Arbeitsjournal. Dienstag, der 23. September 2008.

7.35 Uhr:
[Regen. Keine Musik.]
Ich merke gerade, es geht um >>>> die Reduktion auf Gerüche (Düfte), und zwar wohl, weil sie das erste sind, was wir sinnlich als nicht-wir wahrnehmen und was deshalb als Allerfrühestes in den Erinnerungen hängenbleibt… eben: wie ein Geruch in der Kleidung. Alle Gerüche haben das Inkonkrete eines, das zum Vergessen schon auf der Rutsche steht; gleich setzt es sich, stößt sich leicht ab und – verschwindet. Was in einem bleibt, davon weiß man nicht, ob es eigentlich noch da oder schon fort ist: so viel weniger ist es als etwa ein Echo, das doch auch körperlich nachschwingt. (Der Geruch, der Duft, verbindet die Erinnerungsbilder auch dort, wo sie einander ausschließen: Ich erinner mich, wenn ich von Am Terrarium zur Arbeitswohnung radle und durch die erleuchtete Scheibe bei Hacker nach hintendurch in die Backstube sehe… wo der Meister tatsächlich noch an bemehltem Tisch steht und knetet… ich erinner mich da nicht nur und eben doch von Ungefähr an die Backstube in Souffrière auf S. Lucia inmitten der Tropen, sowas ab drei Uhr nachts duftete es über die lange Balkonbalustrade ins Zimmerchen des Guest Houses hoch: es war derselbe Geruch… auch derselbe, den wir >>>> 2007 während des Hausacher Leselenzes rochen, als wir nachts, geführt von >>>> José Oliver, in die sehr viel größere Stadtbäckerei des Schwarzwaldortes einfielen, in dem ein knappes dreiviertel Jahr später meine Mutter starb. Und wiederum derselbe Geruch in Olevano Romano, 1986, als ich dort lebte für ein Vierteljahr und allmorgendlich vom Berg herabspazierte, um bei der schönen, wirklich wunderschönen Bäckerstochter einzukaufen, mit der ich, der anderen Sprache noch völlig unkundig, mich anders nicht verständigen konnte als vermittels zweier Lächeln: des meinen, wenn ich sie ansah, des ihren, sowie ich in den Laden kam. Außerhalb dieses Ladens, außerhalb dieses Duftes ist sie mir nie begegnet.

11.12 Uhr:
[Jetzt werde ich sterben können ohne Bitterkeit und Zorn, Hector Berlioz zum 115. Geburtstag, Aufnahme aus den 80ern, 4 Cass. (Cass.-„Projekt“, Nr. 59).]
Schön, das wiederzuhören. Bin vollkommen durchweicht hier angekommen: Es war ein Ensemble Fahrkarten zu besorgen; jedenfalls die Reservierung hat geklappt, alles andere ist Sache des Internets und gewisser Boni, die ich bei der Bahn angesammelt habe. Dann noch ein Weg zum Zahnarzt, um die Krankenkassenkarte abzugeben… und wutschfetz riß der Bowdenzug der Rückbremse mitten auf einer Riesenpfütze. Incl. einen fast-Unfall kam ich dann hier an, brachte das Rad hinüber zum Fahrradreparateur und hör jetzt Berlioz’ massive Flüche über den seinerzeitigen Musikbetrieb. Telefonat mit dem WDR verpaßt, weil ich zur Vermeidung einer Grippe unter der Dusche stand und einfach das Wasser an mir hinunterlaufen ließ.

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