Johannes Heesters – die Legende lebt

Johannes Heesters im “Weißen Rössl”, Ralph Benatzky, Hamburg, Winterhuder Fährhaus, 17. Januar 2009

Eine Legende tritt auf. Noch immer löst Johannes Heesters Gänsehautfeeling aus. Eigens für ihn als Franz Joseph war die Kaiser-Szene in Benatzkys “Weißen Rössl” eingerichtet worden, vom 21. November 2008 bis zum 18. Januar 2009 im Winterhuder Fährhaus in Hamburg im Programm. Von jeder Figur begrüßt, in pointierte Dialoge verwickelt, trifft er mit der unnachahmlichen Interpretation des Couplets “S’ist einmal im Leben so” mitten ins Herz, transportiert auf wirkungsvoll bescheidene Art und Weise Lebenserfahrung, die man so wohl nie wieder von anderen Künstlern erleben wird. Da ist und bleibt er konkurrenzlos mit seinen 105 Jahren. Perfektes Timing seiner Einsätze und kraftvoll intonierende Stimme lassen das hohe Alter vergessen, relativieren die Vorstellungen und Vorurteile, die diesbezüglich in den Köpfen der Bevölkerung fest sitzen, zusätzlich zementiert durch die Richtlinien der Gesundheitspolitik, die älteren Menschen Krankheiten einreden, die sie gar nicht haben. Aber auch Mediziner müssen schließlich Geld verdienen – und das schaffen sie nicht mit fitten Senioren.
Zurück zum Hamburger “Rossl”. Heesters’ Auftritt war eingebettet in eine spritzige Inszenierung dieser Operette (Jürgen Wölffer), die so viele Hits zum Mitsummen enthält wie kaum eine andere. Daniela Kiefer begeisterte als Wirtin Josepha, Anja Topf überzeugte wunderbar als Kati, ebenso Hans Teuscher als Fabrikant, etwas blass dagegen Marcus Ganser als Zahlkellner Leopold. Überragend und glänzend besetzt waren die Rollen von Ottilie und Anwalt Dr. Siedler mit Monika Disse und Axel Herrig. Das war echte Operettenkunst. Schade nur, dass diese herrlichen Sängerdarsteller keinerlei angemessene musikalische Unterstützung hatten. Pianist Jakob Vinje, verantwortlich für Arrangements und musikalischer Leiter, Geiger Michael Kibardin und Johannes Huth am Kontrabass agierten ganz links am Bühnenrand, teilweise verdeckt, aber peinlich unengagiert und offen gelangweilt, unprofessionell. Kibardin, auch instrumental unter Niveau, klopfte zwischendurch mehrmals, sich wohl unbeobachtet fühlend, mit den Fingern auf die Abdeckung des Flügels. Vinje vergab alle Akzente, die das musikalische Potenzial des Stücks enthält, spielte breiig, gleichgültig. So wurde viel Bühnenwirkung verschenkt, Zuschauererleben, Kollegenleistung beeinträchtigt. Auch am vorletzten Tag einer Produktion sollten Musiker spielen, als ginge es um ihr Leben. Nur das zeitigt Erfolg im Publikum. So fiel der Applaus entsprechend zurückhaltend aus. Und merke: Die Kritik ist manchmal auch noch am letzten Tag unterwegs, beobachtet und berichtet …

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .