Arbeitsjournal. Montag, der 23. März 2009.

5.37 Uhr:
[Arbeitswohnung. Stille. Nur eine Amsel schlägt durchs klaffende Oberlicht.]
Um knapp ein Uhr ins Bett, um fünf Uhr hoch. Der Junge schläft tief, ich will an die >>>> Miniaturen.
>>>> Diese Diskussion ist wichtig; deshalb lasse ich mich weiter darauf ein, auch wenn wiederum die, sagen wir, „Bündnispartner“ sagen, und sauer sind, „wozu reagierst du immer auf sowas?“ Ich glaube übrigens nicht, daß es sich um Getrolle handelt, sondern hinter d e m steckt etwas, das wirklich so empfunden wird. Seltsam ist mir nur immer jedesmal, wenn mir jemand vorwirft (auch Freunde tun das), >>>> ich stellte mein Wissen „zu sehr“ aus, viel zu spürbar undsoweiter. Vor allem wird nicht begriffen, daß es eine L u s t an dem Wissen ist, daß ich Bildung l e b e, und zwar so, wie einer leidenschaftlich reitet oder Autorennen fährt oder Bilder malt oder Fragen der naturwissenschaftlichen Forschung löst und dabei Frauenkörper liebt, was ich ja ebenso leidenschaftlich tue, weit über alles BDSM hinaus, das aber dazugehört; aber darüber wieder ein anderes Mal. Ich stelle mein Wissen nicht aus, sondern ich nehme es als Material, wie ich a l l e s als Material nehme, das ich dann konstelliere: von Persönlichstem über Zeitungsmeldungen und der Fernsehberichterstattung bis hin zur „freien“ Fiktion. Bei der genannten Klage kommt im übrigen meist nur die Kenntnislosigkeit des Lesers heraus, z.B. daß Herr Hauff, der in diesem Fall „nur“ Hörer sein dürfte, >>>> das „Kawumm“ des NULLGRUND-Textes auf Comics zurückführt, weil er eben >>>> Céline nicht gelesen hat; d a sind doch die Referenzstellen, mit einem Comic hat das rein gar nichts zu tun. Herrn Hauff kann man das freilich nicht vorwerfen. Nur ist es der Jammer des gebildeten Autors, daß er seine Anspielungen noch s e l b s t nennen muß, weil die Leute eben diese Bildung nicht mehr h a b e n. Deshalb soll nun e r vom Niveau? Gewiß nicht! Es gab eine Tendenz in der Kunst des letzten Jahrhunderts, worin ihre Erklärung zum Bestandteil des Kunstwerks wurde: deshalb die vielen Einleitungen, etwa, von Komponisten zu ihren Kompositionen, von Malern zu ihren Bildern – und wie hilflos oft, weil es ja gar nicht ihr Metier war – manche sagen: und nicht sein sollten, was wiederum i c h für verfehlt halte, sondern mit Hegel: Im Zweifel für die Tatsachen, die wiederum für mich die Notwendigkeiten sind. Es ist sozusagen eines meiner objektiven Probleme, daß ich erklären kann; das wird zwar den Leseeindruck nicht ändern, aber es bereitet künftige Leseeindrücke v o r. Wobei ich weiß, daß ich mich irren kann, und zwar insgesamt. Aber das ist das Risiko, das ich trage. Von einer Kunst, die nicht an die Existenz geht, also Lebensrisiko ist, halte ich rein gar nichts.

So, ich wecke mal meinen schönen Sohn. Um halb acht Uhr werd ich mit ihm zur Schule radeln, >>>> um das Kinderrad mit zu übergeben. Bis dahin muß Kakao getrunken, aufgestanden, gefrühstückt und Zähne geputzt sein.

12.20 Uhr:
[Direkt vor dem Mittagsschlaf, Blochs Arbeit über Musik in „Geist der Utopie“
an der Seite. Die Frage dann: Liest überhaupt noch jemand Bloch?]

Diese Aussage traf mich eben selbst ziemlich heftig: >>>> „Je älter ich werde, desto deutliche ahne ich, daß, nicht getötet zu haben, ein Zeichen dafür ist, daß man nicht lebte“. Ich weiß aber, daß ich damit schon seit Tagen umgehe, immer wieder taucht sowas auf. Was auch mit dem mal wieder losschießenden Testosteron und damit zu tun hat, daß ich, was ich haben will, bekomme. Gegen das kultivierte zivile Menschenbild.

So, eine Stunde schlafen.

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