Dmitri Schostakowitsch: Lady Macbeth von Mzensk

Schostakowitsch: Lady Macbeth von Mzensk, 13.3.2009, Premiere, Staatstheater Oldenburg, weitere Vorstellungen: 1.4., 19.4.; 10.5., 23.5., 29.5.; 5.6., 13.6., 23.6.; 3.7.2009, jeweils 19.30 Uhr

Zwei Liebende gegen den Rest der Welt

Katerina ist in ihrer Ehe gefangen, leidet unter Nichtbeachtung und Langeweile, sehnt sich nach gelebtem Gefühl und Leidenschaft. Misstrauisch bewacht von ihrem Schwiegervater Boris, von Ehemann Sinowi unverstanden, kommt es, wie es kommen muss. Sie lässt sich vom attraktiven Sergej verführen, Auftakt zu einer unheilvollen Affäre. Aus Angst vor Entdeckung vergiftet sie Boris, tötet Sinowi. Als sie entdeckt, dass Sinowi eine neue Geliebte hat, mordet sie auch die. Katerina bleibt allein zurück, einsam. Schuldig? Bemitleidenswert?
Schostakowitschs Oper, einst als Skandalstück abqualifiziert und lange eine Seltenheit auf den Opernbühnen, steht nun wieder zunehmend im Fokus. Für das Staatstheater Oldenburg hat K. D. Schmidt die unbeschönigende Erstfassung der Oper von 1932 mit sparsamen Mitteln puristisch neu inszeniert und reiht sich damit eindrucksvoll ein in die Interpretationskette. Nichts bei ihm ist überflüssig, es gibt keine unnötigen optischen Ablenkungsmanöver. Ein einfaches Holzgestell mitten auf der Bühne (Bühne: Jörg Kiefel, Kostümbild: Katharina Kromminga), Seiten eines großen Würfels nachzeichnend, steht für das innere und äußere Gefängnis, in dem sich das Leben der Titekfigur im Wesentlichen abspielt. Das Orchester ist auf der Hinterbühne postiert. Der so über dem ursprünglichen Orchestergraben gewonnene Raum reicht hautnah ans Publikum heran und wird von den Darstellern gänzlich einbezogen, erzeugt zusätzlich beklemmende Intensität. Ebenso karg sind die Chorszenen gestaltet, fast wie bei einer konzertanten Aufführung. Die Verführungsszene am Ende des ersten Aktes wird geschickt durch Videoprojektionen ergänzt, die inhaltlich zuspitzen und verdeutlichen, ohne in die Falle plumper Direktheit zu tappen. In gleicher Weise wirkt der Stroboskopeinsatz in der Vergewaltigungsszene.
Die Geschichte bietet zwar auf den ersten Blick Sex und Crime satt, doch der Komponist schrieb mit diesem Stück eine leidenschaftliche Anklage erstickender sozialer Verhältnisse, Kritik an einem Stück Sowjetgeschichte. Die Titelfigur versucht, sich selbst zu verwirklichen. Sie ist in ihrer lebens- und frauenfeindlichen Umwelt gefangen, wird belauert, gerät in einen Teufelskreis von Liebe und Gewalt. Sie kämpft mit fast übermenschlichen Kräften, auch risikobereit, um ihr Glück, erliegt Täuschungen. Und sie schafft es nicht, sich aus ihren Fesseln zu befreien. Das macht Schostakowitschs Lady Macbeth so anrührend. Schuldig oder nicht – das bleibt im Hintergrund, soll weniger interessieren. Es geht also hier weniger um die Leidenschaft und Machtgelüste der Lady Macbeth, wie sie Shakespeare in seinem Drama angehandelt hat.
In Oldenburg interpretierte Magdalena Schäfer die Hauptrolle mit atemberaubender Intensität, kann getrost als Idealbesetzung bezeichnet werden. Ihre kraftvolle Sopranstimme, die im Forte leicht zur Schärfe neigt, passte genau, die Pianopassagen gerieten zart und weich, Farbenreichtum bestimmte die Zwischentöne. Überzeugend auch ihre Bühnenpräsenz, ihr uneitles und sich unerbittlich steigerndes Spiel, bis zur letzten Sekunde konzentriert, Konzentration erzwingend – hilfreich wunderbare Sängerdarsteller in den übrigen Rollen. So etwa Daniel Ohlmann als Ehemann, Friedemann Kunder (Boris) oder Alexej Kosarev (Sergej), der allerdings krankheitsbedingt leicht indisponiert war.
GMD Alexander Rumpf führte das Orchester souverän und engagiert durch die Partitur. Es war sein sehrnlicher Wunsch, dieses Werk einmal aufzuführen, ehe er jetzt seine Amtszeit am Theater Oldenburg beendet, zum großen Bedauern der Oldenburger.
Das Publikum belohnte die Aufführung mit tosendem Applaus. Oldenburg – nicht nur wegen dieser Regiearbeit eine Reise wert!

3 thoughts on “Dmitri Schostakowitsch: Lady Macbeth von Mzensk

  1. Da möchte man direkt nach Oldenburg fahren. Ich sah und hörte die Oper vor Jahren in Arte als Opernfilm und war danach tief beeindruckt. Ein Meisterwerk.

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