letzte nacht…

… war ich in einer sehr langen sequenz mit den folgen einer schlafparalyse, aus der ich mich dieses mal nur sehr schwer lösen konnte. ich lag da, konnte nicht den kleinsten finger oder zeh rühren, nicht atmen, aber das muß man in diesem zustand ja auch nicht. schlafparalyse ist die absolute unbeweglichkeit des körpers während der traumphasen, die normaler weise ohne verzögerung beendet wird, wenn man aufwacht. mein bewußtsein aber wird wach, bevor ich aus dieser sequenz, aus der traumphase raus bin… es passiert regelmäßig, aber dieses mal dauerte es so lange, das ich doch angst bekam. nur mit äußerster willenskraft konnte ich dann nach endlos sich dehnenden sekunden… minuten?, ich weiß es nicht, meinen kleinen zeh bewegen, und mich danach lösen. wie immer um 04.00 uhr, warum eigentlich immer um 04.00 uhr?.
heute morgen rief ich meine freundin, die genau wie ich heute und morgen im büro sein muß, an, und sagte ihr, daß sie um 17.00 uhr ihrem chef sagen solle, daß sie ins krankenhaus müsse. sie fragte: „warum soll ich das tun?“ ich antwortete sehr ruhig: „frag nicht, fahr zu deiner mutter.“ um 19.00 uhr bekam ich eine sms: „sie kämpft seit 1 ½ stunden, sie kann sich nicht lösen, will nicht gehen. bitte, bitte… bete.“ ich tat’s. vor einer stunde rief sie mich an, ihre stimme sehr ruhig, ohne tränen: „ich weiß, es ist jetzt nicht der richtige augenblick, ich will von dir wissen, ob du weißt, wann sie eingeschlafen ist.“ wieder ganz ruhig antwortete ich: „um 19.05 uhr.“ „ja, aber sie ist noch hier, ich fühle es. wir bleiben bei ihr, die ganze nacht. würdest du bitte meinen chef morgen früh anrufen, und ihm bescheid sagen?“ „ja, das tu ich.“
zufall?. nein, nicht für mich. in den letzten vier jahren wurde ich jetzt das elfte mal angerufen, wenn eine seele sich nicht aus dem körper lösen konnte. das erste mal, es ist lange her, da rief man mich nicht, es trieb mich genau um diese uhrzeit dorthin, war eine sehr eigene erfahrung für mich, auch in der nacht davor von einer sequenz begleitet, durch diese den zeitpunkt wissend. im rahmen meiner hospizarbeit half mir das immer sehr, ich durfte den menschen, den ich gerade betreute, beim gehen begleiten, was im umfeld des hospizes immer die frage aufkommen ließ: „wieso wußten sie das?“
eine alte zigeunerin, zu der ich vor vielen jahren ging, schaute mich damals an, und sagte: „und da fragen sie nach ihrer bestimmung?, sie brauchen mich nicht, sie wissen schon alles, ihre großmutter brachte ihnen alles bei.“ darüber, daß sie das so sagte, wunderte ich mich überhaupt nicht, es bestätigte eher.
meine großmutter erkannte sehr früh, daß sie mir etwas vererbt hatte, sie begleitete mich die ersten jahre, weil ich, so jung wie ich war, noch nicht meinem umfeld entsprechend damit umgehen konnte, dafür war ich viel zu unbedarft. vieles war für mich einfach selbstverständlich, weil es eben in mir war, also redete ich auch, was ich mir abgewöhnen mußte, weil die erwachsenen mich die erste zeit für spinnert hielten, was sich wieder revidierte, als ein paar mal, das, was ich in der nacht gesehen hatte, am tage natürlich mir nichts dabei denkend, erzählte, tatsächlich eintrat. meine großmutter lehrte es mich innerhalb kürzester zeit, meinen mund zu halten.
das schlimmste, was ich diese thematik betreffend erlebte, war, daß ich etwas sah, was mich und mein in meinem mutterleib heranwachsendes kind betraf. ich rannte damals von arzt zu arzt… ich konnte ihnen natürlich nicht sagen, was ich in der nacht sah, sie erklärten mich schlichtweg für verrückt, auch im krankenhaus war ich, hatte keine chance…. wie denn auch. in der nacht nach den untersuchungen im krankenhaus stand meine großmutter vor meinem bett, sie weinte, faltete meine hände in ihre: „du kannst nichts tun, auch maria mußte zusehen.“ um 06.00 uhr in der früh wurde ich wach, und wußte, daß das herz meines kindes aufgehört hatte zu schlagen.“ nie hätte ich meine großmutter mehr gebraucht, als in diesem moment. ich ging gleich früh morgens zu meinem arzt: „sie schon wieder?“, als er dann die gurte um meinen bauch legte, das gerät einschaltete, hörten wir nichts, er vermutete, daß es kaputt war, wechselte es, wir hörten immer noch nichts, es war still. zwei tage später erwartete man von mir, daß ich mein kind auf normalem wege gebären sollte, was ich nach einleitung der wehen auch tat. drei nächte später stand meine großmutter wieder vor meinem bett, sie lächelte, hatte ein kind im arm. so groß mein schmerz war, wußte ich, daß es meinem kind gut geht.
ich wußte e s vorher, aber ich konnte e s nicht verhindern. bei meinem kind war ich natürlich sehr versucht, es verhindern zu wollen, aber ich lernte… was es bedeutet, zusehen zu müssen, nichts tun zu können, und, daß am ende aller dinge einfach nur noch die liebe bleibt. wenn man nichts mehr tun kann, kann man immer noch eines tun: lieben, daß dem so ist, lernt meine freundin gerade.
meine großmutter hat mir ein erbe mitgegeben, aber ich bin allein damit, die menschen verstehen e s nicht.