird sich sehr darüber freuen. am sonntag werde ich dann mit meiner schwester zusammen zu meiner tochter in die klinik fahren, wir wollen gemeinsam mit ihr in ihrem zimmer an ihrem bett frühstücken. das mußten wir bei den ärzten zwar durchsetzen, war uns aber egal. sie liegt in einem einzelbettzimmer in einer privatklinik, da darf man auch ruhig mal andere ansprüche an das zeitlich zu verbringende kontingent während des notwendigen aufenthaltes stellen. mit einem arzt allerdings habe ich mich heute morgen angelegt, er hatte ihr nämlich die braunüle nicht richtig in die vene eingeführt. als ich die milchig glasige hautoberfläche um die braunüle herum sah, war mir klar, daß diese nicht richtig lag. die flüssigkeit lief ins gewebe und nicht in die vene. „woher wollen sie wissen, daß die braunüle nicht richtig liegt?“ „das sehe ich.“ „ach, haben sie studiert, oder ich.“ „sie nehmen jetzt da oben den flüssigkeitsbehälter vom haken, halten ihn auf den boden, wenn blut durch die braunüle in den schlauch zurückfließt, liegt sie richtig, wenn nicht, nicht.“ es kam kein blut… er durfte einen neuen zugang legen.
meine schwester grinste: „du bist genau so ein klugscheisser wie ich.“ „hättest du anders gehandelt?“ „nee… natürlich nich.“ und das schmerzmittel konnte im körper meiner tochter dann endlich wirken. überhaupt bin ich eine für ärzte ganz unbequeme patientin im krankenhaus, weil ich nicht alles fraglos mit mir machen lasse.
ja… da werde ich die nächste zeit viel mit meiner tochter verbringen. auch meine schwester hat sich dazu bereit erklärt, für sie da sein zu wollen. wir müssen abwarten, wie sich ihr gesundheitlicher zustand die nächste zeit entwickelt. die medikamentöse behandlung beginnt in einer woche, diese wird nebenwirkungen haben, auch aus diesem grund wird sie die nächsten wochen krankgeschrieben.
…. ich lese mir gerade das durch, was ich gerade geschrieben habe, und stelle fest, daß ich garnicht das beschrieben habe, was wirklich ist. ich habe meinen schalter umgelegt. mein kind hat krebs im frühstadium, die heilungschancen sind sehr gut. meine schwester vorhin am telefon: „scheiße, wir sind so abgehärtet. wir reden darüber, als wenn das nichts außergewöhnliches ist.“ „ja… ich muß aber aufpassen, daß ich diese meine eigene härte nicht meiner tochter zumute.“ „leg aber bitte nicht wieder den schalter um.“ „hab ich schon… ich will nicht, daß sie merkt, wie groß meine angst ist.“
meine tochter selbst reagiert ganz eigen: „mama, der krebs geht mir am arsch vorbei. du hast das geschafft, also schaff ich das auch, viel schlimmer ist für mich, daß ich keine kinder mehr kriegen soll.“ sie ist und bleibt eine elfe mit einem dickschädel und einer unglaublichen lebenswut.