Id. Mart. Anno 2762 a.u.c.

Iden. Dies nefastus publicus. Der Skorpion beginnt unterzugehen, was schlechtes Wetter bedeutet (Columella). Cäsar zufolge geht der Skorpion unter (Plinius).
Es heißt, er sei mein Aszendent. Mit dem giftigen Stachel. Die Panik einmal des Nachts im Landhaus. Ein münzengroßer (eine etwas größere Münze) Skorpion an der Wand. Mit einem Besenstiel dann nahm ich Maß und stieß zu. Auch in den Holzstapeln manchmal sehr kleine Skorpione. Die waren aber wieder so klein, daß mich die vom Harz der anfangs zur Vollendung der Umzäunung abgesägten Thujen schwarz verkrusteten Arbeitshandschuhe vollends beruhigten. Und wenn ich’s recht bedenke, liegt in diesen Erinnerungen die Nostalgie, die mir neulich wegen meiner Musikvorlieben untergeschoben werden sollte. Diese Musikvorlieben hatten tatsächlich mal die Funktion der Erinnerungen, die ich jetzt vom Landhaus habe. Das Wiederherstellen einer verlorenen Zeit. Die Zeit in Deutschland ist zwar nicht wirklich aufgearbeitet, breitet sich aber in der Erinnerung als ein Zeitstrich, dem alle Psychologie nicht mehr ans Zeug flicken kann. Nur die Zeit danach sträubt sich, will kein solcher Zeitstrich werden. Darum dann gelegentlich dieses Heraufbeschwören, um sie in den Griff zu bekommen. Ohne daß mir das gelingt. Wahrscheinlich sind mir wegen dem „Griff“ die Handschuhe eingefallen. Oder ich brauche das Wort „Griff“, weil mir die Handschuhe eingefallen sind. Das soeben Verlassene liegt immer in der weitesten Ferne. Nun zu spekulieren, daß mit zunehmendem Alter das Langzeitgedächtnis das Kurzzeitgedächtnis verdrängt, halte ich für sehr verfrüht. Also für vorläufigen Blödsinn. Kafka will sich da jetzt auch einmischen mit seinen Betrachtungen über das Junggesellendasein. Und beim Blättern seine Gedanken darüber, kinderlos zu sein. Die Auswirkungen dessen auf die sozialen Beziehungen. (Wie ich ja gestern auch dort stand am Fußballplatz, in der Nähe von Familien, wo selbst ich manchmal lächelnd mich umdrehte, wenn die Kinder etwas sagten: „Möchtest du einen Bonbon mit Zitrone, oder einen mit Honig?“ – „Mit Honig!“ die prompte und absolut ernste Antwort, aber ansonsten still, aber dennoch unangefochten dem Fußballspiel zusah, erst Kafka focht mich an (ich brauche doch die große Stadt, wo all das nicht so zutage tritt)). Die Neffen können mir das nicht ersetzen. Bei denen ich heute zum Mittagessen war. Den Weg hinauf wieder zu Fuß. Bei Sonne und schon leichter angezogen. Unterwegs das Wahrnehmen der zunehmenden Baumblüte. Vorerst herrscht Weiß vor. Bei den Aprikosen der Stich ins Rote. Wenn’s ganz Rosa wird, weiß ich, die Äpfel sind dran. Im Stillen hoffe ich, die Tulpen am Zaun unterm Badezimmerfenster werden rechtzeitig blühen. Sie haben nur noch eine Woche Zeit.

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