Traumata. 13.02. 2009. Paul Reichenbach maßlos

Mein Vöglein mit dem Ringlein rot
singt Leide, Leide, Leide;
es singt dem Täubchen seinen Tod
singt Leide, Lei – zicküth, zicküth, zicküth.

Unbewegt, gestaltenstarr gruben die Träume längst vergangene Tage, allesamt Nachhut vergessen geglaubter Wirklichkeit, Gesichter von Frauen, Kindern und Männern, Dinge, Bücher, Gleise, Wodkaflaschen, Handfesseln, kurzum Erlebnisse aus, die Paul vorsorglich in Tresoren seines Gedächtnisses versperrt gehalten hat. Ihre Zahlencodes, die Schlüssel, hatte er einst, wie wir wissen, in >>>die Ilm geworfen. Denn so wie er sich vor anderen verbarg, blieb er sich selbst verborgen. Aber im Haus der erborgten Namen fällt der Schein der Gegenwart in eine Vergangenheit, der sie mitunter gewichtsloser und gesichtsärmer werden lässt. Die unerwünschte Annäherung des Nachthauchs förderte, er war nun hellwach, wartendes Lauschen, vielfaches Denken, Atembares, dass ihm gleichsam paradox die Luft nahm und die Brust schwer werden ließ. Den Beginn des Ungeheuren verschieben, Wege einschlagen, die sich ihm entziehen. Den Herdengeruch verlieren, dazu bedarf es besonderer Mittel. Paul sucht sie seit Jahren und kann sie, seine ganze Lesewut hat hier ihren Ursprung, nicht finden. Auch >>>>Dreyer, so ist zu fürchten, wird ihm nicht helfen können: >>>>Aber ich habe es schon vermocht Wege einzuschlagen die uns seitlich von uns entfernen, und daß ich sie so mit entschiedener Dringlichkeit einschlug, liegt daran, daß ich in Panik den Beginn des Ungeheuren verschieben, verzögern will: noch hat es nicht recht begonnen: aber ich bin schon am >>>> Messer mit schwindender Kraft, schwindender List halte ich es mir vom Leib. (Dreyer: Die Spaltung, 16)

Sich anklammern an haltlos Gewordenes ist Unsinn.
Man kann nicht messen, was kein Maß kennt.

So bleibt ihm kein Weg als der des geringsten Widerstandes; erst wo kein Zurück mehr und sein Ort selber unhaltbar geworden ist, jeder aber ( bis auf einen) verstellt, wenn freilich, das entgeht ihm, auf sein Gebaren, bewegt er sich; Nötigung also, wie ja vorhanden, betrachtet er indem er (widerwillig genug) gehorcht offenbar als das Negativbild des Unbekannten, als dessen Schatten, aus dem zu treten er immer wieder gezwungen ist; sorgfältig sieht er es ihn einkreisen und kein Zuruf kann ihn hindern zu warten bis der Durchschlupf nurmehr ein Spalt ist; und ist nicht allerdings ein Moment der Lüge an dieser Freude? die sich als Schmerz gibt ( als tue Geschobenwerden ihm bös Gewalt an) und das Problem aufzuheben scheint? denn wie können wir auch nur ein Wort gegen Fesseln sagen, die löste man sie, sich als nützlich erwiesen würden haben im Nachhinein nun der gefesselt Gewesene fessellos wie ein Blumenstrauß auseinanderfiele; dem Druck, dem er flucht, entronnen, zerplatzte er ja wie ein an die Oberfläche geratener Tiefseefisch…
(Dreyer: >>>>Die Spaltung, S.459)

Bildquelle >>>>>H I E R

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