Arbeitsjournal. Freitag, der 16. Januar 2009.

8.33 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Ich frage mich gerade, ob die-Frau-als-Muse-betrachtet („betrachtet“ ist eigentlich schon falsch, ich schriebe besser „empfunden“/„gefühlt“, aber auch das trifft es nicht) nicht sogar einer gewissen Irrheit b e d a r f, ob sie nicht insgesamt als etwas wirken muß, das außerhalb – oder leicht außerhalb – jeglich pragmatisch Normalen zu stehen scheint, aber ohne daß man das bewußt so wahrnimmt, sondern da muß vielleicht immer irgendetwas Bedrohendes dabeisein, durchaus auch sie selbst, aber damit auch den Empfänger – etwas, das ihn dazu zwingt, sich mit ihr zu beschäftigen, weil das entweder eine Leere ist, die gefüllt werden muß, oder etwas, das man unbewußt abwehren möchte, das einen zugleich aber anzieht: ich habe die Elfen-Metapher (genauer: Elben-Metapher) genau deshalb immer verwendet, weil solche volksmythologischen Figuren eine Neigung zu Übersprungshandlungen haben, wie Katzen, die sich lange lange, und schnurren dabei, streicheln lassen, dann aber plötzlich umkippen in ihrer Haltung und – zuschlagen, so daß man tiefe Kratzer davonträgt. Nirgendwo sonst liegen Eros und Aggression so nahe beieinander, und man ist niemals sicher…
Bin erst um acht auf, nachdem ich von Clärchens Ballhaus (siehe >>>> hier den NACHTRAG) und dem hübschen Gipsy-Abend über eine halbe Stunde spazierengehend in die Arbeitswohnung zurückgekehrt war, wo ich sofort in Schlaf fiel, kaum war die Arbeitscouch zum Bett bezogen. Die Bücher, die ich von >>>> Dielmann aus Frankfurtmain mitgenommen hatte, ließ ich bei meinem Jungen im Kinderzimmer, um nicht so viel schleppen zu müssen. Ich werd sie mittags dort herausholen, wie auch sein Cello, damit wir heute nachmittag hier üben können. Im übrigen sind Brief und Sendung fertigzumachen, um die >>>> B. Stang mich bat. An die BAMBERGER ELEGIEN ist zu gehen, ein paar DER ENGEL ORDNUNGEN sind zu versenden, noch ohne den Umschlag leider, die Füße, dringend, sind zu pflegen, weitere Briefe zu schreiben, aber alles „surtout pas de zêle“… wie oft habe ich in den letzten Wochen diesen Talleyrand-Satz zitiert, den >>>> Oberst Baumwolle zu Deters sagt! Es ist ein bißchen, als verharrte ich in Wartestellung und dämpfte mich für den Zeitpunkt, an dem endlich auch örtliche Klarheit hergestellt sein wird, an dem eine neue Wohnung mit meinem Jungen bezogen ist und wir das neue Kapitel aufschlagen können wie ein fast-neues-Leben. (Gestern abend, beim Gipsy, hatte ich momentlang den Impuls, ein Gedicht zu dieser Musik zu schreiben, die s o gut wirklich nicht war, aber einen Schatten wie aus-der-Welt warf: es zu v e r l a s s e n, dieses die-Frau-als-Muse-betrachtet).

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