A. D. VIII. Kal. Ian. Anno 2761 a.u.c.

Achter Tag vor den Kalenden. Dies comitialis.
Gestern sei’s den Chaldäern zufolge der kürzeste Tag gewesen. Für mich aber länger als sonst. Und schlief auch länger als sonst. Nämlich mehr als neun Stunden. Nachholbedarf nach den Weckerstellereien der Tage zuvor. Es war dann erstaunlich leicht, in Rom mit dem Auto dorthin zu gelangen, wohin ich wollte, irgendwann endete die schnurgerade Straße an der Pyramide des Cestius, dann brauchte ich nur die eine Allee hochzufahren und das Auto in die erste Lücke stellen. T. schleppte sich mit Einkäufen ab, sah sie die Allee hinaufkommen. Tranken Kaffee und erzählten. Sie meinte, der förmliche Brief meiner ehemaligen Frau von neulich, der die eine Postzahlkarte begleitete, sei ihrerseits ein Versuch des Kontakts gewesen. Ich würde die Frauen nicht kennen. Daß das mit dem Kontakt-Wollen wohl doch nicht so weit her sei, versuchte ich dann anhand anderer Äußerungen zu belegen, die mir von außen zugetragen wurden. Sei’s. Dann bat T. sich Ruhe und Konzentration fürs Kochen aus, so daß ich mich in die Stadt aufmachte. Nach der Geld-Verabredung, die mich in eine ganz andere Gegend führte, war’s vor dem Bahnhof einen Moment lang so, als hinge der Mond über dem Vorplatz: die Bäume um die eine Laterne, die meinen Blick unbewußt angezogen hatte, ließen die anderen unbeachtet. Die Wipfel der Nadelbäume gaben vielstimmigen schrillen Laut von sich, also machte ich lieber einen Bogen um sie, mich nicht irgendwelchen Exkrementen auszusetzen. Schaute bei Feltrinelli International nach einem Handke auf deutsch („Ich hätte bitte gern’ ein’ Handke“). Gab’s, war aber gebunden und kostete 33 Euro. Geht im Moment nicht. Warten. Kafka lesen. Und zu Fuß vorbei an schließenden Geschäften, an Männern, die noch schnell ein Geschenk gekauft hatten, und nun allein nach Hause gingen, an jungen Familien, die mit den Kindern noch unterwegs waren, an so paar Säulen, die aus Kaiserforen hervorragten, an einigen späten Touristen („Also, dit weeß ick jetz ooch nich.“ – und faltete den Stadtplan am Kolosseum zusammen). Der Circus Maximus eine dunkle Fläche. Genau das, was ich mir vorgestern gewünscht hatte: die Straßen entlang gehen. Und T. noch in der Küche, die eine Sauna schien. Den Abend dann zu fünft verbracht. Sie, ihre Schwester, drei Herren um die fünfzig. Da es sich um die kleine Schwester handelte, stand also T. im Mittelpunkt: entsprechend hatte sie sich angezogen. Très chic. Einer der Herren war Musiker, und so ging es zwangsläufig am späten Abend dann doch in DIESE Schallrichtung (er hatte auch seine Gitarre dabei, und T., die auch singt, sang). Der andere Herr war nur schwer in ein Gespräch zu verwickeln, außer man stellte ihm, dem Franzosen, Fragen (es hatte da in diesem Jahr zwischen ihm und T. den Ansatz einer Geschichte gegeben, aus der aber nicht wirklich etwas geworden sei). Übertrieben gesagt, die drei Herren saßen einander gegenüber, so wie the Good, the Bad & the Ugly auf dem Friedhof einander abwartend fixieren, die Hand nicht weit vom Colt (einer meiner Lieblingsfilme), und das Auge von einem zum anderen wandert. Ob ich Anfang Januar noch mal nach Rom käme, einen Spaziergang machen, als ich halb eins dann aufbrach, fest einander drückend. Und Richtung Ringautobahn in heftigstem Heiligabend-Verkehr. Alle Geselligkeit schien um die Zeit ein Ende gehabt zu haben, denn alles schien nach Hause zu fahren. Für die Autobahn selbst brauchte ich lediglich ein Drittel der gesamten Fahrzeit von anderthalb Stunden. Heute ruhig meine Kugel geschoben. Anrufe lediglich gleich morgens nach dem Aufstehen. Der Ex-Schwägerin im Norden geht’s nicht allzu gut: sie habe sich betrunken. Sei das heute beichten gegangen, in der Kirche. Der mißratene Sohn. Den zu erziehen ihr nicht gelungen sei. Behutsames Darauf-eingehen. S. klagte über Kopfschmerzen.
era la luna
non era la luna – ce
n’erano altre
(T. hatte ihren Ficus beniaminus dazu bestimmt, daß man Haiku daran hänge).

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .