“ich weiß einfach nicht, was ich tun soll…”

… meine freundin sagte gestern zu mir: „sag mir sofort, daß ich ein dickes schwein bin.“ „nee… das sag ich nicht. du hast eindeutig zu viel gewicht, aber das weißt du selbst.“ „ich weiß einfach nicht, was ich tun soll, ich paß in nix mehr rein, was soll ich nur tun.“ „das muß ich dir nicht sagen.“ „ich will aber, daß du’s mir sagst.“ „nein… das tu ich nicht. ich habe dir jetzt so viel vorschläge gemacht, von einem gemeinsamen abendlich regelmäßigen laufen, bis zum ernährungsplan. du nimmst nicht an, was ich dir sage, ich krieg immer nur zur antwort, daß du dir selbst gern im weg stehst.“ „ja, das tu ich.“ „ist schön bequem, diese aussage.“ „ich kann das aber nicht ändern.“ „wenn du das sagst, ist es immer noch nicht schlimm genug.“ „doch, es ist schlimm, aber ich kann mit der fresserei einfach nicht aufhören. guck mich doch mal an, wie ich aussehe.“ „ich sehe, wie du aussiehst, aber so lange du nicht den willen hast, mit der fresserei wirklich aufzuhören, wirst du weiter so futtern.“ ich hatte ihr gestern ein studio in ihrer nähe rausgesucht, ein reines frauenstudio, welches ein konzept, mit der entsprechenden ernährung, den kursen, und dazu eine betreuung anbietet. sie wäre somit unter frauen, die genauso dick wie sie sind. sie will immer nicht in ein studio: „das ist mir peinlich, wenn mein fetter arsch so wackelt.“ das konzept dieses studios wird zu 80 % von den krankenkassen bezuschusst, besser könnte das doch garnicht klingen, aber sie verweigert sich. gestern schaute sie mich an: „sag mir sofort, was ich tun soll.“ „nee… das tu ich nu garnicht mehr. entweder willst du abnehmen oder nicht, vielleicht ist ja dein augenblickliches gewicht dein wohlfühlgewicht…“ „nee… das ist es ja nun garnicht.“ „dann erklärst du dich entweder dazu bereit, endlich etwas zu tun, oder du läßt es bleiben, jammerst dann aber nicht ständig rum, und akzeptierst dieses verhalten von dir.“ „werd ich nie im leben.“ „du stehst dir tatsächlich selbst im weg.“ „sag mir doch mal ein paar argumente, warum ich abnehmen soll.“ „oh… ****, ich hab dir jetzt schon so viele genannt.“ „ich wüßte ja eines.“ „und?…“ „im herbst ist die scheidung, ich will nicht, daß der scheißkerl mich so sieht, ich gönne ihm das nicht.“ „das ist ein scheißargument, wenn du abnehmen würdest wollen, solltest du das für dich tun wollen, und nicht für andere, aber wenn es das einzige wirklich stichhaltige ist, dann tu’s aus diesem grunde, aber dann mußt du jetzt damit anfangen, und nicht erst vier wochen vorher.“ „es müssen mindestens 20 kilo runter.“ „fang doch nicht mit einer solchen bürde an, denk doch erstmal über 5 kilo nach, wenn du die geschafft hast, denkst du über die nächsten 5 kilo nach. außerdem hast du durch dein jahrelanges rudern eine grundsätzlich sehr kräftige körperstruktur, hinzu kommt, daß du eine ausgesprochen sehr weibliche figur, mit den rundungen an den richtigen stellen hast, es gibt männer, die das lieben. du solltest nicht zu viel abnehmen. ich finde dein gesicht sehr schön, du hast dunkles langes haar, noch dunklere augen, schöne hände und sehr schöne und kleine füssis. und, du hast taille… trotz deines gewichtes. du bräuchtest dich einfach nur mal etwas anders zu kleiden, schon wirktest du ganz anders, aber du ziehst immer nur solche…..“ „na?…sag’s schon.“ „ich hatte mal einen freund, den ich mit 30 jahren kennenlernte, er sagte mir damals, er hätte noch nie eine 30jährige frau gesehen, die sich mit so viel eleganz wie eine 50jährige kleiden würde.“ „booaaahhh, das ist ja gemein.“ „nein, er hatte eindeutig recht, ich bemerkte es nur nicht. kauf dir mal kleider, die dir auf den leib geschneidert sind, im grunde stört dich doch nur dein dicker hintern… das könntest du mit einem entsprechenden schnitt kaschieren, an der körperlichkeit deiner beine wirst du niemals etwas ändern können, deine knie waren schon mit drei jahren dicker als der übrige beindurchschnitt. deine kleider müssen einfach nur lang genug sein.“ „ich kann ja noch nicht einmal stiefel kaufen, meine waden passen in keinen einzigen stiefel.“ „dann kaufst du stiefeletten, die man schnüren kann, die zu kleidern getragen werden können, das sieht sehr gut aus.“ „ach, daß nützt ja alles nichts, wenn ich weiter so fresse.“ ich schwieg, sah sie nur an. „gut, wenn ich 10 kilo abgenommen habe, hörst du zu rauchen auf.“ „da hast du pech… hab ich nämlich schon.“ „hast du mir garnicht gesagt.“ „nöö… aber es ist dir komischer weise überhaut noch nicht aufgefallen.“ „stimmt, und?… fällt es dir schwer?“ „wahnsinnig schwer… aber der sport hilft im augenblick. die müdigkeit wird langsam besser, aber der suchtfaktor ist eindeutig sehr hoch.“ „ich hab auch einen suchtfaktor, den nach schokolade…“ „du nach schokolade, ich nach nikotin… man muß es nur wollen, das damit aufhören.“ „wenn das nur nicht so schwer wäre.“ „ja, ist es, aber wenn du dich nicht entscheidest, tust du nie etwas, du wirst immer dicker werden, ist für die gesundheit genauso abträglich wie das rauchen, aber die wahrscheinlichkeit an leberverfettung zu sterben ist bei dir ungleich höher, als bei mir.“ „dafür stirbst du an lungenkrebs.“ „oder auch nicht, meine großmutter rauchte bis an ihr lebensende, und bis zu diesem war sie pupsgesund. es kommt auf den gesamtkörperlichen zustand an, ich bin schlank, ernähre mich gesund, mache sport… wenn ich so dick wie du wäre, wäre das rauchen noch ein ganz anderes risiko.“ „was soll ich nur tun?“ „ok, wenn du es jetzt so hören willst, hör endlich auf so zu fressen, du bist viel zu fett.“ „ja, genau das wollte ich hören.“ „und?… ändert das was?“ „wahrscheinlich nicht. ich steh mir halt selbst gern im weg.“ „ich sagte es schon, das ist eine bequeme aussage, genauso wie… ich bin halt so wie ich bin, ich kann das nicht ändern. wenn mir selbst an mir etwas nicht gefällt, ändere ich das entweder, oder ich laß es bleiben, dann aber akzeptiere ich das, und lebe damit.“ „du hast gut reden, du bist ja schlank.“ „ja, ich achte aber auch darauf.“ „du kannst fressen wie ein scheunendrescher, wenn ich die mengen essen würde, die du vertilgst, dann wäre ich noch fetter.“ „du vergißt, daß ich regelmäßig sport mache, also meinen grundumsatz oben halte… du tust nichts, außer nach feierabend noch einmal ein- und auszuatmen und dir die schokolade reinzuziehen… nein, du tust ja noch etwas.“ „so was denn?“ „du zerfließt geradezu in deinem selbstmitleid, womit du dein leiden noch verschlimmerst.“ „ihh… was bist du gemein.“ „du wolltest wissen, was ich denke. du ißt und ißt und ißt, bedauerst dich in deinem zustand, aber änderst es nicht.“ „da hast du recht, hast du schokolade da?“ „nein… mit absicht nicht, wir haben gut gegessen, das reicht. du solltest mal darüber nachdenken, ob für diese fresserei nicht ein grundsätzliches verhaltensmuster, eines, welches dich prägte, verantwortlich ist.“ „wie meinst du das?“ „seit ich dich kenne, redest du dich häßlich, es gibt nichts, aber auch wirklich nichts an deiner körperlichkeit, was du liebst, oder gar schön findest, du bist mit dir in keinster weise einverstanden. mit deiner fresserei verschlimmerst du diesen zustand noch, letztendlich bestätigt dir das diese deine eigene theorie… du sorgst dafür, daß du noch häßlicher wirst, als du dich eh schon findest. warum ist das so.“ „ich weiß es nicht.“ „genau darüber solltest du nachdenken, versuch, es heraus zu finden…wenn du weißt, warum du das tust, kannst du es vielleicht ändern, vielmehr vielleicht würdest du es dann auch ändern wollen.“ „auf welches konto kann ich den betrag für die therapiestunde überweisen?“, grinste sie. „ich mache mir einfach nur gedanken über dein verhalten, welches du dir selbst gegenüber an den tag legst, dafür muß es einen grund geben.“
„du hast wirklich keine schokolade da?“ „ja.“ „und?…was eß ich jetzt?“ „ich kann dir ein rührei mit schnittlauch und putenbrust anbieten.“ „davon werde ich ja genauso fett.“ „nein, würdest du nicht werden, du kannst nach 18 uhr so viel eiweiß essen, wie du willst. meinetwegen drei rühreier, flußkrebsschwänze, und hähnchenfrikadellen, meinetwegen auch alles auf einmal. der körper geht nach 17 uhr in den kohlehydratstoffwechsel, bekommt er dann keine mehr, legt sich auch kein gold um die hüften, dazu noch ein bißchen vitamin c… und schon produziert der körper in der nacht mehr fettverbrennende hormone als sonst.“ „kannst du mir den ernährungsplan noch einmal ausdrucken, ich hab ihn weggeschmissen.“ „mach ich gern… schau ihn dir in ruhe noch einmal an.“ „keine kohlehydrate abends?“ „auch keine schokolade.“ „das krieg ich nie geregelt.“ „wenn du das willst, schon. belohne dich zwei oder drei mal die woche mit schokolade, aber nicht immer gleich drei tafeln, und dann auch nicht abends, sondern morgens, oder am vormittag.“ „und mit was füll ich dann meinen abend?“ „jedenfalls nicht mit schokolade. geh endlich zum sport, beweg dich, fang langsam an, aber tu es endlich.“ „das schaff ich nie.“ „wer sagt das?“ „ich.“ „nein, es muß jemanden in deinem leben gegeben haben, der dir gesagt hat, daß du das genau nicht schaffst.“ sie sah mich an, ihre augen wurden immer größer: „scheiße verdammte.“ „wieso?“ „genau das hat mein ehemann immer zu mir gesagt, so lange, bis ich selbst daran glaubte.“ ich grinste, sah sie an: „jetzt nehm ich doch geld für die therapiestunde.“